Das Branchennetzwerk hat sich zu einem Dreh- und Angelpunkt der oberösterreichischen IT-Szene entwickelt: Es bündelt die Innovationskraft von derzeit rund 100 IT-Unternehmen und 20 Forschungseinrichtungen. [...]
Seit Anfang 2013 gibt es einen oberösterreichischen IT-Cluster (ITC). Das Branchennetzwerk hat sich rasch zu einem wesentlichen Dreh- und Angelpunkt der oberösterreichischen IT-Szene entwickelt: Es bündelt die Innovationskraft von derzeit zirka 100 IT-Unternehmen und weiteren 20 IT-Forschungs- und Ausbildungseinrichtungen (FH-Bereiche sowie Informatikinstitute der Johannes Kepler Universität Linz).
Die gute Entwicklung hat mehrere Gründe. Der ITC wird innerhalb der Clusterland Oberösterreich geführt, das ist derjenige Zweig der oberösterreichischen Wirtschaftsagentur, der auch die anderen regionalen Branchencluster betreibt, unter anderem Mechatronik, Automobil, Kunststoff und Gesundheitstechnologie. Man konnte also beim Aufbau des ITC auf langjährige Cluster-Erfahrung zurückgreifen. Tatsächlich war die Ergänzung dieser Branchencluster durch ein IT-Branchennetzwerk längst überfällig, ist doch die IT ein wesentliches Bindeglied zwischen diesen Hightech-Branchen. Die Innovationskraft der IT strahlt in alle Branchen und Wirtschaftszweige aus. Im Zuge der „digitalen Transformation“, die alle Bereiche von Wirtschaft und Alltag umfasst, wächst die IT wesentlich stärker als andere Branchen. Sie ist somit bedeutender Motor eines heiß ersehnten Aufschwungs.
HOHE DICHTE AN SOFTWARE-HERSTELLERN
Schließlich ist Oberösterreich die größte Industrieregion Österreichs. Industrie und Wirtschaft in einem hochentwickelten Land sind heute generell immer hochgradig auf IT aufgebaut. Von der Unternehmenssteuerung bis zur Produkt- und Produktionsplanung, vom Service bis zur Logistik – ohne IT geht nichts mehr. Und mit der richtigen IT können deutliche unternehmerische Vorteile realisiert werden, von simpler Optimierung bis zur richtigen strategischen Weichenstellung. Vor diesem Hintergrund ist es nicht verwunderlich, dass gerade Oberösterreich eine hohe Dichte an tatsächlich regional wertschöpfenden Software-Herstellern aufweist, zusätzlich zu den bekannten Reseller-Partnern der großen internationalen Häuser. Denn in einer hochentwickelten Industrie steigt der Wertschöpfungsanteil der IT permanent, ein wesentliches Merkmal auch der derzeit so stark propagierten „Industrie 4.0“. Dieses industrielle Umfeld ist ein fruchtbarer Nährboden für IT-Firmengründungen und Spin-offs.
IT spielt aber zum Beispiel auch in der Gesundheitstechnologie und bei neuen Formen der Mobilität eine bedeutende Rolle. Neue Geschäftsmodelle, die sehr stark auf IT basieren, können und müssen hier als langfristige Perspektive für die im Umbruch befindliche Automobilbranche entwickelt werden. Weitere Stärkefelder der oberösterreichischen IT inkludieren Business-Software und Security-Anbieter. Viele der heimischen Softwarehersteller sind am internationalen Markt erfolgreich, einige haben beachtliche Größe und Beständigkeit erreicht, manche haben internationale Investoren angezogen.
Oberösterreich hat auch eine sehr lebendige Startup-Szene, ausgehend vom Softwarepark Hagenberg mit seiner renommierten Fachhochschule. Junge „digital natives“ entwickeln faszinierende, teilweise rasant expandierende, global ausgerichtete Unternehmen. Die Produkte, Dienstleistungen und Vertriebskanäle sind oft ausschließlich auf IT gebaut: pures „Digital Business““ (ein Bereich, dem sich übrigens die FH Steyr widmet). Diese Unternehmen zählen jedoch nicht zur „IKT-Branche“, denn sie bieten keine IT-Produkte. Die IT ist bei ihnen integraler, weitgehend unbemerkter, aber essenzieller Bestandteil des Produktes. Es gibt in Oberösterreich einige erfolgreiche Beispiele dieser Art von Unternehmen, aber kein breites Bewusstsein für diese neue Art Business.
All dies ist eher nur Insidern bekannt, denn in den Köpfen der Menschen ist Oberösterreich immer noch vor allem als „Industrieland“ im herkömmlichen Sinne verankert (Stahl, Maschinenbau, Chemie usw.). Dass aber die Software-Branche ebenso eine echte „Industrie“ ist, die auf einer Ingenieursdisziplin basiert (Software Engineering) wird dabei gerne vergessen. Letztlich werden Hochlohnländer, wie wir eines sind, im globalen Wettbewerb nur durch mehr „Smartness“, also mehr Einsatz intelligenter, auf IT basierender Lösungen, bestehen können.
Österreich hat generell ein schwieriges Verhältnis zur IT als Branche und den sogenannten MINT-Disziplinen. Der sehr geringe Frauenanteil in diesen Bereichen ist ein weiteres schwerwiegendes Problemfeld in unserem Land.
Der ITC hat das Potenzial hier langfristig einiges in den Köpfen zurecht zu rücken. Ein Umdenken sollte letztlich auch über die Landesgrenzen hinaus wirksam werden, denn Oberösterreichs Attraktivität als IT-Standort muss auch in größerem Kontext sichtbar werden. Wenn es nicht gelingt, Fachkräfte anzuziehen und im Land zu halten, wird auch die IT-Branche unweigerlich ins Stottern kommen oder noch stärker Off-shoring betreiben müssen. Das würde letztlich die gesamte Wirtschaft schwächen.
* Der Autor dieses Beitrags, Willibald Salomon, ist Beiratssprecher des oberösterreichischen IT-Clusters.
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