Klagen könnten LTE-Ausbau verzögern

Nach der teuren Frequenzversteigerung haben T-Mobile und Drei Beschwerde beim Verwaltungs- und Verfassungsgerichtshof eingereicht. Das Ziel sei es, rasch zu einer Neuauflage der Auktion unter geordneten und fairen Bedingungen zu kommen. [...]

Die im November über die Bühne gegangene Frequenzauktion im heimischen Mobilfunk hat ein Nachspiel. Die beiden Unternehmen T-Mobile und Hutchison (Drei) fechten die Auktion an und könnten somit den weiteren Ausbau des LTE-Netzes verzögern. Mit LTE sollen entlegene Gebiete besser mit Internet versorgt werden. Die Republik Österreich hat bei der Versteigerung von Mobilfunk-Frequenzen 2,014 Milliarden Euro erlöst – das ist knapp viermal so viel wie das Mindestgebot von 526 Millionen Euro. Die Telekom Austria (A1) bezahlt 1,03 Milliarden Euro, T-Mobile 654 Millionen Euro und Hutchison 330 Millionen Euro.

T-Mobile Austria und Drei legen nun gegen das milliardenschwere Ergebnis der Frequenzauktion Beschwerde ein. Die wesentlichen Gründe für die Beschwerde sind laut T-Mobile-Chef Andreas Bierwirth eine intransparente Auktionsgestaltung, die zu überzogenen und dem Marktwert nicht entsprechenden Preisen führte, schwerwiegende Verfahrensmängel vor und während der Auktion, sowie die Beschneidung existierender Nutzungsrechte für T-Mobile-Frequenzen durch die Neuvergabe.
 
Das Ziel der Beschwerde sei es, rasch zu einer Neuauflage der Auktion unter geordneten und fairen Bedingungen zu kommen. „Obwohl wir für T-Mobile die optimalen Frequenzen ersteigert haben, gehen wir das Risiko einer neuen Auktion ein. Denn die Folgen dieser Rekordpreise ­wären mittelfristig höhere Endverbraucherpreise und die Gefährdung von Arbeitsplätzen in der ganzen Branche“, begründet Bierwirth diesen Schritt.

UNVERANTWORTLICH
Drei wird beim Verwaltungsgerichtshof und Verfassungsgerichtshof Beschwerde gegen den Frequenzzuteilungsbescheid aus der Multibandauktion 2013 einbringen. Gleichzeitig wird Drei aufschiebende ­Wirkung bis zur Entscheidung der Höchstgerichte beantragen, da die Zahlungen für die Frequenzen eigentlich mit ­Zustellung der Bescheide fällig wären. „Das Auktionsverfahren war formal und inhaltlich rechtswidrig. Drei wurde dadurch beträchtlich geschädigt. Das einfach hinzunehmen, wäre unverantwortlich. Unsere Beschwerde gegen die Frequenzvergabe ist daher ein zwingender Schritt im Interesse unseres Eigentümers, unserer Mitarbeiter und unserer Kunden“, erklärt Drei-CEO Jan Trionow. Er geht davon aus, dass „schwere Verfahrensmängel“ zu einer Aufhebung des Frequenzzuteilungs­bescheides führen werden.

Bereits während der Auktion hat Drei ­eigenen Angaben zufolge wiederholt Anträge auf Abbruch des Verfahrens gestellt. Von Beginn weg wäre die Multiband-Auktion durch eine intransparente Verfahrensordnung und ein unverhältnismäßiges Auktionsdesign extrem auf Erlösmaximierung ausgerichtet gewesen und hätte damit gegen die Vorgaben des Telekommunikationsgesetzes verstoßen, so Trionow. Zudem habe die Telekom-Control-Kommission (TKK) die Transparenzregel ­während der Auktion „unzulässig und diskriminierend geändert“. „Unserem Eindruck nach hat der Regulator im Laufe des Verfahrens seinen Fehler erkannt, im Versuch den Fehler zu korrigieren, aber alles noch schlimmer gemacht“, beschreibt Jan Trionow den Auktionsverlauf. Außerdem wurden mit der Multibandauktion einige Frequenzpakete zur Nutzung per 1. Jänner 2018 versteigert, obwohl Betreiber für ­diese Pakete bei früheren Auktionen Nutzungsrechte bis zum Ende des Jahres 2019 erworben hatten. Das stelle eine materielle Enteignung dar und führe außerdem zu einer Rechtsunsicherheit für alle Anbieter, so Drei in einer Aussendung.

