Microsoft ist zufrieden mit Cloud-Business

Rund 15.000 der weltweit über 600.000 Partner sind Microsofts Einladung zur alljährlichen Partner-Konferenz gefolgt. Waren im vergangenen Jahr noch die neuen Produkte das Thema Nummer 1, war es in diesem Jahr das kommende Update für Windows 8. [...]

Die wichtigste Nachricht für den Fachhandel im Rahmen der World Partner Conference 2013 in Houston lautet wie folgt: Windows 8.1, der Nachfolger von Windows 8, soll bereits im August fertig entwickelt sein und dann unmittelbar an die Hardware-Partner ausgeliefert werden. Tami Reller, die als Microsoft Corporate Vice President das Marketing des Konzerns verantwortet, verkündete zur großen Freude der anwesenden Partnercommunity die Meldung, Windows 8.1. werde zum Jahresend-Geschäft bereits auf PC und Tablets der Hersteller laufen. Zudem dürften Endkunden und Firmen, die aktuell Windows 8 nutzen, ebenfalls auf ein entsprechend baldiges und kostenfreies Update hoffen. Microsoft setzt damit auf einen Push seines Windows 8-Geschäfts mit der neuen Betriebssystemversion, die zahlreiche neue Features und Korrekturen, unter anderem die Wiedereinführung eines Startbuttons, mit sich bringen wird. Wie gut das Windows 8 Geschäft bislang wirklich lief, wird unterschiedlich bewertet: Während Microsoft von über 100 Millionen Lizenzen und einem großen Erfolg des neuen Systems spricht, sehen das viele Marktforscher und Partner anders. Detaillierte Zahlen gibt Microsoft nicht bekannt. Dass aber Nachholbedarf – zumindest aus Sicht der Partner – besteht, kann nun jedenfalls nicht mehr abgestritten werden, zu groß und laut waren Applaus und Zustimmung, die Reller und ihr Team für die Ankündigung einer baldigen Windows 8.1.-Einführung und die zugehörigen Live-Demos erhielten.

„QUITE A GOOD YEAR“
Weitere Zugeständnisse waren Microsoft in Houston jedoch fremd. Im Gegenteil: Zwar räumte auch Konzernchef Steve Ballmer, der sich ebenfalls am ersten Tag den Partnern präsentierte, ein, man habe mit Windows 8.1. auf Kunden- und Partnerwünsche reagiert. Aber unter dem Strich bekamen die Teilnehmer von Konzernseite massenhaft Marketingaussagen und -Zahlen und wenige bis garkeine Eigenkritik serviert. Alles in allem sei es ein gutes Jahr gewesen („quite a good year“) – auch was den Verkauf von Windows 8 angehe, so Ballmer.

Ungewöhnlich wenig emotional präsentierte der Konzernboss dagegen hauseigene Verkaufs- und Channel-Erfolge, die sich natürlich vornehmlich um die Cloud drehen: Office 365 – dem einige Channel-Unternehmen nachsagen, es sei eher ein Ladenhüter – sei die sich am schnellsten verkaufende Office-Suite in der Geschichte des Konzerns mit einem inzwischen jährlichen Umsatzstrom von einer Milliarde Dollar. Dazu kommt die von Microsoft genannte Zahl von 150.000 Partnerunternehmen, die mittlerweile weltweit in das „Cloud Essentials“-Programm des Konzerns involviert sind und die Cloud wiederverkaufen. Office 365 wird allerdings von doppelt so vielen Partnern wie im Vorjahr vertrieben, und erstmals verkaufen mehr Partner Office 365 als klassisches On-Premise-Office. Die Liste dieser Erfolgszahlen rund um die Cloud, die Microsoft präsentierte, ließe sich ausführlich fortsetzen.

