KI verändert auch Top-Management

Microsoft und die Boston Consulting Group sind in zwei Studien der Frage nachgegangen, wie KI bei Unternehmen ankommt und welche Rolle das Thema in Österreich spielt. Klar ist: Künstliche Intelligenz ist eine Sache der Unternehmensführung. [...]

Erfolgreiche Führungskräfe nutzen KI, um in ihrem Job besser zu werden.
Erfolgreiche Führungskräfe nutzen KI, um in ihrem Job besser zu werden. (c) jackfrog / Fotolia

Der Einsatz von künstlicher Intelligenz ist in Unternehmen mit zweistelliger Wachstumsrate mehr als doppelt so hoch wie in langsam wachsenden (37,8 vs. 17,1 Prozent) – das ist das Ergebnis einer internationalen Microsoft-Studie. Die Technologie ist nicht nur ein Wachstumstreiber, sondern verändert auch die Unternehmensführung in allen untersuchten Ländern (Österreich war nicht darunter): Neben Effizienzsteigerung wollen Entscheider KI auch für Führungsaufgaben nutzen. Die Zeit, die sie durch den Einsatz von KI sparen, soll vorrangig in die Motivation und Inspiration ihrer Mitarbeiter (28,5 Prozent), aber auch in das Ergreifen neuer Marktchancen (23,8 Prozent) und das Setzen der richtigen Ziele (22,3 Prozent) investiert werden.

Microsoft hat in der Studie untersucht, wofür Entscheider künstliche Intelligenz im Unternehmen einsetzen wollen und wie sich die Technologie auf Führungsaufgaben auswirkt. Befragt wurden 1.150 Führungskräfte aus 13 Ländern weltweit. Schnell wachsende Firmen sehen insgesamt eine höhere Dringlichkeit, die Technologie in verschiedenen Unternehmensbereichen zu nutzen: Beispielsweise wollen 75 Prozent der deutschen Entscheider in wachstumsstarken Organisationen die Technologie innerhalb des nächsten Jahres zur besseren Entscheidungsfindung einsetzen. In wachstumsschwachen Unternehmen im Nachbarland sind es nur 43,3 Prozent. Auch in der Entwicklung neuer Lösungen und Geschäftsmodelle wollen 42,9 Prozent der wachstumsstarken Unternehmen KI innerhalb des nächsten Jahres anwenden – dem stehen nur 16,7 Prozent in wachstumsschwachen gegenüber.

KI verändert Führungsaufgaben

Auch die Aufgaben von Führungskräften verändern sich durch die Technologie: 58,3 Prozent der deutschen Entscheider aus stark wachsenden Firmen gehen davon aus, dass sie Probleme mit KI in Zukunft vollkommen anders lösen werden – in wachstumsschwachen sind es nur 41 Prozent. Ebenso werde sich die strategische Unternehmensausrichtung durch künstliche Intelligenz grundlegend verändern, sagen zwei Drittel der schnell wachsenden (66,7 Prozent) und nur ein Drittel (37,2 Prozent) der langsam wachsenden Firmen in Deutschland.

Führung wird menschlicher

„Erfolgreiche Führungskräfte haben die Wichtigkeit von KI erkannt und nutzen die Technologie für operative Aufgaben, aber auch, um bessere Führungskräfte zu werden – also Wachstum voranzutreiben, die richtigen Prioritäten zu setzen und Menschen zu inspirieren. Durch KI wird Führung noch menschlicher und hilft Entscheidern, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren: die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen“, erklärt Heike Bruch, Professorin am Institut für Führung und Personalmanagement der Universität St. Gallen. Um sich auf die Veränderung der Führungsaufgaben durch KI vorzubereiten, wollen zwei Drittel aller Befragten ihre Fähigkeiten weiterentwickeln. In Deutschland planen 71,8 Prozent der Führungskräfte in langsam wachsenden Unternehmen, ihre Fähigkeiten auszubauen, aber nur jede zweite Führungskraft in wachstumsstarken Organisationen. Ein möglicher Grund dafür ist, dass viele schnell wachsende Firmen (66,7 Prozent) in Deutschland KI bereits aktiv in die Unternehmensstrategie einbinden und über die notwendigen Fähigkeiten für den Umgang mit der Technologie verfügen. Die Ausgereiftheit und Verbreitung von KI ist damit in Deutschland deutlich höher als in allen anderen untersuchten Ländern.

„KI verändert Führung. Das stellt Entscheider vor neue Herausforderungen: Für den erfolgreichen Umgang mit künstlicher Intelligenz müssen sie sich neue Fähigkeiten aneignen und auch die Führungskultur im Unternehmen weiterentwickeln. Genauso wie Technologie ständig voranschreitet, kann im KI-Zeitalter auch der Lernprozess von Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen und Führungskräften niemals abgeschlossen sein“, sagt Nina Schmidt, HR Line Solutions Lead für Western Europe.

Österreich hinkt hinterher

In der Alpenrepublik beschäftigt sich bislang deutlich weniger als die Hälfte aller Unternehmen aktiv mit dem Thema KI. Das ist das Ergebnis der Studie Mind the (AI) Gap: Leadership Makes the Difference der Strategieberatung Boston Consulting Group. „KI in Unternehmen ist vor allem eine Frage des Managements“, bestätigt auch Jörg Erlebach, BCG-Partner und Chef von BCG GAMMA in Deutschland. Erfolgreich seien in der Regel Unternehmen, die kurze Innovationszyklen haben, proaktiv Pilotprojekte starten und abteilungsübergreifende, agile Zusammen­arbeit forcieren. „Alle diese Dimensionen kann das Management eines Unternehmens beeinflussen“, hebt Erlebach hervor.

„Doch noch sind etwa die Innovationszyklen in österreichischen Unternehmen mit durchschnittlich knapp 14 Monaten doppelt so lang wie bei der chinesischen Konkurrenz.“ Im Reich der Mitte befassen sich fast neun von zehn Unternehmen aktiv mit künstlicher Intelligenz; jedes dritte Unternehmen setzt KI schon für Produktion oder Dienstleistungen ein. „China pro­fitiert davon, dass die Unternehmen dort über alle Branchen hinweg vergleichsweise jung, agil und innovationsfreudig sind. In reifen Volkswirtschaften und weit entwi­ckelten Branchen tendieren Unternehmen zu einer gewissen Trägheit, was Neue­rungen angeht“, erläutert Erlebach die Diskrepanz.

Der Vergleich zwischen den Branchen legt offen, dass sich hierzulande insbesondere in den Sektoren Finanzdienstleistungen sowie Konsumgüter/Handel nur wenige aktive KI-Spieler finden. Besser sieht es bei Unternehmen mit Fokus auf Technologie, Medien und Telekommunikation und in der Energieindustrie aus: Selbst in Österreich sind in dieser Branche mehr als zwei Drittel aller Unternehmen im Bereich KI aktiv.


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