ITWELT.at-Roundtable: Top-Trends 2024

Künstliche Intelligenz, Security, Cloud Computing und den Fachkräftemangel werden Unternehmen auch 2024 auf ihrer Agenda haben müssen. Diese Themen wurden im Rahmen des ITWelt.at Executive Roundtables aus verschiedenen Perspektiven erörtert. [...]

Peter Goldbrunner (Nutanix), Johannes Neumüller (All For One), Christof Baumgartner (ITWELT.at) und Stefan Schachinger (Barracuda) (c) timeline/Rudi Handl
Peter Goldbrunner (Nutanix), Johannes Neumüller (All For One), Christof Baumgartner (ITWELT.at) und Stefan Schachinger (Barracuda) (c) timeline/Rudi Handl

Hätten Sie mich vor einem Jahr nach meiner Einschätzung zu künstlicher Intelligenz gefragt, hätte ich vermutlich gesagt, dass es sich um ein Thema der Zukunft handelt. Doch nun ist es zweifellos Realität geworden und auch für die breite Öffentlichkeit zugänglich. Insbesondere im Kontext der Cybersicherheit und Unternehmensanwendungen steht die KI zweifellos noch am Anfang ihrer Möglichkeiten. Aber wenn wir einen Blick in die Zukunft werfen, wage ich zu behaupten, dass uns dieses Thema noch lange Zeit beschäftigen wird. Es wird ein regelrechtes Wettrennen zwischen den Angreifern und der Sicherheitsindustrie entstehen, die diese Angriffe abwehren muss«, sagt Stefan Schachinger, Senior Product Manager Network Security bei Barracuda.

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Peter Goldbrunner, Vice President & General Manager Central Europe bei Nutanix, sieht zwei klare Bereiche, die unterschiedliche Auswirkungen auf Unternehmen haben: »Zunächst der Makrobereich, der auf offensichtliche Entwicklungen in der Welt reagiert wie der globalen politischen Situation, die Märkte beeinflusst und zu Geschäftseinbußen führt. Zudem die steigenden Energiekosten, die Kosteneinsparungen erzwingen und dazu geführt haben, dass geplante IT-Investitionen zurückgehalten und Innovationsentscheidungen verschoben wurden. Auf der anderen Seite gewinnt die Bedeutung von Daten immer mehr an Relevanz. Es geht nicht nur um die Datenmenge, sondern auch darum, wie Unternehmen Daten nutzen wollen. Daten sind heutzutage von unschätzbarem Wert für Unternehmen und diese Erkenntnis ist in vielen Branchen angekommen. Das erfordert Investitionen und eine Neuausrichtung, um verstärkt in die Digitalisierung zu investieren.«

»Durch automatisierte Prozesse mit entsprechenden Nachweisen im Hintergrund können Maßnahmen vorbereitet oder sofort umgesetzt werden, um auf Sicherheitsvorfälle zu reagieren. Im Vergleich zum manuellen Handeln, das oft zeitverzögert ist, kann KI wesentlich schneller handeln.«

Stefan Schachinger, Senior Product Manager
Network Security, Barracuda

»Die globalen Krisen und die ständige Abfolge von Herausforderungen in den letzten Jahren haben Unternehmen stark beeinflusst«, sagt auch Johannes Neumüller, Director Sales Cloud ERP bei All for One. »Aktuell sehen wir steigende Zinsen, was für Unternehmen Investitionen erschwert. Auch die Märkte unserer Kunden geraten manchmal ins Straucheln. Natürlich haben aber solche Veränderungen auch immer Potenziale die man nutzen kann.«

Digitalisierung und Cloud

Alle drei Experten sind sich einig, dass Digitalisierung beim Bewältigen der aktuellen Herausforderungen unumgänglich ist, aber »Digitalisierung ist ein fortlaufender Prozess. Man digitalisiert sich nicht und ist dann fertig«, so Stefan Schachinger. »Größere Unternehmen schreiten etwas schneller voran als mittelständische Unternehmen. Dennoch zeigt sich allgemein eine erhebliche Entwicklung in diesem Bereich in den letzten Jahren und Unternehmen erkennen die Notwendigkeit, sich ständig weiterzuentwickeln, um ihre Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten.«

