»IT ist Weltmeister im Versprechen«

Das Wiener Unternehmen CRYPTAS ist angetreten, die digitale Transformation sicher zu machen. Da Security nicht allein durch Technologie garantiert werden kann, beschäftigt sich das Team rund um Stefan Bumerl auch um Aspekte, die darüber hinausgehen. [...]

Stefan Bumerl ist Gründer und CEO von CRYPTAS it-Security. (c) CRYPTAS
Stefan Bumerl ist Gründer und CEO von CRYPTAS it-Security. (c) CRYPTAS

Das Erfolgskriterium dafür, dass der Autoverkehr halbwegs geordnet abläuft, ist nicht die Technologie allein, sondern die einfache Tatsache, dass Autos Nummerntafeln haben. Würde man sie abnehmen, würde sofort Chaos ausbrechen. Es sind oft sehr einfache Dinge, die sich bewährt haben, die man aber in der digitalen Welt oft vergisst«, sagt Stefan Bumerl, CEO von CRYPTAS IT-Security, im Gespräch mit der COMPUTERWELT.

Bumerl hat eine weitere Analogie parat, wenn es wie jetzt darum geht, möglichst schnell eine digitale Welt aufzubauen: »Das Geldsystem, das heute üblich ist, hat sich über Jahrhunderte hinweg entwickelt, wir wollen aber alles in der digitalen Transformation in wenigen Jahren erledigen. Es ist derzeit wie im Wilden Westen: Wer den längeren Colt hat und schneller schießt, gewinnt. Man weiß ja heute, was die Erfolgskriterien von Transformationsprozessen in der Vergangenheit sind. Bei der digitalen Transformation aber gehen wir von fehlgeleiteten Zielvorstellungen aus, die in keiner Lebensrealität üblich sind.«

Stefan Bumerl ist angetreten, um dieser Entwicklung entgegenzuwirken und die digitale Transformation sicher zu machen. Stefan Bumerl beschäftigt sich seit seiner Studienzeit mit der Herausforderung der sicheren und effizienten Bindung zwischen dem Menschen als Anwender und den betroffenen Systemen in großen Anwendungsszenarien, was gemeinhin mit der digitalen Identität in Verbindung gebracht wird. Er begann seine Kariere in der Forschungs- und Entwicklungsabteilung von Smart Card-Systemen im Umfeld von Zahlungs-, E-Health- und Telekom-Anwendungen. Im Jahr 2000 erhielt er die Möglichkeit, in einem bestehenden Unternehmen eine neue Smart Card-Abteilung im Kontext von IT-Security-Anwendungen als Chief Software Architekt mit aufzubauen. Zu jener Zeit war er auch maßgebend an der Mitentwicklung der entsprechenden ISO-Standardisierung beteiligt, was ihm den Ruf als Experte im Smart Card-Sektor einbrachte.

Change Management und Usability als zentrale Faktoren

»Wir haben schon früh festgestellt, dass die Technologie alleine noch nicht die gewünschte Wirkung erzielt. Die Sicherung der digitalen Identität ist immer mit Aspekten des Change Management oder der Usability verbunden. Da es in diesem Bereich keine zufriedenstellenden Lösungen gab, haben wir uns entschlossen, es selbst zu machen, und gründeten im Jahr 2003 CRYPTAS.« Das Ziel: »Kryptographie dazu zu nutzen, um die Brücke zwischen physischer Welt und ihrer virtuellen Abbildung sicher zu machen sowie die Komplexität, den größten Feind der Security und der IT im Allgemeinen, zu reduzieren«, so Bumerl.

Heute betreut CRYPTAS mit mehr als 50 Mitarbeitern namhafte Organisationen in rund 60 Ländern – von KMU bis Großkonzernen. Dazu zählen auch einige DAX- Unternehmen sowie einige Global Market Leader aus den Bereichen Banken, Versicherungen, Handel, Health-Care und Industrie und Verwaltung. Seit Ende letzten Jahres verstärkt Andreas Grübl das Team, der das Geschäftsfeld Energie leitet. Der Fokus liegt dabei auf Smart Grids. Die Unternehmenszentrale ist in Wien, weitere Niederlassungen befinden sich in Frankfurt am Main/Eschborn und in Düsseldorf. Der Standort der CRYPTAS-Tochter PrimeSign ist in Graz.

Die vier Business Units

Intern ist CRYPTAS in vier große Business Units organisiert. Technisch steht die Abteilung CRYONS im Mittelpunkt. Hier werden die Schlüsseltechnologien entwickelt und die Schnittstellen für Authentisierungs-, Verschlüsselungs- und Chipkartenlösungen programmiert. Seit 2011 tritt CRYONS als eigene Marke auf. »Dies ist Teil einer Strukturierungsmaßnahme, die es uns erlaubt, konzentriert auf die einzelnen Bereiche zu fokussieren«, so Bumerl. CRYPTOSHOP ist der Komponentenlieferant für Administratoren, Open Source Entwicklern und anderen, »die wissen, was sie tun. Wir können mit Stolz sagen, dass wir hier weltmarktführend sind. Wir liefern in über 70 Länder und bald 70.000 Kunden.«

Betriebsunterstützung

Schlüsselfertige Lösungen sind in der Business Unit COHORS angesiedelt, die sich auch auf Wunsch um die Betriebsunterstützung bis zu 24/7 kümmert. Bumerl: »Ein Produktionsunternehmen mit 300 bis 400 Mitarbeitern, das Industrie 4.0 plant, muss in Wirklichkeit das gleiche machen wie ein DAX-Unternehmen. Das ist einfach nicht realistisch, nicht weil das Unternehmen es sich nicht leisten kann oder will, sondern weil es schlichtweg nicht genügend Experten gibt, die diesen Betrieb begleiten könnten, um ein entsprechendes Ergebnis zu liefern – und vor allem auch um die Lösung über die gesamte Laufzeit am Leben zu erhalten.«

Betriebsunterstützung findet sich auch in der vierten Division PrimeSign wieder. »Wir nutzen all das Wissen, das wir aus dem Large Enterprise-Bereich gewinnen, und standardisieren es auf hybride Betriebskonzepte, wo wesentliche Teile durch uns betrieben und supportet werden.«

Wirtschaftsportalverbund

Mit dem Geschäftsverlauf zeigt sich Stefan Bumerl sehr zufrieden. »Wir wachsen Jahr für Jahr um 30 Prozent, wobei vieles in die Weiterentwicklung fließt.« Der CEO ist zudem in Aktivitäten eingebunden, die über das reine CRYTAS-Geschäft hinausgehen. Ein Thema ist Privacy by Design, das unter anderem in europäischen Forschungsprojekten behandelt wird. Ein weiteres Projekt ist der Wirtschaftsportalverbund, den er mit aus der Taufe gehoben hat und dessen Vereinsobmann er ist. Hier geht es um die Errichtung eines Vertrauensnetzwerks der beteiligten Anbieter und Dienstleister, in dem die Geschäftsabläufe nach gemeinsam formulierten und eingehaltenen Regeln ablaufen. Denn Vertrauen ist genau das, was in der physischen Welt üblich ist, dem digitalen Universum aber fehlt. »Die IT ist Weltmeister im Versprechen, aber die Letzte, wenn es darum geht, Verantwortung zu übernehmen«, beschreibt Bumerl die aktuelle Situation.


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