Mehr Lebensqualität mit smarter IT

Ulrike Huemer ist seit 2014 CIO der Stadt Wien. Sie hat sich zum Ziel gesetzt, die Bundeshauptstadt in das digitale Zeitalter zu führen. Die COMPUTERWELT unterhielt sich mit ihr über Möglichkeiten, Herausforderungen und Gefahren einer Smart City. [...]

Ulrike Huemer ist bei der Umsetzung ihrer digitalen Strategie für Wien sehr erfolgreich – die Bundeshauptstadt liegt in Sachen E-Government nach aktuellen Studien vor der Schweiz und Deutschland. Das schlägt sich auch in Ehrungen nieder: Im Rahmen des CIO Awards 2016 wurde sie als einer der Top-CIO Österreichs ausgezeichnet.

Was konnten Sie in Sachen Smart City bisher als CIO in Wien umsetzen?

Die Smart-City-Rahmenstrategie der Stadt Wien hat drei wesentliche Ziele: die CO2-Reduktion, die Bewahrung beziehungsweise den Ausbau der hohen Lebensqualität in Wien und, zur Erreichung der ersten beiden Ziele, den Einsatz innovativer Technologien. Wir unterscheiden uns allerdings von anderen Smart Citys insofern, als wir nicht die Technologie in den Vordergrund stellen, sondern die Menschen unserer Stadt und deren Nutzen. Vor diesem Hintergrund setzen wir sehr stark auf Mitgestaltung und Zusammenarbeit. In den letzten zwei Jahren ist vor diesem Hintergrund die Digitale Agenda Wien, die Digitalisierungsstrategie der Stadt Wien, entstanden. Ferner wurde die Initiative digitalcity.wien gegründet, um den IT-Standort Wien weiter zu stärken. Auch ist die App „Wien.at live“ der Stadt Wien in den App-Stores und seit 17. Oktober 2016 kann die nächste App „Sag‘s Wien“ in einer Betaphase getestet werden. Für die Entwicklung haben wir ein eigenes Innovationsteam im Sinne der IT der zwei Geschwindigkeiten aufgebaut. Wir stellen an 400 Plätzen gratis WLAN zur Verfügung, und die Breitbandstrategie der Stadt Wien ist bereits in der Endabstimmung.