Auch Cloud Computing wird eine wichtige Rolle zugeschrieben. Peter Goldbrunner: »Die großen Hyperscaler verzeichnen beachtliche Wachstumsraten, was darauf hindeutet, dass immer mehr Unternehmen ihre Dienste nutzen. Die Beweggründe dafür sind vielfältig: Einerseits der Fachkräftemangel. Es ist einfacher, IT-Services aus der Cloud zu beziehen, als sie selbst aufzubauen. Ein weiterer Faktor ist der Wandel in der Art des IT-Konsums. Statt der traditionellen Projekte mit Planungshorizonten von 3, 5 oder 7 Jahren geht der Trend nun zu einer nutzungsbasierten Kostenstruktur. Das bedeutet, Unternehmen zahlen entsprechend der tatsächlichen Nutzung und dieser Trend betrifft nicht nur die Cloud, sondern beeinflusst die gesamte Branche sowie die Services vieler Unternehmen.« Neumüller stimmt dem zu: »Im Mittelstand beobachten wir deutlich, dass die einstigen Bedenken gegenüber der Cloud, die noch vor einigen Jahren bestanden, mittlerweile verschwunden sind. Der deutschsprachige Markt schien in Bezug auf die Cloud-Mentalität eine Zeit lang hinterherzuhinken. Das entstandene Zeitfenster hat ihr jedoch eine gewisse Reifezeit eingeräumt. Heute befinden wir uns in einem Stadium, in dem die Cloud bereits weit fortgeschritten ist.«

»KI wird sich weiterentwickeln und neue Innovationen hervorbringen, die heute noch nicht absehbar sind. Ihr Einfluss wird breiter und wird sowohl Produkte im Kundenkontakt als auch Unternehmensprozesse beeinflussen. Wir hoffen, dass sie uns alle ein wenig klüger macht.«

Peter Goldbrunner, Vice President &
General Manager Central Europe, Nutanix

»Barracuda präsentierte 2014 die erste Microsoft-Azure-integrierte Firewall, als das Thema in Europa noch in den Kinderschuhen steckte«, ergänzt Stefan Schachinger. »Heute, ein Jahrzehnt später, hat die Cloud zweifellos ihren Platz gefunden. Vor einem Jahrzehnt herrschte eine starke Motivation, alles in die Public Cloud zu verlagern. Die Realität von heute präsentiert jedoch hybride Umgebungen. Fast niemand ist zu 100 Prozent in der Cloud, außer vielleicht jungen Unternehmen. Die meisten Firmen agieren in hybriden Landschaften, wo sie sowohl Cloud-Services als auch lokale Server und Dienste nutzen – eine Strategie, die Sinn macht und bei der Kosten eine berechtigte Rolle spielen. Cloud ist nicht immer die kostengünstigste Option.«

Peter Goldbrunner weist darauf hin, dass es es Bereiche gibt, in denen Unternehmen bewusst die Entscheidung treffen, weiterhin ein Rechenzentrum zu betreiben, sei es aus Compliance-Gründen oder wegen der Bedeutung ihrer Daten. »Die Komplexität in der IT nimmt weiter zu, weil das Thema Cloud weiter wachsen wird. Allerdings bedeutet das nicht zwangsläufig, dass alle bisherigen on-premise-Lösungen verschwinden. Ein Großteil davon bleibt weiterhin bestehen. Aus Gesprächen mit Kunden habe ich den Eindruck gewonnen, dass sogenannte Lift-and-Shift-Initiativen, bei denen Daten aus Rechenzentren in die Cloud übertragen werden, nur begrenzt sinnvoll sind. Daten spielen eine wichtige Rolle bei der Entscheidung, ob man sie lieber im eigenen Rechenzentrum behält oder in die Cloud verlagert.«

Der Wert der Daten

»Die zentrale Herausforderung liegt oft weniger darin, wo die Daten liegen, sondern vielmehr darin, wie und wann sie in die digitale Welt kommen«, merkt Johannes Neumüller an. »Ein wiederkehrendes Szenario ist, dass ERP- oder CRM-Systeme zwar existieren, aber die Daten irgendwo auf Zettel geschrieben werden und gar nicht oder erst spät in ein System kommen. Eine mögliche Lösung liegt in der Automatisierung der Datenerfassung durch Technologien wie das Internet der Dinge (IoT), um Daten zeitnah und automatisch zu erfassen, anstatt auf manuelle Eingaben zu warten.«

»Aus Sicherheitssicht ergibt sich derzeit ein interessanter Wandel«, so Stefan Schachinger. »Historisch gesehen war die Sicherheit im Rechenzentrum angesiedelt mit zahlreichen Appliances, die zwar ihre jeweiligen Funktionen erfüllten, aber nicht darauf ausgerichtet waren, miteinander zu interagieren. Wir stehen seit der Pandemie vor einer stark verteilten Infrastruktur, die wir nun absichern müssen. Wir müssen Sicherheit neu denken – nicht mehr zentralisiert im Rechenzentrum, wo alles zusammenläuft, sondern verteilt: am Endgerät, auf Servern, in der Cloud und dazwischen. Wir haben heuer unsere neue SASE-Lösung vorgestellt, die darauf abzielt, dieses Problem anzugehen, indem sie Sicherheit und Konnektivität in einer verteilten Umgebung bereitstellt.«

»Bei der Diskussion um Digitalisierung geht es darum, wie Unternehmen digitale Abläufe strategisch in ihr Geschäftsmodell integrieren können. Die wahre Innovation liegt darin, wie man strategisch und innovativ Digitalisierungskonzepte nutzt, um das gesamte Geschäftsmodell zu transformieren. «

