»Decagon« könnte medizinische Versorgung künftig sicherer machen, weil es dank dem Einsatz von künstlicher Intelligenz die Wechselwirkung von Medikamenten vorhersagen kann. Das ist ein Meilenstein für die Medizin und ein Segen für viele Patienten. [...]
Forscher der Stanford University haben mit »Decagon« ein KI-System zur Vorhersage von Nebenwirkungen bei der gleichzeitigen Einnahme zweier Medikamente entwickelt. Denn für die meisten Kombinationen sind die potenziell gefährlichen Wechselwirkungen bislang schlichtweg unbekannt. Das System könnte also helfen, die Behandlung schwerer Krankheiten letztlich sicherer zu machen.
Immer mehr Menschen nehmen immer mehr Medikamente ein. Gerade ältere Patienten bekommen oft jeden Tag einen ganzen Pillen-Cocktail. Bei tausenden zugelassenen Medikamenten ist es aber praktisch unmöglich, die Wechselwirkungen jeder möglichen Kombination auszutesten. Besonders neue Kombinationen sind also riskant. »Wir wissen wirklich nicht, was passieren wird«, meint Marinka Zitnik, Informatik-Postdoc in Stanford. Eben das wollen sie und ihre Kollegen mithilfe von Decagon ändern.
Das Team hat modelliert, wie die mehr als 19.000 Proteine im Körper interagieren und wie sich Medikamente darauf auswirken. Anhand von vier Mio. bekannten Zusammenhängen von Arznei und Nebenwirkung haben sie eine Methode entwickelt, um Muster zu erkennen, wie Nebenwirkungen durch das Wirken von Medikamenten auf Proteine entstehen. Dazu hat das Team auf Tiefenlernen gesetzt. Das System ist darauf ausgelegt, zunächst für Kombinationen von zwei Medikamenten aus der gleichzeitigen Einnahme resultierende Nebenwirkungen vorherzusagen.
Für eine Reihe von Nebenwirkungen, die Decagon vorhergesagt hat, die aber im ursprünglichen Datensatz nicht aufschienen, hat das Team überprüft, ob sie mittlerweile in der medizinischen Literatur berücksichtigt werden. Dabei haben die Forscher festgestellt, dass das KI-System zurecht vor eigentlich unerwarteten, gefährlichen Muskelentzündungen bei gleichzeitiger Einnahme des Blutdrucksenkers Amlodipin und des Cholesterinsenkers Atorvastatin gewarnt hat. Auch bei fünf von zehn weiteren Decagon-Vorhersagen hat sich gezeigt, dass die Nebenwirkungen mittlerweile praktisch nachgewiesen wurden.
Das legt nahe, dass der KI-Ansatz tatsächlich geeignet ist, mögliche Medikamenten-Wechselwirkungen relativ zuverlässig vorherzusagen. Die Forscher hoffen daher, das System auch auf Kombinationen von drei oder mehr Medikamenten auszuweiten. Zudem wollen sie ein nutzerfreundliches Tool entwickeln, das Ärzte heranziehen können. Das zufällige Entdecken von möglicherweise schweren Nebenwirkungen an Patienten könnte dann ein Ende haben. »Unser Zugang hat das Potenzial, eine effektivere und sicherere Gesundheitsversorgung zu ermöglichen«, meint Stanford-Informatikprofessor Jure Leskovec.
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