Wissen Sie wie hoch der Anteil an CO2-Emissionen im gesamten Lebenszyklus eines Smartphones ist? Die Antwort darauf, und wie Unternehmen zwischen Digitalisierungsdruck und gesetzlich geforderter Nachhaltigkeit ressourcen- und kostenschonend wirtschaften, lesen Sie in diesem Artikel. [...]
2019 vorgestellt, 2021 in Kraft getreten, zeigt sich der europäische Green Deal als höchst vorausschauende Akt der EU gegen den Klimawandel, insbesondere in Zeiten wo dessen Auswirkungen immer ersichtlicher werden. Mit einem Bündel an Maßnahmen bestehend aus einer Bepreisung von CO2, strengen Emmissionssenkungszielen, Hinwendung zu erneuerbarer Energie und einer überarbeiteten Energiebesteuerungsrichtlinie soll die EU bis 2050 klimaneutral sein und bis 2030 die Netto-Treibhausgasemissionen um mindestens 55 Prozent gegenüber dem Stand von 1990 senken. Es war sicher eines der ehrgeizigsten Projekte, das EU-Präsidentin Ursula von der Leyen auf den Weg gebracht hat. Der Finanzrahmen dazu erstreckt sich von 2021 bis 2027, ein Drittel der im Aufbauplan NextGeneration EU veranschlagten Investitionen von 1,8 Billionen Euro dient der Finanzierung des Green Deal.
Doch der Klimawandel ist nicht mehr die einzige treibende Kraft für den Green Deal. Nach dem Einmarsch Russlands in die Ukraine im Februar 2022 kann eine Hinwendung zu nachhaltiger Wirtschaft nicht nur helfen, die CO2-Emissionen zu reduzieren, sondern auch dabei, sich von immer unzuverlässiger werdenden Energielieferketten unabhängig zu machen.
Der Clou dabei ist: Mit der Entwicklung durchdachter Nachhaltigkeitsstrategien und der Umsetzung von Kreislaufwirtschaft können Unternehmen enorme wirtschaftliche Vorteile erzielen. Jedoch ist das Bewusstsein und Wissen dafür noch nicht sehr ausgeprägt, wie die gemeinsam von CHG-Meridian mit dem Marktforschungsinstitut Civey durchgeführte Umfrage »Pulse Check 2023: Green-IT« ergeben hat. Dabei wurden 1.000 IT-Entscheider und -Entscheiderinnen in deutschen Unternehmen befragt – die Lage in Österreich wird wohl ähnlich sein. Laut der Umfrage gebe es zwar in vielen Unternehmen bereits eine Nachhaltigkeitsstrategie, aber das Potenzial wirkungsvoller Maßnahmen wie Green IT habe die Hälfte der Unternehmen noch nicht erkannt. So sehen nur rund 30 Prozent der IT-Experten und -Expertinnen in Green IT auf Basis einer Kreislaufwirtschaft schon einen Mehrwert. Einen Grund dafür sieht CHG-Meridian darin, dass nur jeder Fünfte den Anteil der CO2-Emissionen kennt, den die Herstellung von IT-Geräten ausmacht. Dieser Anteil – und das ist die Antwort auf die eingangs gestellte Frage – beträgt gemessen am gesamten Lebenszyklus der Geräte 75 Prozent!
Hier sei Aufklärung gefragt, sagt Mathias Wagner, CEO von CHG-Meridian, und weist auf eine Studie hin, die CHG-Meridian mit dem unabhängigen belgischen VITO-Institut durchgeführt hat. Darin belegte man bereits vor zwei Jahren, dass durch die Nutzung und Wiedernutzung eines IT-Geräts im Vergleich zum Neukauf drei Viertel der Emissionen eingespart werden können.
Wozu Nachhaltigkeit?
