JIPP.IT macht Unternehmen agil

Das Gleisdorfer Unternehmen will sowohl Personen als auch Organisationen dabei helfen, effizienter zu werden. Wolfgang Richter, Geschäftsführer von JIPP.IT, und sein Team setzen dabei auf Agile Methoden. [...]

Das Lösungsportfolio von JIPP.IT ist im Bereich Agile Methoden sehr breit und umfasst mehrere Methoden. Können sie kurz beschreiben, was das Kernportfolio von JIPP.IT ist und welche Methoden es gibt?
Wir bei JIPP.IT verstehen uns als Agile Change Agency. Wir helfen anderen Unternehmen in Form von Trainings, Consulting und Coaching den jeweils richtigen Weg in der Agilen Welt zu finden. Wir konzentrieren uns auf Organisationsebene hauptsächlich auf die Methoden Scrum, LeSS (Large-Scale Scrum) und auf Agile Transitionen. Weiters helfen wir Teams die richtigen Technologien und Methoden für effektivere Entwicklung umzusetzen, wie z.B. Testautomatisierung. Dazu haben wir ein Produkt entwickelt, mit dem speziell Mobile Apps und Portale automatisiert getestet werden können. Zusätzlich entwickeln wir für andere Unternehmen Individualsoftware mit dem Einsatz von agilen Methoden. 
Wie können Unternehmen mit agilen Methoden effizienter werden?
Aus meiner Sicht liegt die Kraft der agilen Methoden vor allem beim Heben von Einsparungspotentialen. Damit ist gemeint, nur die wirklich gewinnbringenden Anforderungen umzusetzen, Prozesse zu optimieren und die Arbeitsumgebung anpassungsfähiger werden zu lassen. Die Kräfte aller Mitarbeiter sollen erhalten bleiben und auf die wirklich wichtigen und wertvollen Tätigkeiten fokussiert werden. So ist zum Beispiel die Rolle des Product Owners in Scrum dazu da, wertvolle Anforderungen zu erkennen, damit diese vorrangig behandelt und geliefert werden können. Oftmals erkennen Unternehmen nach Einführung von Scrum oder LeSS, dass in der Vergangenheit viel zu viel gemacht wurde und das sogenannte Minimal Viable Product, also die Mindestanforderung für die Erfüllung eines Vertrages und die Zufriedenheit aller Parteien, viel sinnvoller gewesen wäre. Wie das geht, geben wir gerne weiter.
Wann oder warum können sie Unternehmen helfen?
Das Einstiegsszenario in die agile Welt und die Zusammenarbeit mit JIPP.IT kann sehr unterschiedlich sein. Manche Unternehmen möchten Agilität leben, weil ein Projekt fehlgeschlagen ist und zu agilen Methoden sehr viele erfolgreiche Case Studies existieren. Andere wollen die bereits gestartete agile Reise verbessern. Wieder andere haben erfolgreiche Versuche mit einzelnen Teams hinter sich und wollen agile Methoden für mehrere oder alle Teams ausrollen. Die gute Nachricht dazu ist, dass man mit Methoden wie Scrum und LeSS in sehr kurzer Zeit sehr vieles verbessern kann. Und genau dabei helfen wir Unternehmen mit unserer jahrelangen Erfahrung mit Agilität.
Wie haben sich die Herausforderungen in Zeiten der Digitalen Transformation entwickelt?
Die größte Herausforderung in Zeiten der Digitalisierung ist aus meiner Sicht, aus dem Überangebot an Tools und technischen Möglichkeiten zu erkennen, welche für sich und das Unternehmen einen Nutzen darstellen. Wir als Menschen müssen einen Nutzen spüren. Sei es z.B. Arbeitserleichterung, bessere Übersicht, Zeiteinsparung, höhere Genauigkeit, dann stimmt der Weg. Ziel jedweder Initiative in Richtung Digitalisierung muss zwingend eine Verbesserung für Menschen sein. Dann macht es Spaß, rechnet sich und rechtfertigt den Aufwand.
Haben sich die Anfragen bzw. Bedürfnisse der Kunden geändert? Und wie stellt sich das in den Anforderungen der Kunden an JIPP.IT dar?