TEUERSTE AUKTION IN EUROPA
Schon kurz nach Bekanntgabe der Er­gebnisse war von allen drei Bietern zu hören, dass sie das Gefühl haben, zu viel bezahlt zu haben. Sie warfen den Verantwortlichen damit „Erlösmaximierung jenseits jeder wirtschaftlichen Vernunft“ vor. Die Summe entspreche 75 Prozent des Jahresumsatzes der drei Anbieter. Im viel größeren Markt Deutschland mussten die Bieter „nur“ vier Milliarden Euro hinblättern. International verglichen seien die Frequenzen in Österreich am teuersten, und gleichzeitig die Kunden-Tarife am niedrigsten. Der Erlös entspricht einem Durchschnittspreis von 85 Cent je MHz-Frequenzband und Einwohner. Der Kaufpreis von insgesamt zwei Milliarden Euro sei für die Branche eine „Katastrophe“, sagte T-Mobile-Chef Bierwirth, und weiter: „Die Frequenzen wären nur 400 bis 700 Millionen Euro wert.“ Telekom-Regulator Georg Serentschy kommentierte: „Es ist höher als das, was wir erwartet haben und auch intern geschätzt haben.“ Dass die Frequenzauktion einen so hohen Erlös für den Staat erbracht hat und damit für die Bieter recht teuer ausgegangen ist, ­haben die Bieter nur sich selbst zuzuschreiben, so Serentschy. „Der Grund dafür war primär das sehr, sehr offensive Verhalten, dass die Betreiber vom Anfang bis zum Ende durchgezogen haben.“ Dieses offensive Verhalten habe einerseits aus dem Wunsch resultiert, sich ein möglichst großes Stück des Frequenzkuchens zu ­sichern, andererseits hätten die Bieter auch gleichzeitig ihre Mitbewerber schädigen wollen.

MASSIVE VORWÜRFE
Laut T-Mobile war ein „zentraler, preis­treibender Mangel“ der Auktion, dass es jedem Teilnehmer möglich war, bis zu 50 Prozent aller Frequenzen zu ersteigern. Damit hätten zwei Bieter, die jeweils für die Hälfte des Spektrums erwerben wollten, mit entsprechenden Geboten den dritten Bieter aus dem Bietverfahren drängen können. Mangels Frequenzen hätte der unterlegene Bieter innerhalb weniger ­Jahre so seine Geschäftsbasis verloren. Dies ­nötigte alle Unternehmen dazu, zum Schutz ihrer bisherigen Investitionen in Österreich Gebote bis zur Höhe des Unternehmenswerts abzugeben, und nicht nur für den angemessenen Marktwert der ­jeweiligen Frequenzen, wie es das Telekommunikationsgesetz (TKG) vorsieht. Den via Medien erhobenen Vorwurf von Bierwirth, der von „Erpressung über den Fortbestand des Unternehmens“ gesprochen hatte und die Darstellung, dass T-Mobile bei der Auktion beinahe ganz leer ausgegangen wäre, wies Serentschy zurück. „Ein Zwei-Bieter-Ergebnis hätten wir nicht zugelassen“, betonte Serentschy, das habe er allen drei CEO auch vor der Auktion deutlich gesagt. „Dass man sich vorstellt, dass wir zulassen würden, dass ein Bieter bei der Auktion rausfliegt, ist ganz einfach weltfremd.“ Es sei wohl jedem klar, dass ein solches Ergebnis nicht akzeptiert werden könnte und gesetzeswidrig, jedenfalls aber wettbewerbswidrig wäre und die Auktion wiederholt werden müsste, betonte der Regulator. Laut T-Mobile gab es ­allerdings keine Auskunft der Behörde darüber, ob der Auktionator ein K.O. verhindern oder wie er im Falle eines K.O. weiter verfahren würde. Tatsächlich seien T-­Mobile und Drei nur sehr knapp einem Knockout während der Auktion entgangen. Bierwirth rechnet mit einer Verfahrensdauer bei den Höchstgerichten von rund zwei Jahren. „Ziel ist eine Neuauflage der Auktion unter fairen Bedingungen.“ Natürlich sei dies mit dem Risiko verbunden, dann nicht mehr die gewünschten Frequenzen zu erhalten. Denn damit sei er an sich zufrieden.

AUFSCHIEBENDE WIRKUNG
Ungeachtet möglicher Beschwerden müssten die Gebühren für die Frequenzen innerhalb von vier Wochen bezahlt werden. Aufgrund der großen wirtschaftlichen Auswirkung einer solchen Zahlung wird T-Mobile beim Verwaltungsgerichtshof eine aufschiebende Wirkung beantragen. Sollte kein Aufschub gewährt werden, werde man versuchen eine Teilzahlung mit der Republik zu vereinbaren, so Bierwirth weiter. Die Telekom Austria finanziert den teuren Auktionserfolg mit einer Anleihe über 750 Millionen Euro. Die Frequenzen kosten dem Unternehmen eine Milliarde Euro. (cb)


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