Aus Sicht der im „Pulse Check 2023: Green-IT“ befragten IT-Experten und -Expertinnen müssten sich Nachhaltigkeitsinitiativen vor allem wirtschaftlich rechnen. So gaben 37,2 Prozent der Befragten an, dass die »Reduktion von Betriebskosten« für sie der wichtigste Gund sei, Nachhaltigekeitsprojekte voranzutreiben. Danach folgen mit „Sicherung langfristiger Geschäftsfähigkeit“ (35,5 Prozent) die Wettbewerbsfähigkeit und mit „Gesetzlichen Anforderungen und Regulationen“ (29 Prozent) die Einhaltung von Compliance-Vorgaben. Auch bei der IT-Hardwarebeschaffung ist gemäß der Umfrage Wirtschaftlichkeit gefragt.
Damit ergibt sich eine gegenwärtige Ausgangslage, die trotz des fortschreitenden Klimawandels und steigender regulatorischer Anforderungen eine Unternehmenslandschaft zeigt, in der mehr als 20 Prozent der befragten Unternehmen angeben, noch keine Nachhaltigkeitsstrategie zu haben. Und falls es doch eine gibt, dann wird nur in einem Viertel (24,3 Prozent) davon nachhaltige IT-Hardwarebeschaffung berücksichtigt. Diese Lage werde sich nach Angaben der Unternehmen auch in den kommenden ein bis drei Jahren bei weniger als der Hälfte der Unternehmen ändern.
Mathias Wagner betont, dass sich Nachhaltigkeit und Wirtschaftlichkeit nicht ausschließen müssen: „Für Bereiche wie nachhaltige IT-Hardwarebeschaffung können Nutzungsmodelle wie Leasing, Miete oder ›as-a-Service‹, anstelle von Kaufmodellen die Kapitalbindung senken und dabei CO2-Emissionen einsparen.“
Nutzungsmodelle statt klassicher Kauf
Unternehmen sehen sich gegenwärtig zwei großen Herausforderungen gegenüber: einerseits müssen sie die Digitalisierung vorantreiben, um wettbewerbsfähig zu bleiben, andererseits werden sie per Gesetzgebung zu mehr Nachhaltigkeit aufgefordert. So ist in der EU am 5. Jänner 2023 die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) in Kraft getreten, die mit 6. Juli 2024 in nationales Recht umzusetzen war. Diese schreibt Großunternehmen und börsennotierten Klein- und Mittelunternehmen vor, über Nachhaltigkeit zu berichten. Das Gesetz ist ein weiterer Schritt des bereits 2020 von der EU-Kommission verabschiedeten Circular Economy Action Plan (CEAP), der den Übergang der Union zu einer Kreislaufwirtschaft vorsieht, um so die definierten Klimaziele zu erreichen.
Da eine zunehmende Ressourcenknappheit sowie unzuverlässige Lieferketten die Situation für die Unternehmen noch zusätzlich erschweren, sieht Mathias Wagner Green IT auf Basis zirkulärer Nutzungsmodelle definitiv als Lösung.
Anstatt IT-Hardware klassisch zu kaufen werden hierbei, so Wagner, flexibles Leasing oder Miete mit drei einfachen Prinzipien der Kreislaufwirtschaft kombiniert: Reduce, Renew, Refurbish.
Reduce – nur kaufen, was wirklich benötigt wird: Wird die herkömmliche Beschaffung, bei der das Unternehmen IT-Hardware kauft und dann als Eigentümer fungiert, durch Miet-, Leasing oder DaaS-Modelle (DaaS = Device-as-a-Service) ersetzt, können sowohl Ressourcen als auch Kosten gespart werden. Statt IT-Geräte in großen Mengen einzukaufen, wird über den Leasing-Dienstleister jeweils nur das geordert, was aktuell tatsächlich gebraucht wird. Mathias Wagner betont, dass ein solches Umdenken in Richtung »nutzen statt besitzen« wichtig sei, „denn Unternehmen laufen sonst Gefahr, nachhaltige Zukunftsinvestitionen aufgrund des Kostendrucks zu verpassen“. So wird mit flexiblen Nutzungsmodellen für IT-Systeme die Liquidität der Unternehmen gesichert.