Anfragen und Bedürfnisse haben sich nicht geändert. Ich glaube auch nicht, dass sich diese jemals ändern werden. Vielmehr hat sich der Umgang mit den Anforderungen geändert. Wie erwähnt sollen hauptsächlich die wirklich wertvollen Anforderungen behandelt und umgesetzt werden. Im Laufe eines Projektes stellt sich oft heraus, dass zuerst als wichtig angesehene Anforderungen aus diversen Gründen immer unwichtiger werden. Manchmal werden diese sogar obsolet. Manchmal sind die Kosten für die Umsetzung höher als der erzielbare Nutzen und das muss vom Lieferanten und vom Kunden gemeinsam ausgearbeitet und bewertet werden. Durch dieses Bewusstsein und eine offene Zusammenarbeit können Projekte und Produkte viel erfolgreicher sein und potentiell auch schneller geliefert werden. Weniger ist oft mehr.
Mit neuen Technologien ändert sich der Arbeitsplatz und auch die Zusammenarbeit innerhalb der Unternehmen. Welche Entwicklungen sehen Sie hier und wie wird sich die Situation in den nächsten Jahren Ihrer Meinung nach verändern?
Die Technologie verändert sich bereits heute in einer Geschwindigkeit, in der der Mensch kaum mehr mitkommt. Das Maß an Lernbereitschaft, das von Technikern und Anwendern verlangt wird übersteigt aus meiner Sicht manchmal bereits das Menschenmögliche. Ich hoffe, dass in Zukunft der Mensch wieder wichtiger als das Tool wird. Wenn der Mensch wieder mehr in den Mittelpunkt rückt, werden die Arbeitsplätze hoffentlich immer flexibler und individueller gestaltet werden. Die Bedürfnisse der einzelnen müssen eine Rolle spielen. Das gilt auch für Themen wie Arbeitszeit. Ich halte wenig von extrem langen Arbeitszeiten, weil dadurch in der Regel die Fehleranfälligkeit wächst. Allerdings sollten Mitarbeiter in einem bestimmten Rahmen selbst bestimmen dürfen, wann sie arbeiten, solange die Kollegen und das Unternehmen dadurch nicht behindert werden. 
Ich selbst bin Vater zweier kleiner Töchter und genieße es sehr, wenn ich z.B. am Nachmittag mal nachhause fahren, ein paar Stunden mit meinen Kindern verbringen und den Rest der Arbeit am Abend in meinem Home-Office erledigen kann. Diesen Luxus würde ich mir für alle wünschen, allerdings gibt es da gesetzliche Rahmenbedingungen, die diese Flexibilität für alle Mitarbeiter verhindern. 
Ich hoffe, in Zukunft geht man bei der Gestaltung der gesetzlichen Rahmenbedingung hauptsächlich von den Wünschen der breiten Masse und den Bedürfnissen der Betroffenen aus und weniger von den vereinzelten schwarzen Schafen, die Freiheiten zu ihren Gunsten missbrauchen könnten. Ich wünsche mir für die nächsten Jahre und kommenden Generationen, dass wir einander in der Arbeitswelt mehr vertrauen – über Positionen und Institutionen hinweg.
Wie beurteilen Sie den Standort Gleisdorf bzw. Steiermark? Ist die Region ein guter Boden für IKT-Unternehmen?
Absolut. Mit den Universitäten, Fachhochschulen und HTLs in der Steiermark haben wir eine sehr gute Basis für die Ausbildung von IKT-Spezialisten. Allerdings brauchen wir noch viel mehr Fachkräfte. Bei der Infrastruktur wird es immer besser. Die letzten Lücken werden nach und nach geschlossen. Doch auch hier sind wir im Vergleich mit anderen Ländern noch am Aufholen. Die Landesregierung hat begonnen, einen größeren Beitrag für die Entwicklung der Steiermark im IKT Bereich zu leisten. Wir waren als Region in der 1980er Jahren schon einmal europäische Spitze. Dorthin wollen wir wiederkommen. Qualitätsmäßig sind wir es schon, was noch fehlt ist die Sichtbarkeit.
Zusätzlich zu den genannten Initiativen gibt es zahlreiche Unternehmen, die z.B. mit Unterstützung von der UBIT der WKO vieles bewegen, um den Standort Steiermark als IKT Hochburg wieder bekannter zu machen. Ich nenne hier gerne die IT Community Styria (ITCS), in der wir auch aktiv sind. Drei der Unternehmen der ITCS veranstalten heuer die Agile Austria Conference im WKO Zentrum in Graz, mit Top-Speakern wie z.B. Alistair Cockburn, einem Co-Autor des Agilen Manifests und Rockstar der IT.
Wie sieht es mit Startups aus?
