„Lassen uns den KMU-Markt nicht entgehen“

Der indische Großkonzern Wipro baut seine Aktivitäten in Europa aus und will auch in der DACH-Region verstärkt als Marke wahrgenommen werden. Der IT-Dienstleister möchte trotz Großkundenfokus das Portfolio auch an den Mittelstand anpassen. [...]

Wipro, ein indischer Dienstleister für IT, Beratung und Outsourcing mit weltweit über 150.000 Mitarbeitern, will sich in Europa stärker positionieren und hat dazu Clemens Weis zum Regional Director & General Manager für Deutschland, Österreich und die Schweiz berufen. Die COMPUTERWELT hat den Manager zwischen seinen Terminen mit potenziellen Country-Manager-Kanditaten in Wien zum Interview getroffen.

Wipro ist eines der großen IT-Unternehmen Indiens, aber in Europa als Marke noch eher unbekannt. Wie sieht ihre Strategie in der Region aus?
Wipro Technologies ist eines der weltweit führenden Unternehmen für Dienstleistungen in den Bereichen IT, Beratung und Outsourcing. Wir sind in allen Bereichen, die Engineering und Technologie angehen, tätig und bieten natürlich auch die klassischen Infrastruktur-Services wie Outsourcing an. Der Fokus von Wipro liegt darauf, dass wir beim Kunden durch den Einsatz von Technologie Kostenersparnisse erreichen, das ist für uns ganz wichtig. Die Region Europa wurde bisher global betreut und seit April 2014 gibt es nun die Region Continental Europe, zu der auch die DACH-Region gehört. Die Geschäftsverantwortung liegt nun in der Region und nicht mehr im globalen Büro. Das bedeutet, dass man schneller und flexibler agieren kann und wir näher an den Kunden in der Region dran sind. Gleichzeitig will Wipro stärker im Markt sichtbar werden und baut seine Aktivitäten dementsprechend umfassend aus.  

Auf welche Industriebereiche wird Wipro das Hauptaugenmerk legen?
Wir legen unseren Fokus auf die vier Industrien Maschinen- und Anlagenbau – Stichwort Industrie 4.0 –, Telekommunikation, den Finanzsektor und Retail. Gerade Österreich ist in diesen Bereichen ein interessanter Markt. Es gibt hier viele wichtige und interessante Kunden. Daher werden wir in den nächsten zwei, drei Jahren den Fokus darauf legen. Wir kommen aus dem Engineering-Bereich und wir verstehen viele Kundenprobleme, weil wir tief in der Technologie drinnen sind. Alle Schnittstellen brauchen immer mehr Software.

Wipro legt den Fokus eher auf das Großkundengeschäft. Österreich ist das Land der KMU. Wie geht das zusammen?
Wir haben im Telekommunikations- und im Industriebereich in Österreich bereits große Unternehmen als Kunden. Der Markt in der Region ist in den Bereichen, in denen wir uns bewegen, relativ homogen. Natürlich ist die Unternehmensgröße in Österreich etwas anders und von unserem Serviceportfolio sind natürlich die Großunternehmen interessant. Aber in der DACH-Region ist der Mittelstand der Motor der Industrie. 90 Prozent des Gesamtgeschäftes macht der Mittelstand und das werden wir uns nicht entgehen lassen. Wir passen unser Portfolio dementsprechend an. Und es wird die Aufgabe vom neuen Country Manager sein, die Augen und Ohren im Markt zu haben und zu definieren, was der Mittelstand hier braucht und was für ein Portfolio wir hier anbieten können.

Wie wollen Sie den Markt in der Region bearbeiten?
In Österreich werden wir den Markt ein bißchen aufsplitten, nämlich West- und Ostösterreich mit Wien. Wir werden uns sozusagen regional und lokal aufstellen. Der Westen erhält neben Wien zusätzlich Support aus Zürich. Das Headquarter der Region ist Frankfurt am Main und ich selber werde ebenfalls alle 14 Tage in Wien sein. In der gesamten DACH-Region sind derzeit rund 900 Mitarbeiter beschäftigt und 70 Prozent davon haben einen lokalen Pass. Den Kontakt zum Kunden hin möchten wir lokal besetzen, denn Sprache und Kultur sind sehr wichtige Faktoren.

Warum will Wipro gerade jetzt seine Position in Europa ausbauen?
Weil sich derzeit im Technologiebereich sehr viel tut und das unser Geschäft ist. Themen wie das Internet of Things lassen große Märkte entstehen und bieten viele Möglichkeiten für neue Geschäftsmodelle beziehungsweise stellen traditionelle Geschäftsmodelle auf den Kopf. In diesen Bereichen passiert viel Innovation. Nehmen Sie als Beispiel Unternehmen wie Uber oder früher Amazon. Die haben die Möglichkeiten der Technologie erkannt und ein Geschäftsmodell daraus entwickelt. Die Dinge sind immer stärker miteinander verknüpft und dadurch ergeben sich neue Möglichkeiten. Und wir sind führend dabei, diese Dinge zusammenzubringen. Die Möglichkeiten, die sich etwa aufgrund der Smartphonenutzung für den Retail ergeben, sind sehr groß. Wir arbeiten bereits mit den Retailern in der Region zusammen, ein Prototyp ist derzeit im Entstehen.

Wie unterscheiden Sie sich vom Mitbewerb?
Wir haben bei Engineering-Diensten ein Alleinstellungsmerkmal, denn den Einsatz von Technologieautomatisierung hat niemand sonst in dieser Art und Weise. Durch den sehr weit durchgreifenden Einsatz von Technologie können wir ganz spezielle Dienste zum Beispiel beim Testing anbieten. Und gegenüber den amerikansichen Mitbewerbern haben wir den Vorteil, das der FISA Court (Foreign Intelligence Surveillance Act, Anm.) bei uns keinen Durchgriff hat. Wenn zum Beispiel ein US-Unternehmen in Holland ein Rechenzentrum baut, könnte der FISA Court ein geheimes Urteil erlassen, welches das Unternehmen dazu verpflichtet, die Kundendaten der NSA zugänglich zu machen. Das ist bei uns nicht möglich. Vor allem bei Unternehmen mit sensiblen Daten wie dem Bankenbereich ist das ein ganz wichtiges Argument.

Das Gespräch führte Christof Baumgartner

Clemens Weis:
Der promovierte Maschinenbauer verantwortete zuletzt als Managing Director Greater China die Wachstumsstrategie des SAP-Beratungshauses itelligence. Davor war er mehr als 16 Jahre in verschiedenen Funktionen für SAP tätig, u.a. für das Integrationsprogramm von Business Objects auf EMEA-Ebene. In seiner neuen Position soll er das Wachstum von Wipro in der DACH-Region vorantreiben.


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