Was ist heute und in Zukunft möglich? Zehn ERP-Experten antworten. [...]
Christian Leopoldseder, Managing Director Austria, Asseco Solutions: „KI steht und fällt mit der Quantität und Qualität der verfügbaren Daten. Aber der Punkt ist: die Daten müssen bewertet bzw. interpretiert sein. Und wenn dies nicht gegeben ist, brauche ich auf den KI-Zug gar nicht erst aufspringen. KI im ERP-Kontext liefert bereits heute tolle Ergebnisse, etwa in der Lageroptimierung: Aus dem Datenpool ERP leiten wir über neuronale Netzte ab, wie sich der Verbrauch weiterentwickeln wird. Und wir geben dann einen Vorschlag, wie das System konfiguriert werden soll. Um noch ein wenig in die Zukunft zu schauen: In einigen Jahren erwarte ich mir, dass das ERP-System die Routinetätigkeiten abnimmt, mit denen jeder Mitarbeiter heute täglich zu tun hat. Dann kann sich der Mitarbeiter auf die komplexeren herausfordernden Fälle konzentrieren. Und bei der Benutzeroberfläche erwarte ich mir, dass sie sich an die Aufgabengebiete und Tätigkeiten des Benutzers automatisiert anpasst.“
Bernd Lessmann, Vertriebsleiter ams.erp Solution: „Wir haben Kunden, die Maschinen bauen oder Maschinen bei ihren Kunden in Betrieb haben. Wir analysieren die Maschinendaten, um Automatisierungsmöglichkeiten zu erkennen. Natürlich lernen wir diesbezüglich mit jedem Projekt dazu. Zusätzlich kooperieren wir mit der Universität Bremen, um unsere Lösungen gemeinsam mit den dortigen Informatikern und Experten konsequent weiterzuentwickeln.“
Markus Hauswirth, Head of PU SAP AT, T-Systems: „KI soll unterstützen und nicht bevormunden. Ich denke, die österreichische Industrie reüssiert am Weltmarkt sehr gut. Wir als T-Systems können die Unternehmen, gerade wenn es um neue Datenbanken mit der In-Memory Technologie geht, mit moderner IT unterstützen und auch im Betrieb beratend zur Seite stehen, sodass sich die Unternehmen auf ihre Core-Prozesse konzentrieren können. Hier müssen wir ihnen Vorschläge bringen, damit auch neue Ideen entstehen, eine effektive IT Landschaft aufzubauen.“
Michael T. Sander, Geschäftsführer proALPHA in Österreich und Ungarn: „Wenn heute zehn Menschen von KI sprechen, redet jeder von etwas anderem. Man sollte da zumindest präziser sagen, was man damit meint. Im Industriezusammenhang geht es heute darum, durch den Einsatz von neuronalen Netzwerken als Basis von Machine Learning z.B. gewonnene Echtzeitdaten aus einer Fertigung zu nutzen, um Maschinen anzulernen, Aufgaben besser zu machen, etwa Rüstzeiten und Stückzahlen zu optimieren. Es gibt auch Kundenbeispiele, wo die Systeme im vertikalen Umfeld hochdigitalisiert sind und gerade zu selbstlernenden und -optimierenden Expertensystemen weiter entwickelt werden. Da gibt es Potentiale in dem Bereich, wo Kunden gut daran tun, sich in diesen Bereichen zu vertiefen. Es gibt schon enorm viel, aber es wird flächendeckend noch nicht genutzt – das liegt aber vor allen an den nicht gemachten Hausübungen. Da gibt es in den Unternehmen noch keinen einzigen Prozess, der voll-digital läuft – das ist haarsträubend.“
Alexander Müllner-Gilli, Geschäftsführer SYCOR Österreich: „In der Produktion gibt es sicher sehr gute Möglichkeiten, KI Felder aufzutun, dort auch zu erfassen, speziell in der Lagerwirtschaft und Logistik, aber auch im proaktiven Service-B2B-Umfeld, im Vertrieb und Marketing Umfeld sowie im Fuhrparkmanagement. Es kommt immer auf die Datenmenge an, es kommt darauf an, die passenden Sensoren einzusetzen, die die Daten direkt ins ERP-System übertragen, und auch wo die Daten sicher liegen, etwa in einer Microsoft Cloud, einer SAP Cloud oder in einer eigenen Cloud.“