1.000 KUNDEN PRO TAG FÜR AZURE
Windows Azure, die Plattform mit der Microsoft IaaS-, Paas- und weitere Cloud-Dienste anbietet, gewinnt dem Konzern zu Folge aktuell pro Tag 1.000 neue Kunden. Im Rahmen des Cloud-Accelerate Programms sollen Intune-Services ab Herbst 2013 mit starken Rabatten von bis zu 30 Prozent versehen werden, während Azure neben einem neuen, stärkeren SQL-Datenbank-Leistungsspektrum in Form eines Premium-Services nun auch Active-Directory-Funktionalitäten bietet. Auch das Feld „Mobile“ gewinnt Microsoft zufolge an Fahrt: Das Geschäft mit der Windows 8 Phone Plattform soll in diesem Jahr sehr zufrieden stellend laufen.

Microsoft verkündete in Houston auch einige Initiativen, die dem Channel den ­Umgang und das Geschäft mit der Cloud erleichtern sollen. So sollen Erweiterungen im Open-Office 365-Programm den Vertriebspartnern weitere Freiheiten in der Vertragsgestaltung zu Office 365 einräumen, etwa um auch den Feldern „Public Sektor“ oder „Education“ dedizierte Angebote erstellen zu können. „Power BI for Office 365“ stattet ab Herbst die Web-­Office-Suite mit Business-Intelligence-Features und -Services (BI) für kleine und mittlere Unternehmen aus, die Partner ihren Kunden anbieten können.
 
PARTNER VON DIREKTVERTRIEB VERUNSICHERT
Microsoft hat für seinen Wandel der Konzern-Strategie in Richtung „Services and Devices Company“, den Konzern-Chef Steve Ballmer vor ein paar Jahren einläutete, nicht nur Applaus, sondern viel verbalen Prügel aus der Branche einstecken müssen. Viele Partnerunternehmen, allen voran die Hardware-Lieferanten, sehen ihr eigenes Geschäft einbrechen, andere sehen zunehmend ihre bewährten Business-Modelle, die auf dem traditionelleren Microsoft-Portfolio beruhen, bedroht.

Aber auch wenn Microsoft zunehmend an einigen Stellen direktes Geschäft anbietet, etwa im Umfeld von Office 365, so lässt auch der Branchenriese in diesem Jahr wieder kein Zweifel an der Partnertreue, die man unbedingt halten will. Bekenntnisse zum Partnergeschäft gibt es von Seiten Microsofts in Houston auch 2013 an allen Ecken zu hören.

„KEINE KÜRZUNGEN“
Für Unsicherheit sorgte auch das Gerücht, Microsoft würde entscheidende Positionen im Konzern umbesetzten und sogar eine hochrangige Manager entlassen wollen. Eine Ankündigung wurde für den letzten Konferenztag erwartet, die meisten Steine dürften aber aufeinander bleiben, wenn man den Aussagen Steve Ballmers Glauben schenken kann. Die vorgestellten Maßnahmen hinsichtlich der Unternehmensstruktur, die Ballmer mit dem Motto „Ein Microsoft“ zusammengefasst hat, wurde an der Börse wohlwollend aufgenommen. In einer Telefonkonferenz, die Ballmer nach der Bekanntgabe der Maßnahmen abgehalten hat, bekräftige der Konzernchef, dass die Reorganisation keine Kürzungen der Arbeitsplätze zur Folge haben wird. Ballmer deutete an, dass sogar das Gegenteil der Fall sein könnte, für die mehr als 90.000 Angestellten dürfte das sicherlich eine gute Nachricht sein. „Wir wollen zweifellos das fortführen, was wir begonnen haben“, so Ballmer abschließend.

