Obwohl ein Gutteil der Konsumenten in Österreich das Internet für Kaufentscheidungen nutzt, hinken heimische Unternehmen beim Thema Digitalisierung hinterher. Der Fachverband UBIT sieht Nachholbedarf. [...]
Eine jüngst von Arthur D. Little veröffentlichte Studie zeigt, dass die Konsumenten für Kaufentscheidungen fast zu 100 Prozent das Internet nutzen. Die Unternehmen in Österreich hinken laut Arthur D. Little (ADL) diesem Fakt allerdings hinterher. Nur 47 Prozent der Unternehmer können sich demnach unter Industrie 4.0 etwas vorstellen. „Die Digitalisierung bringt für Österreich eine neue Dynamik und ist bedeutender Faktor für die Zukunft“, kommentiert Alfred Harl, Obmann des Fachverbandes UBIT, die Studie. „Es fehlt an einem gemeinsamen Bild und es fehlt an Bewusstsein.“
Fast 20 Prozent der Unternehmen sehen in der Digitalisierung nur einen Hype, der wieder vorbeigeht. Nur 16 Prozent der Unternehmen in Österreich sind auf Social-Media-Plattformen aktiv. „Im Vergleich zu 63 Prozent in den Niederlanden oder Schweden mit 54 Prozent sind das erschreckend niedrige Zahlen, die bestätigen, dass Österreich großen Aufholbedarf hat“, so Harl. Auch Karim Taga von ADL warnt: „Es gibt einen massiven Gap zwischen dem Nutzungsverhalten der Österreicher und dem digitalen Angebot der österreichischen Unternehmen“. Dieser Gap bringe Wettbewerbsnachteile und führe zu Kaufkraftabfluss und das sei standortgefährdend. „Diesen Gap zu schließen ist eine bedeutende Aufgabe.“
Da sich die Kunden und vor allem das Kaufverhalten der Kunden massiv verändern, müssten es Österreichs Unternehmen schaffen, ihre Kunden dort zu bedienen, wo sie kaufen wollen. „Schon heute wird viel Wertschöpfung nicht mehr im Inland, sondern im Ausland generiert, Amazon oder Zalando sind dazu nur zwei Beispiele“, so Harl. Gezielte Maßnahmen seine demnach notwendig, damit österreichische Klein- und Mittelunternehmen die Transformation ins digitale Zeitalter erfolgreich meistern und die Lücke zu anderen Ländern schließen. Neben Aufklärung und Bewusstseinsschaffung sei es wichtig, Kapital für Investitionen in F&E und neue Technologien wie Big Data oder Cloud Computing bereitzustellen. Auch die Unternehmenskulturen müssten sich transformieren. Die digitale Welt stellt laut Harl neue Anforderungen an die Ausgestaltung von Mitarbeitermobilität, Arbeitsplätzen und Arbeitszeitmodellen. „Interne Strukturen und Prozesse müssen angepasst und optimiert werden und auch das Personalmanagement bedarf einer Adaptierung. Neue Wege brauchen neue Köpfe, Skills und Fähigkeiten. Jetzt muss etwas passieren, wir müssen jetzt etwas tun. Wenn wir jetzt den richtigen Zeitpunkt verschlafen, werden viele KMU verschwinden. Das kann der Wirtschaftsstandort Österreich langfristig nicht verkraften“, so Harl.
DEUTSCHLAND IST WEIT VORAUS
Deutschland sei Österreich bei der Digitalisierung drei Schritte voraus, meint dazu Lars Riegel von ADL. Das Marktvolumen der IKT-Branche betrug dort im Jahr 2015 bereits 73 Milliarden Euro. Zwar ist sie damit noch deutlich kleiner als die großen Branchen des deutschen Marktes, wie zum Beispiel die Automobilindustrie mit ca. 260 Milliarden Euro, aber die enormen Wachstumsraten lassen erahnen, wo es hingehen kann. Die Internetwirtschaft verzeichnete im Jahr 2015 ein Wachstum von zwölf Prozent. Entwickeln sich die aktuellen Wachstumszahlen der Branche über die nächsten Jahre weiterhin kontinuierlich, so würde die Internetwirtschaft im Jahr 2028 die Automobilbranche überholen.
„Man spricht immer von Arbeitsplätzen, die durch die Digitalisierung verloren gehen werden. Was oft vergessen wird, sind jene Arbeitsplätze, die durch das starke Wachstum der Branche geschaffen werden. Die Prognose liegt hier bei über acht Prozent Beschäftigungszuwachs“, so Riegel. Bei einer aktuellen Beschäftigungszahl von ungefähr 243.000 sollen somit knapp 100.000 neue Arbeitsplätze bis 2019 geschaffen werden. (cb)
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