Tirol eignet sind nicht nur gut zum Skifahren, sondern bietet sich aufgrund der kühlen Temperaturen auch als Rechenzentrumsstandort an. Darüber hinaus schaffen lokale Rechenzentren Vertrauen in Sachen Cloud. [...]
Gerade wenn es um die Nutzung von Cloud-Services geht, spielen in Österreich lokale Rechenzentren vor Ort ein wichtige Rolle. So auch in Tirol. „Wenn ein Staat wie die USA im Rahmen des Patriot Act offen zum Ausdruck bringt, dass Privatsphäre bzw. die Geheimhaltung von Firmendaten zwar zu schützen sind, aber eben nicht vor den USA selbst, dann braucht es innovative Lösungen wie die Tirol Cloud, die gleiche Performance liefert, aber einen ganz anderen Sicherheitslevel bietet“, bringt es Christoph Holz, UBIT-Obmann in Tirol, gegenüber der COMPUTERWELT auf den Punkt. „Nicht nur weil die Daten verschlüsselt sind, sondern weil sie auch in Tirol liegen. Im allerschlimmsten Fall fahren Sie dann zum Rechenzentrum, schrauben den Server auf und holen sich die Festplatte mit Ihren Daten heraus.“ Das geht bei US-Anbietern nicht.
Dazu braucht es natürlich regionale Anbieter von Rechenzentrumsdienstleistungen und damit regionale Rechenzentren. Gerade Tirol ist Holz zufolge als Rechenzentrumsstandort gut geeignet, weil es in Tirol von Haus aus ein bisschen kühler ist als in anderen Regionen. „Ich arbeite noch an der Idee, bei uns in den Tiroler Gletschern Cloud-Computing-Center zu installieren. Vielleicht können wir Google von dieser Idee überzeugen.“ Denn das Hauptproblem bei großen Rechenzentren sei ja bekanntermaßen die Kühlung und die ließe sich in Tirol mit relativ wenig Energieverschwendung bewerkstelligen. Daher der Aufruf von Holz an Google und andere Betreiber von Rechenzentren: „Kommt nach Tirol, weil hier ist die Kühlung auf natürliche Weise möglich.“
Die kühlen Gletscher sind jedoch nicht das einzige Argument, das für den Rechenzentrumsstandort Tirol spricht. „Unser wichtigstes Asset sind qualifizierte Mitarbeiter“, erklärt Bernd Geiger, Mitglied der Geschäftsführung der Allgemeines Rechenzentrum GmbH (ARZ), die an den Standorten Innsbruck und Hall Rechenzentren betreibt. „Wir gehören in Tirol zu den attraktivsten Arbeitgebern im IT-Bereich und daher bekommen wir Mitarbeiter auch in der Qualität, in der wir sie brauchen. So gesehen ist Tirol ein sehr guter Rechenzentrumsstandort.“
Das Argument Regionalität, also Rechenzentren in Tirol zu betreiben, hält Geiger dagegen für nicht so entscheidend. „Wo das Rechenzentrum genau steht, ist für unsere Kunden völlig irrelevant. Die Leistung, die Qualität und der Preis müssen stimmen. Aber ob die Server in Innsbruck oder in Wien stehen, ist zweitrangig.“
STANDORTFRAGE
Ganz egal ist die Standortfrage aber doch nicht. Das ARZ entwickelt und betreibt in Form von Managed Private Clouds Kernbankensysteme für Hypo, Privat- und Volksbanken und zählt auch die Tirol Kliniken zu seinen Kunden. Es geht also um durchwegs sehr sensible Daten und auch wenn den ARZ-Kunden der Standort innerhalb Österreichs egal ist, so ist es doch wichtig, dass die Daten in Österreich bleiben. „Das Thema Datensicherheit ist eines der großen Assets in Österreich“, sagt Geiger. „Wenn man sich ansieht, wie andere Länder mit Daten bzw. mit Datenabkommen umgehen, dann ist schnell klar, warum es gerade für Banken extrem wichtig ist, dass Kundendaten nicht in einer Public-Cloud-Lösung hängen.“ Es wäre aus technischer Sicht problemlos möglich, die Systeme von Amerika aus zu betreiben, sofern die Leitungen dick genug sind. Das dortige Datenschutzniveau ist jedoch mit dem österreichischen Rechtsrahmen nicht vergleichbar und daher „legen Banken großen Wert darauf, dass die Daten in Österreich bleiben“.
Für Brennercom ist dagegen auch die Regionalität ein ganz entscheidendes Argument. Das Unternehmen betreibt Rechenzentren in Innsbruck, Bozen und Trient. Zum Angebot gehören einerseits Infrastructure-as-a-Service-Dienste für Kunden aus dem KMU-Bereich und andererseits fungiert Brennercom auch als Provider mit eigenen Leitungen. „Mit einem eigenen Rechenzentrum vor Ort zu sein, spielt für unser Geschäft eine sehr wichtige Rolle“, erklärt Roland Oberdanner, IT Solution Sales Expert Cloud bei Brennercom Tirol, im Gespräch mit der COMPUTERWELT. „Schließlich geht es um Vertrauen und Vertrauen ist im Gegensatz zur Meinung mancher Techniker etwas Emotionales und nicht etwas Technisches.“ Man könne einem Kunden hundert Mal die Technik erklären und auch mit Tests und Zertifikaten belegen, dass man in der Lage sei, mit seinen Daten sicher umzugehen. Wichtig sei die Vertrauensbasis. „Und es ist nun einmal so, dass sich Vertrauen innerhalb der gleichen Kulturgruppe generell einfacher erzielen lässt. Steht das Rechenzentrum in Amsterdam oder in Dublin, wie beispielsweise bei Microsoft, ist das schon wesentlich schwieriger. Bei uns kann jeder Kunde bis hin zu unserem CTO alle Mitarbeiter persönlich kennenlernen und sich auch das Rechenzentrum anschauen – ein Angebot, das übrigens gerne genutzt wird.“ Nachsatz: „Es ist alles transparent und das schafft letztendlich Vertrauen.“
Neben der emotionalen Komponente Vertrauen spielt jedoch beim Thema Regionalität auch die Technik eine Rolle. Denn jedes Cloud-Service steht und fällt mit der Leitungsperformance. „Das Netzwerk macht die Cloud und gerade in hybriden Umgebungen brauche ich eine hochwertige Netzwerkverbindung zwischen dem Standort des Kunden und dem Cloud-Rechenzentrum“, erklärt Oberdanner. „Eine solche Verbindung kann ich zwischen Dublin und Kitzbühel nicht zu einem vernünftigen Preis gut herstellen. Das lässt sich zwar machen, aber es muss ja auch der Preis stimmen.“ Brennercom könne dagegen mit dem Rechenzentrum in Innsbruck und dem eigenen Backbone in Tirol alle größeren Gewerbegebiete zu attraktiven Netzwerkpreisen erreichen. „Darin liegt aktuell durchaus noch eine große Stärke der Regionalität.“ (oli)
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