Auch hier gibt es eine lebhafte Szene. Wenn man allerdings die Steiermark mit den Hochburgen in den USA vergleicht, sind wir nicht einmal Entwicklungsland. Von der Steiermark aus als Start Up international einer Rolle zu spielen schaffen nur wenige. Die meisten machen sich nach einiger Zeit doch in die USA auf, weil die Szene dort ganz anders gefördert und entwickelt wird. Es wird von Jahr zu Jahr besser bei uns, aber um international in dieser Szene aufzufallen muss noch sehr viel mehr geschehen. Die Basis für erfolgreiche Start Ups, also die innovativen Köpfe, die haben wir. 
Ein Thema ist immer wieder der Fachkräftemangel. Spüren sie Schwierigkeiten in Österreich ausreichend qualifizierte Mitarbeiter zu finden bzw. sehen sie bei Ihren Kunden, dass sie Probleme haben?
Ja, sogar massiv. Das Positive ist, wir haben Spitzenausbildungen an den Universitäten, Fachhochschulen und HTLs. Das Negative ist, wir haben einige Angebote in den Ausbildungen, die anscheinend ziemlich am Bedarf vorbei entwickelt worden sind. Wenn man das Angebot an qualifizierten Fachkräften mit der Nachfrage vergleicht, dann gewinnt die Nachfrage haushoch. Outsourcing und Niederlassungen in anderen Ländern sind für viele Unternehmen die einzige Alternative dazu. Leider. 
Wie haben sich die letzten Jahre für JIPP.IT geschäftsmäßig entwickelt und wie sehen sie die Entwicklung für das Jahr 2017? 
Wir haben eine sehr positive Entwicklung hinter uns. Wir haben dafür allerdings auch massiv Zeit und Energie investiert. So sind wir 2016 eines von weltweit 6 (!) zertifizierten Large-Scale Scrum Coaching Unternehmen geworden. Für diese Zertifizierung ist sehr viel Arbeit und Kompetenz notwendig. Dass wir als steirisches Unternehmen und einziges in Österreich diese Auszeichnung bekommen haben macht uns sehr stolz. Die Nachfrage nach Beratung in diesem Bereich boomt. Die Scrum Alliance, die größte weltweite Community zum Thema Scrum, hat LeSS als ihr offizielles Skalierungs-Framework aufgenommen. Somit hat sich natürlich international zu dem Thema Skalierung von agilen Methoden und Scrum einiges getan. Und JIPP.IT ist da vorne mit dabei. Auch in der Weiterentwicklung dieser Methodik. Das Thema Skalierung wird uns daher die nächste Zeit in unserer Forschung und bei den Aufträgen beschäftigen.
Aus welchen Wirtschaftsbereichen kommen ihre Kunden?
Unsere Kunden kommen mittlerweile aus allen Bereichen. Agilität kann man nicht mehr auf bestimmte Branchen reduzieren. Wir haben Kunden aus der Telekommunikation, Health Care, Banken, Versicherungswesen, Automotive, Multimedia, Handel und mehr. Vor kurzem hörte ich ein Statement von einem Redakteur einer österreichischen Tageszeitung, dass Agilität und somit Konferenzen zu dem Thema für Nerds sind. Das war vor 20 Jahren sicher richtig. Heute interessiert Agilität jeden, der die Arbeitsumgebung verändern möchte. Digitalisierung und ähnliche Themen sind damit sehr eng verbunden und betreffen somit den Großteil der Unternehmen und Angestellten. Darum haben wir uns auch entschlossen die Agile Austria Conference federführend zu organisieren, um Wissen aus der Region zu teilen und internationales Wissen in die Region zu holen. 
Was waren die interessantesten Projekte der letzten Monate und welche Projekte stehen an?
Da ich leider über gewisse Projekte keine Auskunft geben darf, nur so viel: Jede Umstellung eines Unternehmens von traditionellen Werten auf agile Werte ist spannend. Genau solche Themen stehen bei uns weiterhin an und machen viel Spaß. Auch Start Ups zu helfen, die Software zu entwickeln und die Prozesse zu optimieren, macht viel Freude. Wir helfen im Moment einem Start Up bei der Entwicklung eines Portals und App zu betrieblichen Gesundheitsvorsorge. Ein Hype Thema mit viel Potential. Auch unser jüngstes Produkt, die JIPP.IT Testcloud verspricht großes Potential und dazu haben wir noch viele Ideen. 

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