Thomas Schenk, Lead Business Developer SAP, Tieto Austria: „KI ist sicher das kommende Thema. Wir haben versucht, bei einem Projekt die Energieoptimierung bzw. -Effizienz bei Aggregaten mit KI zu berechnen und sind dann weiter dazu übergegangen, das auf ein ganzes Werk umzulegen. In der Papierindustrie etwa kann man mit Energieoptimierung sehr viel bewirken. Wenn man das wirklich in die Tat umsetzen will, dann müssen auch die Maschinen automatisch angesteuert werden können. Und da hapert es noch. Leider ist Vieles in der Theorie schon rechenbar, aber in der Praxis noch nicht umsetzbar. Unsere Empfehlung an die Kunden generell lautet daher, zu schauen: Was bietet mein ERP-Hersteller da in dem Bereich schon an, was out-of-the box mitkommt? Wir veranstalten jetzt auch Hackathons zum Thema Machine Learning für Kunden, um hier Ideen zu generieren – da kommt schon sehr viel. Bei der möglichen Umsetzung sollte man sich dann auf eine Plattform konzentrieren.“
Markus Neumayr, Geschäftsführer Ramsauer & Stürmer: „Heute geht es ganz klar immer mehr um Automatisierung und Effizienzsteigerung, etwa beim automatischen Erkennen von Beleg-Informationen. Ob das jetzt künstliche Intelligenz heißt oder eine Technologie definiert, die genau diese Möglichkeiten der Automatisierung bieten – das ist das Ziel. Und wenn wir das schaffen, dann ist ERP eine Basis im Unternehmen, die nie wegzudenken ist. Wir brauchen diesen Datensammlungsprozess als Basis. Der User nimmt die Themen dann an, wenn er sie interpretieren kann, und KI ist derzeit ein Thema, das er nicht interpretieren kann. KI kann uns derzeit vor allem Informationsvorschläge geben um dann den User entscheiden zu lassen: Kann es automatisiert verarbeitet werden oder nicht? Eine hundertprozentige fehlerfreie Rechnungserkennung, die eine völlig automatisierte Verarbeitung ermöglicht, gibt es noch nicht.“
Sabine Pfriemer-Zenz, Head of Sales Mittelstandskunden & Partnergeschäft, SAP Österreich: „Jedes Unternehmen verfügt über einen immensen Datenschatz und diese Daten, in unserer Terminologie der Digital Core, die sollte man auch nutzbar machen. Da geht es um sehr große Datenmengen und für diese Big Data Lakes braucht man die richtige Technologie zur Auswertung. Wenn man jetzt das Rechnungs-Beispiel heranzieht, stimme ich zu: Die hundertprozentige automatisierte Abdeckung haben wir noch nicht – aber wenn wir durch den Einsatz von Machine Learning immer wieder viele Daten analysieren und das System daraus lernt, dann wird dieser Abstand immer geringer. Und das ist das Ziel. Es geht nicht darum, menschliche Tätigkeiten komplett abzulösen, sondern es geht um Ergänzungen, um hier Mehrwerte zu schaffen. Da gibt es entlang der Supply Chain wunderbare Beispiele, wie der Einsatz von Conversational AI Chat-Bots. Wir bieten als Hersteller schon heute die richtige Werkzeugkiste an, um das möglich zu machen – da kann man den ganzen kreativen Ideen in den Unternehmen freien Lauf lassen.“
Oliver Krizek, Geschäftsführer NAVAX: „Ich glaube, dass dieses Thema KI ein hochindividuelles ist: Unsere Aufgabe ist daher, gemeinsam mit dem Kunden zu definieren: Was heißt das für sein Unternehmen, und was heißt es für seine Branche? Wir haben Kunden, z.B. in Oberösterreich, die sind hochautomatisiert. Ich glaube, das Ganze funktioniert nur dann, wenn die Mentalität des Kunden passt. Und auch die Investitionsbereitschaft: Automatisierung heißt Investition, in Personal und in Ideen, da muss eine Bereitschaft da sein.“
Josef Höckner, CTO Fujitsu: „Beim Thema KI ist uns besonders wichtig, dass der Nutzen für den Menschen im Vordergrund steht. Im Zusammenhang mit ERP lässt sich KI bereits heute vielfach einsetzen. Etwa für Optimierungen, wie wir Sie in unseren eigenen Fabriken und z.B. auch bei BMW für deren Produktionsstraßen mit dem Quantum-inspired Digital Annealer umsetzen dürfen bis hin zu Maschine und auch Deep Learning, die helfen können, Schritte in den Aufgaben zu erleichtern oder zu automatisieren, unterstützt von Technologie wie unserem Zinrai Deep Learning System. Erwähnen möchte ich auch unseren Explainable AI Ansatz, der Ergebnisse nachvollziehbar macht, das große Thema Robotic Prozess Automation sowie unterstützende Branchenlösungen in verschiedenen Industrien, Verwaltung und Gesundheitswesen. Besonders wichtig war uns auch schon immer der Umweltschutz: mithilfe von KI-Technologien lässt sich heute schon viel Energie einsparen.“
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