Thomas Matausch, IT-Leiter beim Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen (BEV), verliert nie den Blick auf die eigentliche Aufgabe der IT: Informationen richtig sammeln, richtig organisieren, richtig weiterleiten. [...]
Ein Aspekt, der direkt zum Thema Facharbeitermangel führt: „Wir tun uns extrem hart, Personal zu beschaffen, besonders bei den Generalisten, die für die heutigen Aufgaben mehr und mehr gefragt sind. Vielfach scheint mir besonders bei den Jungen, dass sie in einer kleinen Sparte hochspezialisiert sind, ihnen aber das Breitenwissen fehlt. Da Komplexität und Querschnittswissen steigen, habe ich weniger Bedarf an einfachen Operatoren.“ Einen massiven Mangel sieht Matausch auch bei der Rolle des Architekten. Vergleich Hausbau: „Es muss jemanden geben, der sich mit Fragen etwa der Wohnqualität auseinandersetzt und entsprechend plant.“
DER MACHER
Thomas Matausch, der seit 1988 zur IT-Abteilung des BEV gehört – ab 2003 als Leiter –, steuert den genannten Problemen auf zweierlei Weise entgegen. Einerseits legt er seine Rolle als CIO stark strategisch an – und zwar auf Basis seines umfassenden Wissens: Neben den zwei Rechenzentren kümmert er sich um die Betriebs- und Managementprozesse nach ITIL und Cobit. Nach Abschluss seines Studiums an der TU Wien war er viele Jahre als Software Analytiker, Organisator und als IT-Architekt im E-Government-Projekt „e Geodata Austria“ tätig. Neben zahlreichen Zertifizierungen wie dem „Informations-Sicherheits-Manager“ (CIS Austria) zählt er den „Special Award for Achievement in GIS“ (USA) zu seinen Auszeichnungen.
AUF AUGENHÖHE
Die Zusammenarbeit mit den Fachabteilungen hat der BEV-CIO mehrstufig organisiert. „Allgemeine Demands behandeln wir im sogenannten User Forum. Die restlichen Demands werden über das Projektmanagement-Office abgewickelt. Hier sind wir als IT sehr stark quasi im Presales tätig, um die Fachabteilungen zu beraten. Es gibt darüber hinaus Round Tables, wo wir uns mit den einzelnen Business Lines zusammensetzen, um Strategien zu formulieren.“ Die Abstimmung mit den Fachabteilungen fällt nicht immer leicht, da die Techniker, die die Mehrzahl der Mitarbeiter des BEV ausmachen, „Einfluss nehmen wollen, wie IT-Systeme gebaut werden, anstatt sich Gedanken darüber zu machen, was das IT-System als Output liefern soll.“ Fachlich ist Augenhöhe gegeben, da Matausch selbst Vermessungstechnik studiert hat, wobei er von Anfang an auf einen starken IT-Bezug Wert gelegt hat. „Heute würde man Programmierer dazu sagen.“
Was die Herausforderung in Gestalt des Facharbeitermangels betrifft, setzt der passionierte Sportkletterer und Bergsteiger auf hohe Automatisierung bei einem Teil der Services, die die IT zur Verfügung stellt. „Wir unterscheiden zwischen Customer Services, die das Business unterstützen, und Shared Services, die hoch standardisiert sind. Beispiele sind E-Mail, Netzwerk und Archivierung. Diese sind so gestaltet, dass wir sie jederzeit außer Haus geben könnten, falls etwa kein Personal verfügbar ist oder der Betrieb im Haus zu teuer wird.“
MODULARE PROGRAMMIERUNG
Obwohl das BEV eine Menge Daten produziert und verwaltet – etwa flächendeckende Luftaufnahmen von Österreich – ist Big Data noch kein Thema, das unmittelbar vor der Verwirklichung steht. „Ich spreche bei uns von High-Volume-Daten. Big Data Analysis habe ich zwar vorgeschlagen – man könnte etwa die Reaktionen unserer Kunden verknüpfen und daraus bestimmte Schlüsse ziehen, um unsere Produkte und Services zu verbessern –, doch der Need dafür wird noch nicht erkannt“, so Matausch, der ein Team von rund 60 IT-Mitarbeitern verantwortet. „Wir haben aber damit begonnen, ein umfassendes Enterprise-Content-Management-Projekt aufzusetzen. Jedes Mail, das von uns geschrieben wird oder uns erreicht, ist ein Stück Wissen. Ist das Wissen weit verstreut und kann nicht abgerufen werden, lassen sich auch keine weiteren Schlüsse daraus ziehen.“ Womit man wieder beim Thema Logistik wäre.
Ein weiteres Projekt, das Matausch gerade verfolgt, ist die Digitalisierung des letzten analogen Archivs, das dem Genauigkeitsnachweis der bestehenden Grundstücksgrenzen dient und künftig für jedermann abrufbar sein soll.
Eines seiner Steckenpferde ist, historisch bedingt, die Software-Entwicklung. „Provokant formuliert: Jede Zeile geschriebenen Programm-Codes ist eine Zeile in einem Erpresserschreiben, da sie die Abhängigkeit zum Hersteller darstellt. Daher wünsche ich mir – und die aktuelle Entwicklung geht bereits in diese Richtung –, dass abgeschlossene Programmteile zur Verfügung stehen, die man wie Puzzlesteine zu einem neuen Bild zusammenfügen kann. Sinnvoll wären drei Kategorien: Die erste ist frei zugänglich, Stichwort Open Source, die zweite ist kostenpflichtig mit Wartung dahinter. Die dritte ist die teuerste und auch beste. Die Komponenten in diesem Bereich sind idealerweise von einer internationalen Autorität zertifiziert. Damit lassen sich die Komponenten je nach Budget und Sicherheitsauflagen zu einer neuen Applikation zusammenfassen, ohne von einem einzelnen Hersteller abhängig zu sein.“
Ganz oben in seiner Top-10-Liste steht jedoch die Verknüpfung von Prozessen und Produkten mit der IT – eine „never ending story“. Denn eines ist sicher: „Jeder Prozess, der nicht permanent verbessert wird, verschlechtert sich. Das prägt meine Tätigkeit Tag für Tag“, so Matausch abschließend. (wf)
Dieser Artikel stammt aus dem COMPUTERWELT-Magazin „IT-Macher 2015“. Premium-Leser können dieses und viele weitere Magazine hier kostenlos lesen.
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