Mit mehr als 24.000 fehlenden IT-Fachkräften bleibt der IT-Fachkräftemangel in Österreich weiterhin eklatant, Tendenz steigend. Das schadet der Wettbewerbsfähigkeit der heimischen Wirtschaft. Schuld ist unter anderem die hohe Dropout-Quote an den Hochschulen. [...]
Für den Fachverband Unternehmensberatung, Buchhaltung und IT (UBIT) der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ) liegt eine der Hauptursachen in der IT-Bildung. »Der aktuelle IKT-Statusreport zeigt eindeutig, dass hier ein Umdenken stattfinden muss, wie neue Fachkräfte für den IT-Standort Österreich gewonnen und bestehende im Job gehalten werden können«, sagt Fachverbandsobmann Alfred Harl.
Kopfzerbrechen bereiten vor allem die seit Jahren sehr hohen Dropout-Quoten an Österreichs Hochschulen, die laut dem neuen IKT-Statusreport im Durchschnitt bei 37,5 Prozent und an einzelnen Institutionen sogar über der 50-Prozent-Marke liegen. »Seit Jahren beobachten wir eine besorgniserregend hohe Dropout-Quote an den Universitäten und Fachhochschulen im IKT-Bereich. Die Studierenden, die abbrechen, sind genau die IT-Experten, die den Unternehmen am Ende fehlen«, ergänzt Martin Zandonella, Obmann-Stellvertreter des Fachverbands UBIT und: »Die tertiäre Ausbildung im IKT-Bereich muss umgestaltet werden, damit die Abbruch-Quoten sinken.« Tatsächlich würde nach aktuellem Stand schon eine Senkung um 10 Prozent gut 2.000 weniger Studienab-brecher bedeuten, die dann der IT-Branche zur Verfügung stünden. »Wir sind der Meinung: Eine Senkung der Abbruchquote um 10 Prozent ist durchaus machbar«, so Harl.
Laut IKT-Statusreport 2022 gab es im Wintersemester 2021/22 an den Universitäten 18.021 belegte IKT-Studien. Sie machen rund 6 Prozent aller belegten Studienplätze aus.
Hohe Dropout-Quoten
Zwar nahmen die Dropout-Quoten bei den Informatikstudien leicht ab, bleiben aber dennoch hoch: In den Masterstudien Informatik liegt die Dropout-Quote mit 47,7 Prozent im Studienjahr 2020/21 doch deutlich über der Dropout-Quote der Bachelorstudien, was zumindest teilweise auf sogenannte »Jobouts« zurückzuführen sein dürfte, also Studierende, die das Studium abbrechen, um direkt in einen Job zu wechseln. Die gesamten Dropouts der IKT-Bachelorstudien belaufen sich an den Universitäten auf 4.318 Student (Dropout-Quote von 40,1 Prozent). »Die Dropouts bei den Bachelorstudien sind insbesondere schmerzhaft, da diese der IT verloren gehen«, sagt Zandonella.
Erstmalig enthält der IKT-Statusreport einen Vergleich von ausgewählten OECD-Staaten. So betrug im Jahr 2020 der Anteil von IKT-Studien im gesamten tertiären Bereich unter 16 betrachteten Staaten, 4,5 Prozent (im Jahr 2014 waren es 3,8 Prozent). Österreich liegt mit 5,4 Prozent im Mittelfeld. »Diese Zahlen zeigen die Herausforderungen, vor denen Österreich steht, um zu den IT-Spitzenreitern aufzuschließen«, so Studienleiter Norbert Wohlgemuth vom Kärntner Institut für Höhere Studien (KIHS).
4,2 Milliarden Euro Wertschöpfungsverlust
Die fehlenden Stellenbesetzungen resultieren gemäß aktueller Daten in einem jährlichen Wertschöpfungsverlust von 4,2 Milliarden Euro oder 175.000 Euro pro unbesetzte Stelle. Unternehmen können ihre offenen IT-Positionen nur noch durchschnittlich zu 75 Prozent besetzen.
»Bildung und eine hohe Qualifikation sind das Grundfundament für eine Karriere im IT-Sektor. Genau deswegen ist es nun höchste Zeit, diese zu reformieren, um Dropout-Quoten zu drücken«, so Zandonella. »Es müssen rasch alternative Wege in die IT gefördert werden, etwa andere Einstiegsmöglichkeiten in die IT-Branche wie die IT-Lehre oder die Duale Akademie der WKÖ für Maturanten und Studienabbrecher. Das müssen wir verstärkt bewerben. Ein Fokus muss zudem weiter am Ausbau der informatischen Grundbildung ab der Volksschule liegen, einhergehend mit einer Reform der Berufsberatung in der Sekundarstufe.«
Wichtig sei es, hier kurzfristige sowie langfristige Anreize zu schaffen, meint Maria Pernegger, Initiatorin von CoderDojo Steyr: »Kinder lernen spielerisch und sie brauchen den Zugang zu Technik und IT schon in einem jungen Alter. Es braucht bereits in der Elementarpädagogik institutionelle Angebote, die diesen Umgang fördern.« Von solchen Angeboten gibt es allerdings aktuell zu wenige.
Darüber hinaus könnte eine Erhöhung des Frauenanteiles bei IKT-Studienabschlüssen um 10 Prozent nach aktuellem Stand ein Plus von mehr als 1.500 Absolventinnen bringen. Diese potenziellen Absolventinnen müssen jetzt aktiviert werden, betont Harl: »Angesichts der schon fehlenden Fachkräfte und jener, die in den kommenden fünf Jahren in Pension gehen werden, ist es unabdingbar, alle verfügbaren Potenziale, die der IT-Branche zu Verfügung stehen, schnellstmöglich zu aktivieren.«
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