CIO zu sein, ist nicht leicht. Ein guter CIO zu sein, schon gar nicht. Welche Fähigkeiten man dazu braucht und wie sich die CIO-Rolle im Zuge der Digitalisierung verändert, weiß Michael Hoffmann, Leader Technology Advisory bei EY und Mitglied der Jury des CIO Awards. [...]
Michael D. Hoffmann ist durch und durch IT-Profi. Als Leader Technology Advisory bei EY ist er Teil des Confare CIO ThinkTanks und Mitglied der Jury für den österreichischen Confare CIO Award Er weiß: CIO sein ist nicht leicht. Die Rolle birgt hohes Frust-Potenzial, da man zwischen rasanter Technologie-Entwicklung, hohen Anforderungen der Geschäftsführung und den Wünschen der Anwender schnell unter die Räder kommt. Wir haben Michael Hoffmann gefragt, wie man denn CIO wird und welche Zukunft es für diese Managementaufgabe im Digitalen Zeitalter gibt.
Als CIO hat man eine Schlüsselfunktion für den Erfolg eines Unternehmens bei der Digitalen Transformation. Welche Eigenschaften sollte man mitbringen, wenn man sich in diese Richtung entwickeln möchte?
Erfolgreiche CIOs zeichnen sich seit jeher dadurch aus, dass sie als Multiplikatoren im Unternehmen agieren und die Interessen und Fähigkeiten verschiedenster Stakeholder zusammenbringen. Das zusätzlich hilfreiche IT-Backgroundwissen erlebte dabei in der Vergangenheit eine zunehmende Renaissance: Während IT-Betriebsthemen mehr und mehr von den Diskussionsagenden verschwanden, sind es heute die Fragestellungen über technologische Innovationen (KI, IoT, Blockchain, Analytics etc.), Einsatzmöglichkeiten neuer Themenfelder (Automatisierung, Accelerators, Smart Cities etc.), die ein CIO »am Radar« haben muss. Welche dieser Themen wird Einfluss auf das eigene Unternehmen, die Lieferanten, die Mitbewerber und Kunden – sprich das eigene Ökosystem – haben? Welche können mit überschaubarem Aufwand weiter beobachtet werden und welche sollten schnellstmöglich Einzug ins Unternehmen finden? Wie sieht die für das eigene Unternehmen passende Innovationsstrategie aus? Mit welchen Ressourcen werden diese Themen adressiert? All dies sind Fragen, die unter der Moderation des CIOs im Unternehmen geklärt werden müssen.
Mit dem Aufkommen des Themas »Digitale Transformation« kam allerdings auch der Druck, die Rolle des CIO gegen die des Chief Digital Officers (CDO) abzugrenzen. Schon immer war es Bestandteil der Rolle, dass ein CIO das Geschäft des Unternehmens versteht und als Übersetzer zwischen Management und IT agiert, um das Business voranzutreiben. Was bleibt allerdings von dieser Rolle, wenn die Themen (Geschäfts-) Innovation und technologische Innovation abzieht? Oder schlimmer noch: Wie können der Chief Digital Officer und der Chief Information Officer zusammenarbeiten, wenn die Verantwortung für geschäftliche Innovation bei der einen, technologische Innovation bei der anderen Rolle liegt? Nur wenige Unternehmen (bzw. CIOs/CDOs) haben diesen Spagat erfolgreich geschafft.
Ergänzt man das Bild um die oftmals ebenfalls vorhandenen Rollen Chief Technology Officer und Chief Data Officer wird schnell klar: Es muss eine eindeutige und gelebte Verantwortlichkeitsstruktur geschaffen werden (die dann noch offene Frage nach der optimalen Organisationsstruktur außen vorgelassen: Berichtet ein CIO weiterhin idealtypisch an den CFO oder doch an den CEO?).
Die CIO-Aufgabe ist mitunter ganz schön schwer – wie kann man im Spannungsfeld zwischen Management, Markt, Usern und IT-Mitarbeitern überleben?
Obwohl es sich vielleicht für Viele trivial anhören mag: Vor allem durch Konzentration auf das Wesentliche. Man darf sich als CIO auf keinen Fall zerreißen lassen zwischen dem operativem (IT-) Tagesgeschäft, der nächsten Budgetierungsrunde und irgendwelchen Anbietern, die ihre Technologie als Allheilmittel anpreisen. Es geht nach wie vor in erster Linie darum, die drei folgenden Ebenen jederzeit gut im Griff zu haben:
- Eine angemessene IT-Organisation (Run IT, Change IT).
- Evolutionäre Innovationstreiber
- Langfristige »Big Bets«
Ad 1) Der CIO ersetzt nicht den/die IT-Leiter/in! Ein professionell agierender IT-Bereich muss mit klaren Vorgaben geführt und gemonitored werden. Das ist nicht Aufgabe des CIO. Der CIO bereitet – gemeinsam mit der IT-Leitung – die IT-Strategie des Unternehmens auf und muss dem IT-Bereich deren Umsetzung anvertrauen/zutrauen.