Welche Services sollen den Bürgerinnen und Bürgern künftig das Leben in der Smart City erleichtern? Spielen das Internet of Things, Augmented bzw. Virtual Reality oder digitale Währungen dabei künftig eine Rolle?
Wir beschäftigen uns momentan sehr intensiv mit dem Thema Blockchain; dazu gab es beim Digital Day eine eigene Session, die der Beginn für weitere Überlegungen sein wird. Natürlich ist IoT in einer Smart City Wien ein wichtiges Thema, wie auch Big Data. Dazu wird es wieder eine Ideensammlung auf www.digitaleagenda.wien geben, mittels derer eine Positionierung erarbeitet werden soll. Gerade IoT zeigt das Spannungsfeld zwischen innovativer Technologie und den damit verbundenen Bedenken bezüglich Privacy besonders gut auf, weswegen mir hier eine partizipative Vorgangsweise besonders wichtig ist. Augmented bzw. Virtual Reality begeistern mich besonders und ich sehe viele Anwendungsbeispiele in der Smart City. Wir haben in unserem digitalcity.wien-Projekt „Industry meets Makers“ bereits ein Briefing gehabt und in Alpbach in einer eigenen Ausstellung bei den Baukulturgesprächen gemeinsam mit dem Wiener Unternehmer Christopher Jeckl Anwendungen gezeigt.
Was sind die größten Herausforderungen bei der Umsetzung von Smart-City-Konzepten?
Die Smart City Wien ist vom Gedanken getragen, dass wir Nutzen für die Bevölkerung und Wirtschaft schaffen und dabei niemanden zurücklassen wollen. Dienstleistungen und Services müssen für alle zur Verfügung stehen. Es geht daher unter anderem darum, einen Omni-Channel (analog, digital, mobil) zu entwickeln, und das ist eine spannende Herausforderung.
Wie sieht es in Sachen Security aus? Ist neue Malware wie CryptoLocker gar das Ende der offenen Kommunikation zwischen Gemeinde und Bürgern?
Das Thema IKT-Sicherheit hat in der Stadt Wien einen sehr hohen Stellenwert. Wir haben eine umfangreiche IKT-Sicherheitsorganisation, bestehend aus einem IKT-Sicherheitsgremium zur obersten Beratung in strategischen Fragen der IKT-Sicherheit und einem Chief Information Security Officer (CISO), aufgebaut. Für proaktive und reaktive Tätigkeiten zur Risiko- bzw. Schadensminimierung haben wir ein WienCERT (Computer Emergency Response Team) eingerichtet. Das WienCERT ist Teil des österreichischen CERT-Verbundes und Kooperationspartner von GovCERT.at. Dadurch wird einerseits ein proaktiver Informationsaustausch über aktuelle Angriffsszenarien ermöglicht, und andererseits kann im Ernstfall Unterstützung angefordert werden. Durch das mehrstufige, laufend auf dem Stand der Technik gehaltene Sicherheitskonzept können die meisten dieser Angriffe erfolgreich abgewehrt werden. Es gibt aber auch Einzelfälle, in denen Schadsoftware erfolgreich eingeschleust werden konnte. In den meisten Fällen konnte sie jedoch aufgrund unserer umfangreichen Maßnahmen nicht ausgeführt werden und somit keinen Schaden anrichten. In einigen wenigen Fällen wurde in den letzten Monaten sogenannte Ransomware erfolgreich ausgeführt, was zu einer Verschlüsselung mancher Dateien geführt hat. Hier konnte in allen Fällen durch Setzen von Sofortmaßnahmen der Schaden in engen Grenzen gehalten werden. IT-Sicherheit fordert uns enorm, aber wir stellen uns dieser großen Herausforderung.
Wie sieht die künftige Entwicklung in Sachen Datenschutz aus?
Smart City und Datenschutz gehören gemeinsam gedacht. Die Datenschutzgrundverordnung wird auch uns fordern, aber ich bin zuversichtlich, dass wir auch hier einen guten Weg einschlagen können.

Braucht eine Smart City smarte Bürger? Was hat eine Smart City älteren und technikfernen Bürgern zu bieten?
Eine große Herausforderung ist, dass man den Einsatz einer neuen Technologie nicht technisch erklärt, sondern über den Nutzen, der für die Bevölkerung entsteht. Somit ist es sehr wichtig, eine einfach Sprache zu benutzen. Wir gehen diesen Weg schon viele Jahre im E-Government und mittlerweile werden z. B. bereits fast 80 Prozent der Parkpickerlanträge online gestellt. Hinsichtlich älterer Menschen will ich auf eine Initiative der Firma use it! verweisen, die sich genau dieses Themas besonders annimmt und Partner in der digitalcity.wien ist. Darüber hinaus beschäftigen wir uns sehr intensiv mit dem Thema Ambient Assisted Living und wollen hier ein Pilotprojekt machen.

Sie sind in Oberösterreich geboren, haben in Kärnten gearbeitet und sind jetzt CIO der Stadt Wien. Wie beurteilen Sie den Standort Wien für die IT-Branche? Welche Vorteile bzw. Nachteile hat Wien in Sachen IT? Wie eignet sich Wien für ein Smart-City-Konzept?
Wien ist bereits jetzt ein Digitaler Hotspot, wir haben über 54.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in dieser Branche und eine viermal höhere Bruttowertschöpfung als der Tourismus. Darauf müssen wir aufbauen – es sind tolle Forschungseinrichtungen, gute Skills, ausgezeichnete Technologien und hervorragende Unternehmen am Standort vertreten. Es ist viel Innovationskraft in einer immer größer werdenden Start-up-Szene vorhanden. In den nächsten Jahren müssen wir es noch besser schaffen, diese Ressourcen zu bündeln und strategische inhaltliche Schwerpunkte setzen. Dann sind wir im internationalen Wettbewerb ganz vorne dabei.

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