Johannes Neumüller
Director Sales Cloud ERP, All for One

Peter Goldbrunner kommt nochmals auf den Wert von Daten zu sprechen: »Daten werden oft als das neue Gold bezeichnet. Hierbei stellt sich die Frage, wie man sicherstellen kann, dass Daten konsistent sind, sie analysiert werden können und sich in verschiedene Anwendungen, insbesondere im Kontext von KI, integrieren lassen. Dies ist ein entscheidendes Thema, das von der architektonischen Perspektive betrachtet werden muss. Ich denke, es ist wichtig, einen gesunden Blick auf Daten zu haben und sich zu fragen: Welche Handlungsoptionen habe ich? Bin ich flexibel genug und offen genug für Veränderungen?«

Goldbrunner verweist in diesem Zusammenhang auch auf die Chancen von KI: » KI hat zweifellos Auswirkungen auf die IT-Infrastruktur – ob Daten aus der Cloud kommen, im eigenen Rechenzentrum gespeichert werden oder von den Geschäftsbereichen selbst verwaltet werden. Es gibt Branchen, die vermutlich weiter fortgeschritten sind, wie die Finanzwirtschaft oder Versicherungen, da sie seit langem Data Scientists beschäftigen. In diesen Bereichen haben Datenanalysen einen enormen Einfluss auf das Geschäft und die generierte Intelligenz daraus ist bedeutend. Dieser Einfluss wird sich auf viele andere Geschäftsbereiche ausweiten.«

KI: Chancen und Herausforderungen

Auch Johannes Neumüller betont die Vielfalt der Möglichkeiten, die KI bietet, vor allem im Hinblick auf Geschäftsprozesse und die Analyse von Daten: »Mit diesen Daten können wir viel mehr erkennen und auswerten, dank Technologien wie Machine Learning. Auch im Bereich der Vorhersagen und Prognosen können wir viele Entscheidungen besser stützen. Ich möchte nicht behaupten, dass Systeme im Unternehmen irgendwann die Entscheidungen vollständig übernehmen, aber derzeit ermöglichen sie schon bessere Entscheidungen auf Basis hochwertigerer Daten und Vorhersagen.«

Dass KI auch neue Herausforderungen beim Thema Security mit sich bringen wird, betont Stefan Schachinger: »Wir sehen eindeutig den Wandel weg von den plump formulierten Phishing-E-Mails mit Rechtschreibfehlern hin zu einer neuen Generation von Angriffen. Jetzt kann praktisch jeder Social Engineering Attacken initiieren, Phishing-E-Mails generieren oder den entsprechenden Code verfassen, ohne umfassendes technisches Verständnis zu besitzen. Als Security-Branche müssen wir hier proaktiv agieren, um diesen Entwicklungen einen Schritt voraus zu sein, da die Angriffsmethoden sich auf ein höheres Niveau verlagern werden. Was bisher eher auf staatlicher Ebene oder durch Geheimdienste bekannt war, wird vermutlich schnell zur Realität werden. Ich glaube, dass wir 2024 einige neue Angriffsformen sehen werden und es wird mit Sicherheit auch erfolgreiche unter ihnen geben. Es ist wichtig zu betonen, dass es für menschliche Nutzer oder die potenziellen Opfer in naher Zukunft nahezu unmöglich sein wird, diese Bedrohungen eigenständig zu erkennen. Hier liegt aber auch das Riesenpotenzial der KI: Sie kann aus den bestehenden Datenstrukturen sinnvolle Informationen gewinnen und Zusammenhänge identifizieren. Im Vergleich zum manuellen Handeln, das oft zeitverzögert ist, kann KI wesentlich schneller handeln.«

Ein weiteres wichtiges Thema, das in der Expertenrunde zu Sprache kommt, ist der Fachkräftemangel. »Es gibt einen anhaltenden Fachkräftemangel, der sich über die kommenden Jahre hinweg verstärken wird«, so Peter Goldbrunner. »Aber auch hier wird KI eine Entlastung bringen und Unternehmen sowie Mitarbeitern die Möglichkeit geben, sich auf höherwertige Tätigkeiten zu konzentrieren, die für das Unternehmen oder den Mitarbeiter von größerem Nutzen sind.« In der IT-Branche werde es aber einen Konkurrenzkampf geben, um junge Talente anzuziehen und attraktive Bedingungen zu bieten. Auch Johannes Neumüller sieht durch KI die Chance, Routineaufgaben mehr und mehr zu automatisieren. »Dadurch entsteht Raum für die wirklich menschenbezogenen Aufgaben.« Auch Hybrid Work sieht er als Chance sowohl für Jobsuchende als auch für Unternehmen. Stefan Schachinger: »Es ist entscheidend, dass wir die Mitarbeiter, die wir gewinnen, gut behandeln und ihnen sinnvolle Aufgaben bieten, um sie zu binden.«

Den ITWelt.at-Roundtable zum Nachsehen gibt es hier.


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