Die nächste Mobilfunkgeneration LTE wird den Anbietern nicht den erhofften Aufschwung der sinkenden Umsätze bringen. Vielmehr werden diese trotz massiver Investitionen weiter fallen. [...]
Im September werden nun auch in Österreich jene Frequenzblöcke versteigert, die die nächste Mobilfunkgeneration LTE flächendeckend ermöglichen sollen. Von der Versteigerung, die mindestens 526 Mio. Euro bringen soll, wollen einerseits der Staat profitieren, der seine Budgetlöcher etwas stopfen und den Breitbandausbau am Land forcieren will und andererseits die Mobilfunker, die mit LTE neue Tarifmodelle auf den Markt bringen wollen, um die seit längerem sinkenden Umsätze wieder zu steigern. Doch für die Mobilfunker könnte die Rechnung nicht aufgehen, zumindest nicht so bald. Denn laut dem Marktforschern von Arthur D. Little (ADL) stehen die Mobilfunkanbieter trotz der Einführung von LTE in den nächsten drei Jahren vor einer Durststrecke. Zwar würde demnach der Datenverkehr mit LTE europaweit und damit auch die Umsätze in diesem Segment wachsen, dennoch sei es unwahrscheinlich, dass die Unternehmen langfristig höhere Preise für LTE-Dienstleistungen durchsetzen können, um damit die Erosion der Tarife aufzufangen. Zu diesem Schluss kommt ADL in der Studie „4G – going faster, but where?“.
„Die Ausgangslage ist eigentlich sehr gut, denn der Wechsel zu LTE ist für die europäischen Betreiber wirtschaftlich sinnvoll“, sagt Karim Taga, Geschäftsführer Arthur D. Little Austria. Die bisherigen 3G-Netze werden aufgrund der „datenhungrigen“ Verbraucher bald an ihre Kapazitätsgrenze stoßen und LTE bietet die Möglichkeit, diese Grenze zu sprengen. Betreiber können darüber hinaus davon ausgehen, dass sich Kunden schnell an die höhere Geschwindigkeit und geringeren Latenzzeiten von 4G gewöhnen. Zudem können sie mit einem guten Angebot an kompatiblen Smartphones und Tablets rechnen. In Österreich werden laut Taga 60 bis 70 Prozent der Bevölkerung bis 2016 LTE zur Verfügung haben. LTE bringt mit Download-Geschwindigkeiten, die drei bis fünf mal schneller sind und eine fünf Mal niedrigere Wartezeit haben, einen besseren Service als 3G. Für den durchschnittlichen Handynutzer in Österreich, der derzeit ungefähr 460 MB pro Monat nutzt, eine spürbare Verbesserung. Dennoch halten es die Marktforscher für unwahrscheinlich, dass den Mobilfunkanbietern ein ähnlicher Erfolg gelingen wird wie beispielsweise in den USA oder in Asien. „Die begrenzten Möglichkeiten für Anbieter, LTE zur Entwicklung von Alleinstellungsmerkmalen zu nutzen und der nach wie vor tobende, harte Preiskampf, machen es kaum möglich, Preiserhöhungen durchzusetzen“, sagt Taga im Gespräch mit der COMPUTERWELT. „Zwar geht der Trend auch in Österreich klar in Richtung unlimitierter Sprachtelefonie und SMS-Bündelung, aber diese muss nicht zwangsläufig zu einer Erhöhung des durchschnittlichen Umsatzes pro Kunde führen“, so Taga. Vielmehr würde in diesem Zusammenhand ein sogenannter „Re-Balancing“-Effekt stattfinden, der Umsätze individueller Dienste (Sprache, SMS, Daten) zu einer Grundgebühr zusammenfasse.
UMSÄTZE SINKEN WEITER
Demnach sollen die Umsätze der europäischen Telekommunikationsanbieter bis 2016 trotz des Wachstums mit LTE um 1,8 Prozentpunkte pro Jahr sinken. Um auf den Wachstumspfad zurückkehren zu können, müsste der monatliche Umsatz pro Kunde mit LTE-Datendiensten von derzeit zehn bis 2016 auf 17 Euro ansteigen. Durch die Frequenzversteigerung im Herbst dieses Jahres ergebe sich in Österreich aber eine spannende Sondersituation. Grundsätzlich würde den Anbietern die Tatsache zu Hilfe kommen, dass die Markteinführung von LTE zwar sehr kapitalintensiv ist, der anschließende Betrieb des Netzes jedoch kostengünstiger als bei älteren Mobilfunkgenerationen. „Daher werden insbesondere schlank aufgestellte Mobilfunkunternehmen künftig im Wettbewerb deutliche Vorteile haben“, ist Taga überzeugt. Bis LTE wirklich umfassend genutzt werden kann, dauert es aber auch nach der Auktion noch. „Es ist ein hochkomplexer Prozess, der durch den Regulator und die Netzbetreiber abgewickelt werden muss und jedenfalls weit ins Jahr 2014 hineinreichen wird“, so Taga.
Vor diesem Hintergrund würden sich den Netzbetreibern fünf Ansatzpunkte zur Verbesserung ihrer Situation anbieten: Die Überarbeitung der Tarifstrukturen, Partnerschaften mit anderen Unternehmen für das Angebot neuer Dienste, Kostentransformation, Small Cells und Wifi-Offloads und der gemeinsame Betrieb von LTE-Netzen, sofern der gemeinsame Betrieb seitens der Kartellbehörden als wettbewerbsverträglich beurteilt wird. (cb)
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