Ad 2) Die wenigsten Unternehmen werden in den nächsten zwei bis drei Jahren Brain-Computer-Interfaces auf breiter Front einsetzen oder Vertragsabschlüsse einer künstlichen Intelligenz anvertrauen. Es geht vielmehr darum, vorhandene, etablierte Technologien dort einzusetzen, wo sie unmittelbar Mehrwert erzeugen. Sei es durch Automatisierung manueller Prozesse durch Robotic Process Automation (RPA), dem Einsatz von IoT zur Optimierung von Logistikketten oder schlicht und ergreifend durch Einsatz moderner Arbeitsplatzmethoden. Hierzu braucht es einige wenige (IT-) Spezialisten im Unternehmen, die von Teilen ihres Tagesgeschäfts freigespielt werden, um dies zu ermöglichen – oder vertrauenswürdige Partner aus dem eigenen Ökosystem.
Ad 3) Was ist die eine Sache, die das Unternehmen langfristig in eine ideale Ausgangslage am Markt versetzen würde? Wie findet sich eine solche Innovation in enger Abstimmung mit Management, Anwendern und dem Markt? Hier ist der CIO gefragt, alle relevanten Fachbereiche im Unternehmen zu involvieren und auf »Innovationskurs« zu bringen. Die Erfahrung zeigt, dass es besser ist, sich nicht nur – nach alter Managementmanier – genau einem Thema zu widmen und dieses konsequent weiterzuführen, sondern eine Vielzahl von Initiativen als Versuchsballone zu starten und mit »fail often – fail early« auszusortieren. Hierzu werden Explorationsmethoden angewandt, die helfen, Ideen intern oder mit externer Hilfe zu generieren und frühzeitig deren Nutzen für das Unternehmen zu beweisen.
Wie sieht denn Ihrer Meinung nach ein idealtypischer CIO Karrierepfad aus?
In die Runde meiner CIO-Kontakte blickend glaube ich nicht, dass es so etwas wie einen idealtypischen Karrierepfad (hin zu einem CIO) gibt. Natürlich hilft eine technologienahe Ausbildung bei der Bewertung von IT-Innovationsthemen; am Ende nutzt aber auch diese Kompetenz nicht, wenn die enge Abstimmung mit den unterschiedlichen Stakeholdern im Unternehmen nicht gelingt. Sieht man sich die Stellenprofile für CIOs an, liest man von »ausgezeichneter Kommunikationsfähigkeit, strategischem Denken und analytischen Fähigkeiten«. All dies mag richtig sein. Was am Ende zählt ist jedoch die Passion, das Unternehmensgeschäftsmodell durch Innovationen verbessern zu wollen, ein starkes Netzwerk im Unternehmen aufzubauen und eine gehörige Portion Hausverstand anwenden zu können.
Wie wird sich die CIO Rolle in Zukunft verändern?
Die österreichischen Unternehmen wachsen. Sei es organisch oder durch Zu-/Verkauf. Dadurch entsteht die Notwendigkeit, neue Rollen (CTO, CDO etc.) im Unternehmen zu schaffen und eine klare Abgrenzung/Spezialisierung der CIO-Rolle zu erreichen. Der CIO entwickelt sich vom Generalisten zum Spezialisten:
- Daten-CIO: Eine Vielzahl der Innovationsthemen beruht auf der steigenden Verfügbarkeit von Daten und daraus gewonnen Informationen. Smarte CIOs nutzen diese Entwicklungen zur Positionierung im Unternehmen.
- CIO in Vorstandsfunktion: Noch vor Kurzem war (oder ist sogar noch heute) Technologie kein Thema für die Vorstandsetage. Durch den zunehmenden technologischen Innovationsschub wird sich dies weiter differenzieren. Die Aufgabe des CIO – eventuell dann sogar auf Vorstandsebene – wird es sein, Information und Technologie als Kernfunktion des Unternehmens zu managen.
- CIO als agiler Champion: Um mit der Geschwindigkeit des Marktes mithalten zu können, ist eine agile Organisation notwendig. Aufgabe des CIOs wird es sein, die eigene Organisation viel stärker in Richtung Agilität zu entwickeln.
- CIO als Speerspitze der (digitalen) Transformation: Wenn Technologie weiter ins Epizentrum der Transformation rückt, wird es dem CIO obliegen, diese Transformation zu führen. Hierzu gehört eine klare Entwicklung und Kommunikation der Vision, das Vorleben des notwendigen Leadershipansatzes und der Wille zur Veränderung.
Alles in Allem wird die Rolle des CIO – trotz der Unkenrufe der letzten Jahre (Stichwort CDO) – nicht aus den Unternehmen verschwinden. Ganz im Gegenteil: Sie wird wichtiger denn je und wird ein maßgeblicher Teil der Unternehmensführung. Reden wir in fünf Jahren nochmal darüber.
Michael Ghezzo ist Gründer und CEO von Confare sowie Initiator des CIO Awards.
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