Laut Christian Dlapka von Neudenker geht eine IT-Strategie Hand in Hand mit einer Unternehmensstrategie. Nur rund ein Drittel hat eine IT-Strategie, das kostet die Unternehmen viel Geld. [...]
Neudenker ist ein herstellerunabhängiges IT-Beratungsunternehmen. Geschäftsführer Christian Dlapka hat mit der COMPUTERWELT über die Notwendigkeit einer IT-Strategie gesprochen.
Neudenker kommt aus dem ECM-Umfeld, ist aber heute viel breiter aufgestellt? Wie sieht Ihr Geschäftsmodell konkret aus?
Christian Dlapka: Zwei Drittel unserer Projekte haben etwas mit ECM zu tun, von Rechnungseingangsprojekten über Dokumenten-Inputmanagement bis zu klassischen Workflow-Projekten oder Outputmanagement, das in Österreich gerade sehr gefragt ist. Daneben beschäftigen wir uns intensiv mit IT-Strategieberatung. Das klingt sehr allgemein, es geht aber einfach in erster Line darum, mit CIO und Teams die IT-Landschaft so zu betrachten, dass man eine zukunftssichere ganzheitliche Sicht entwickelt und verschiedene Anforderungen und Fachbereiche einbindet. Wir arbeiten seit jeher herstellerneutral und haben auch schon einige Projekte begleitet. Es gibt heute kaum noch Projektmanagement-Verantwortliche in den Unternehmen, da ergänzen wir fehlende Skills.
Wie hat sich das Beratungsgeschäft in den letzten Jahren verändert?
Es hat sich doch stark verändert. Die Budgets sind kleiner geworden und es gibt weniger Mitarbeiter für anstehende Projekte. Auch die Projekte selbst sollen immer kostengünstiger oder mit agilen Methoden abgewickelt werden. Mammutprojekte gibt es immer seltener. Unternehmen haben sich früher oft dagegen gesträubt, einen Berater einzustellen, weil es für den IT-Verantwortlichen ein Eingeständnis von Schwäche war. Das ist heute ganz anders. Man muss nicht mehr alles wissen.
Täuscht der Eindruck, dass es in den IT-Abteilungen immer mehr darum geht, den Status quo, wenn irgendwie möglich, aufrechtzuerhalten, anstatt neue Lösungen und Technologien zu implementieren?
Nein. Das Problem liegt aber eher darin, dass jene Leute, die dafür zuständig wären, Innovationen voranzutreiben, schon alle Hände voll zu tun haben, damit die Lichter nicht ausgehen. Da bleibt keine Zeit für neue Projekte, das habe ich in der Praxis beobachten können. Es liegt in den meisten Fällen nicht an der Unwilligkeit oder dem fehlenden Verständnis, wobei es natürlich auch noch IT-Verantwortliche gibt, die reine Systemerhalter sind.
Verfügen viele heimische Unternehmen über eine IT-Strategie?
Momentan noch nicht, aber ich habe das Gefühl, als würden sehr viele Unternehmen gerade damit beginnen, sich eine nachhaltige IT-Strategie zu überlegen. Hier spielt auch das Thema Konsolidierung eine sehr große Rolle. Die IT-Landschaften und die Verzahnungen mit allen möglichen Abteilungen sind mittlerweile so komplex und undurchschaubar, dass es kaum noch beherrschbar ist.
Oft gibt es aber nicht einmal eine Unternehmensstrategie, da braucht man dann gar nicht nach einer IT-Strategie zu fragen. Niemand würde ein Haus bauen, ohne einen Einreichplan zeichnen zu lassen. In der IT sieht die Realität anders aus. Da wird erst einmal ein Keller für ein Einfamilienhaus ausgehoben und später stellt man fest, dass man ein Hochhaus darauf bauen will, das wird nicht funktionieren. Moderne IT muss erweiterbar sein, es bringt nichts, immer nur das nächste Projekt im Auge zu haben.
Braucht jedes Unternehmen unabhängig von Größe und Branche eine IT-Strategie?
Auf die eine oder andere Art ja. Wie diese Strategie dann aussieht, ist wieder eine andere Sache. Es gibt Unternehmen mit nur etwa 15 Mitarbeitern, aber einem riesigen Maschinenpark, der miteinander vernetzt ist, da muss das wirklich gut überlegt sein. Es gibt aber auch Unternehmen, die über viele Mitarbeiter verfügen, die alle mit handwerklichen Tätigkeiten bei den Kunden sind, da wird die IT-Strategie in wenigen Sätzen formuliert werden können. Überlegungen sollte aber tatsächlich jedes Unternehmen anstellen. Auch E-Commerce ist hier ein wichtiges Thema, das in österreichischen Unternehmen noch sehr unterrepräsentiert ist. Darum hat eine IT-Strategie auch sehr viel mit einer Unternehmensstrategie zu tun.
Wird IT daher zwangsläufig immer mehr zum Thema für die Geschäftsführung?
Ich prangere mittlerweile schon sehr lange an, dass die IT in den Unternehmen unten gehalten wird, oft hängt sie direkt unter dem Rechnungswesen. Das ist historisch so gewachsen, weil die Buchhaltungssysteme unter den Ersten in den Unternehmen waren, das ist aber strategisch grundfalsch. IT kann einfach nicht nur mit dem Sparstift funktionieren. Meiner Meinung nach sollte der CIO „CIIO“ heißen, das zweite I steht hier für Innovation. Wer soll sich denn im Unternehmen um die IT-Innovationen kümmern, wenn nicht der CIO, der allerdings selbst viel näher am Business dran sein muss, um auch die wirtschaftlichen Bedürfnisse eines Unternehmens verstehen zu können. Mit den Chancen und Optionen, die IT heute mit sich bringt, ist dafür auch ein völlig neues Business möglich.
Das Gespräch führte Alex Wolschann.
Christian Dlapka
Christian Dlapka ist Geschäftsführer des IT-Beraters Neudenker. Nach mehr als zehn Jahren im ECM-Bereich konzipiert und implementiert er heute ganzheitliche IT-Lösungen in zahlreichen Branchen. Dabei vereint er drei Perspektiven: die technische, die organisatorische und die Sicht der Menschen, die mit Prozessen und Systemen arbeiten.
Be the first to comment