Die Rekrutierung von neuen Mitarbeitern wird vielfältiger. Einerseits haben die Unternehmen mehr Möglichkeiten, sich einen umfassenden Überblick über Bewerber zu verschaffen, andererseits müssen sie bei der Bewerberansprache auch neue Wege gehen. [...]
Typische Schieflage: Die Top-500-Unternehmen Österreichs rechnen für das heurige Jahr mit einer Vielzahl offener Stellen, jedoch erwartet nur ein Viertel einen Zuwachs der Belegschaft, wie das Center of Human Resources & Informations Systems (CHRIS) der Universitäten Bamberg und Frankfurt/Main im Auftrag von Monster herausgefunden hat. Vor allem im Vergleich zum Vorjahr sinkt die Anzahl der Unternehmen, die die aktuelle Geschäftsentwicklung als gut einstufen um fast ein Drittel. 47,6 Prozent erwarten eine gute Geschäftsentwicklung, 49,5 Prozent gehen von einer ausgeglichenen Entwicklung aus und 2,9 Prozent von einer schlechten.
Die Top-5-Liste der internen Herausforderungen für die Unternehmen ist im Vergleich zum Vorjahr unverändert: Hier werden Mitarbeiterbindung, internes Arbeitgeber-Image, Employer Brand, Know your Talent und die Sichtbarkeit genannt. Demographischer Wandel, Facharbeitermangel, aber auch die Wirtschafts- und Eurokrise sind die wichtigsten externen Entwicklungen, die die Personalarbeit in den nächsten Jahren beeinflussen werden. Um diesen Situationen entgegenzuwirken, haben 31 Prozent der Unternehmen ihr Rekrutierungsbudget trotz schlechterer Wirtschaftslage erhöht.
Laut Monster ist – wenig überraschend – das Internet inzwischen der wichtigste Rekrutierungskanal. 82,5 Prozent der vakanten Stellen werden auf der eigenen Unternehmens-Webseite veröffentlicht. Für 68,2 Prozent aller Stellenanzeigen nutzten Unternehmen Online-Karriereportale. Rückläufig ist die Verwendung von Printmedien und des Arbeitsmarktservices (AMS). Auch die meisten Neueinstellungen entfallen mit 70,6 Prozent auf eine Internet-Stellenanzeige.
Das Internet dient aber vor allem auch als Informationsquelle über Bewerber: Zehn Prozent mehr Personalverantwortliche österreichischer Unternehmen ab 25 Mitarbeitern als letztes Jahr informieren sich heuer zumindest gelegentlich im Internet über Bewerber. »Der Trend geht mehr und mehr dahin, Bewerber zu googeln und bei einem negativen Rechercheergebnis nicht einzustellen«, sagt Ulli Röhsner von Makam Market Research. So gab 2011 jedes zehnte Unternehmen an, einen Bewerber aufgrund der Onlinerecherche nicht eingestellt zu haben, 2012 war es bereits jedes achte. Bevor interessante Bewerber zum Gespräch eingeladen werden, suchen 24 Prozent der Personalverantwortlichen online nach zusätzlichen Informationen. Das ist um ein Drittel mehr als noch 2011. Vier von zehn Unternehmen haben sich noch nie im Internet über Bewerber informiert.
DIE TRENDS
Offenbar versuchen auch immer mehr Unternehmen, über Videospiele Mitarbeiter anzulocken, denn laut SHL gehören Spiele, soziale Netzwerke und andere innovative Online-Methoden zu einem zukunftsgerichteten Personalwesen. Der Trend Gamification bezeichnet dabei die Übertragung von Computerspielmethoden auf Prozesse, die auf den ersten Blick wenig mit Spielen zu tun haben. Durch Techniken wie Fortschrittsbalken, Ranglisten oder virtuelle Güter sollen Personen motiviert, quasi spielerisch angesprochen werden. »Als Personaldienstleister sehen wir weltweit immer mehr Unternehmen und Organisationen aller Größenordnungen, die ihre Rekrutierungsprozesse zum Bestandteil ihrer allgemeinen Aussendarstellung und Kundenansprache machen«, erklärt Oliver Barth, Managing Director Central Europe bei SHL. HR-Abteilungen würden damit deutlich enger als früher mit ihren Kollegen aus Marketing und Branding zusammenarbeiten, um Einheitlichkeit zu erreichen. »Indem sie Interessenten realitätsnahe Jobbeschreibungen an die Hand geben, diese mit fundierten Fakten unterlegen und sogar Filmszenen, Animationen oder Spielsequenzen einbauen, erhalten Bewerber eine umfassende und vor allem ansprechende Vorstellung von dem, was in der Stelle verlangt wird. Eine durchdachte, pro-aktive und auch spielerische Online-Rekrutierung spart Personalern viel Zeit«, sagt Oliver Barth weiter. Auf Nachfrage der COMPUTERWELT ist Barth allerdings »derzeit kein Unternehmen aus dem IT-Bereich bekannt, dass Gamification nutzt – so auch nicht im österreichischen Raum.«
Die Hype Group, spezialisiert auf Personalberatung für SAP-Partner, wiederum präsentiert Stellenangebote auf Youtube. Interessenten können sich auf dem Videoportal über Stellenangebote im internationalen SAP-Umfeld informieren. Kurze Videoclips stellen die offenen Positionen, wichtige Kennzahlen zu den künftigen Arbeitgebern sowie die Anforderungen an die Bewerber vor. »Mit der zusätzlichen Nutzung des Youtube-Kanals bieten wir SAP-Partnern einen Vorsprung im Wettbewerb um qualifizierte Fach- und Führungskräfte«, kommentiert Hype-Inhaber Frank Rechsteiner die Vorteile der crossmedialen Personalbeschaffung. Mit den Videoclips werden die Stellenanzeigen auf der Homepage der Hype Group visualisiert. »Die hohen Zugriffsraten zeigen, dass sich die Kandidaten von unseren neuen Recruiting-Videos angesprochen fühlen«, sagt Rechsteiner.
WOLKEN-RECRUITING
Cloud Computing hat auch vor den Personalabteilungen nicht Halt gemacht: Speziell das E-Recruiting in der Datenwolke setzt sich verstärkt durch. Der Personalberater Epunkt beispielsweise hat mit seiner Bewerbermanagementsoftware eRecruiter den zweiten Platz in der Kategorie Bestes Cloud-Service-Produkt bei den Eurocloud Österreich Awards belegt. Bereits jedes vierte Unternehmen nutzt Cloud-basierende Lösungen rund um Personal- und Finanzwesen sowie E-Commerce-Anwendungen, wenn es nach einer 2011 unter 570 Vorständen, Managern und IT-Entscheidern in Deutschland und 17 weiteren Ländern durchgeführte Avanade-Studie geht. Im HR-Bereich entscheiden sich die Unternehmen derzeit vor allem im Recruiting für Cloud-Anwendungen, während die Nutzung der Datenwolke für hochsensible Personaldaten noch vielerorts für Skepsis sorgt. (mi)
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