Renew – klimafreundliche Nutzung: Es ist nicht einfach: einerseits werden zu lange in Betrieb befindliche IT-Geräte mit der Zeit zu ineffizienten Energiefressern. Andererseits beeinträchtigt ein zu häufiger Austausch die Nachhaltigkeitsbilanz und verursacht zudem zusätzliche Kosten. Für IT-Verantwortliche gilt es hier eine Balance zwischen langer Einsatzdauer und Effizienz der Geräte zu finden. Auch hier gilt, so Wagner: „Nutzungsmodelle ermöglichen einen optimalen Austauschzyklus für Geräte wie Notebooks und Smartphones, die etwa alle 36 beziehungsweise 18 Monate ausgewechselt werden sollten.“
Refurbish – generalüberholter Hardware-Mix: Bereits 2021 ergab eine Studie des deutschen Digitalverbands Bitkom, dass 57 Prozent der Konsumenten mehr als drei ausrangierte Smartphones oder Handys zu Hause aufbewahren beziehungsweise zwei von drei ausrangierten Handys in Schubladen verstauben. In Österreich werden laut Mobilfunkprovider A1 pro Jahr rund drei Millionen Handys gekauft, jedoch nur 500.000 an Sammelstellen zurückgegeben. Die meisten Handys beziehungsweise Smartphones werden oft nur 18 bis 24 Monate genutzt. A1 schätzt, dass an die 10 Millionen Handys ungenutzt in Österreichs Wohnungen oder Kellern herumliegen. Diese könnten mittels Wiederaufbereitung (englisch: Refurbishment) einem zweiten Nutzungszyklus zugeführt werden und auf diese Weise helfen, CO2, Elektroschrott und Kosten zu sparen. So könnten Unternehmen auf einen Mix aus neuen und generalüberholten beziehungsweise refurbished Geräten setzen. Das müssen natürlich nicht nur Smartphones sein – auch Notebooks, PCs oder andere IT-Hardware kommen dafür in Frage. Der Ausgleich zwischen langer Einsatzdauer und der mit der Zeit sinkenden Effizienz der Geräte könne dabei in Nutzungsmodellen optimal gemanaged werden, erklärt Wagner. So leisteten beispielweise aufbereitete Laptops noch lange wertvolle Dienste, wenn die Geräte in zusätzlichen Nutzungszyklen passend zum Bedarf und umweltgerecht eingesetzt werden.
Der Markt ist riesig: Allein CHG-Meridian hat im Jahr 2023 924.000 IT-Geräte wiederaufbereitet und einer zweiten Nutzung zugeführt. „Das ist ein Gerät alle 35 Sekunden“, verdeutlicht Mathias Wagner diese Zahl. Da refurbished Geräte nicht nur für Unternehmen, sondern auch für Endanwender eine immer öfter genutzte Alternative zum klassischen Kauf darstellen, tummeln sich hier bereits dementsprechende viele Anbieter: neben CHG, sind das beispielsweise das weltweit tätige und aus Frankreich stammende Unternehmen Backmarket (www.backmarket.at) oder der österreichische Refurbished-Spezialist mit dem treffenden Namen Refurbed (www.refurbed.at). Bei dem in Wien beheimateten Unternehmen läuft das Geschäft so gut, dass man bereits in elf europäische Länder expandiert hat.
Verantwortungsbewusst und nachhaltig digitalisieren
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Nachhaltigkeitskonzepte und zirkuläre Nutzungsmodelle einen Vorteil für Unternehmen jeder Größe darstellen, indem sie für eine berechenbarere Flexibilität bei der Beschaffung von IT-Hardware sorgen und damit den Kostendruck senken. Gleichzeitig helfen sie den rechtlichen Vorgaben zu entsprechen, CO2-Emissionen einzusparen und die gesellschaftliche Verantwortung der Unternehmen künftiger Generationen gegenüber bewusst wahrzunehmen.
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