HEIMISCHE PARTNER ZEIGEN SICH ZUFRIEDEN
Vertreter der österreichischen Partner-Delegation zeigten sich auf Anfrage der COMPUTERWELT mit der Veranstaltung durchaus zufrieden: „Die WPC 2013 war eine klare Botschaft von Microsoft: Konsequent weiter den Weg zu Devices und Services gehen. Also weg von schwerfälligen Anwendungen hin zu leichtem und situativ angepasstem Arbeiten. Ein breites Spektrum an Geräten, vom Telefon über den Arbeitsplatz bis ins Wohnzimmer. Und Online ergänzt das“, erklärt etwa icomedias-Geschäftsführer Christian Ekhart. Das Kerngeschäft von icomedias sind  funktionale und grafische Konzepte für einfache Bedienbarkeit von SharePoint (Enterprise Social Portale) und Windows 8 Apps. Für ihre Leistungen in den vergangenen zwölf Monaten wurde das Unternehmen in Houston auch mit dem „Partner des Jahres“-Award für Österreich ausgezeichnet. Auch der zunehmende Direktvertrieb von Microsoft bereitet Ekhart keine schlaflosen Nächte: „Die von Microsoft erklärte entscheidende Wichtigkeit von gutem Funktions-Design trifft genau die seit Jahren gelebte Stärke von icomedias. Direktverkauf ist der Bereich Endgeräte und Online. Und Online wird durch Partner-Leistungen von einer Commodity zur veredelten Lösung. Der Shift bei den Partnern wird in Richtung mehr Kompetenz-Anforderung gehen. Ich persönlich finde das sehr gut“, erklärt Ekhart.

Auch Mark Kaslatter, Geschäftsführer von k-section buisiness solutions, war voll des Lobes über die Veranstaltung: „Auf der WPC haben wir die Möglichkeit, direkt mit dem Produktmanagementteam über die Strategie und die Hintergründe zu sprechen. Das ist schon ein großer Mehrwert für unsere Kunden.“ Das Unternehmen  ist spezialisiert im Bereich des operativen und analytischen CRM und bietet von der Analyse/Design über die Implementierung bis zur Betriebsunterstützung Dienstleistungen für KMU an. K.section cloud bietet speziell für Kleinbetriebe Cloud-basierende CRM-Lösungen maßgeschneidert für deren Bedürfnisse und deren mögliches Budget an. Auch Kaslatter macht sich keine Sorgen um sein Vertriebsmodell: „Die spezialisierten Dienstleistungen die wir bieten, kann der Produkthersteller Microsoft lang nicht liefern. Die Zusammenarbeit im Vertrieb wird dadurch wahrscheinlich nur noch enger.“

„MICROSOFT VERSUCHT MOMENTAN, VON DEN PARTNER ZU LERNEN“
Im Rahmen der Microsoft World Partner Konferenz in Houston hatte die COMPUTERWELT die Gelegenheit, mit Patrik Walch über die Konferenz und die Zukunft des Verhältnisses zwischen Microsoft und seinen Partnern zu sprechen. Walch ist Mitglied der Geschäftsleitung bei FWI und zweiter Geschäftsführer der jüngst akquirierten Global Concepts.
 
Bitte skizzieren Sie das Geschäftsfeld von FWI. Welche Produkte von Microsoft haben Sie im Portfolio?
Patrick Walch:
FWI existiert seit 2008 und ist ein österreichisches Unternehmen mit zwei Standorten in Deutschland, nämlich München und Hamburg. In Österreich sind wir in Wien und Steyr vertreten. Wir sind ein Full Service Provider, das beschreibt es glaube ich am Besten. Wir vertreiben das ERP-Portfolio mit AX, das CRM-Umfeld mit Dynamics und natürlich die Querschnittfunktionen Business Intelligence und SharePoint. FWI ist aber auch schon als Microsoft AX und Dynamics-Partner gegründet worden, das heißt die Partnerschaft mit Microsoft war für uns von Anfang an eine Business-Entscheidung. Vor zwei Monaten haben wir das deutsche Unternehmen Global Concepts mit 50 Mitarbeitern übernommen, das Unternehmen bleibt aber als eigenständige Marke bestehen. Durch diese Akquisition haben wir knapp 200 Mitarbeiter.

Sind Sie mit der WPC2013 zufrieden, speziell in Ihren Produktbereichen?
Die Dynamics-Ecke ist heuer fast überdurchschnittlich stark vertreten. Im CRM-Bereich kommt ja heuer ein neues Release heraus, da gibt es sehr viele gute Veranstaltungen dazu. Man merkt schon, dass Microsoft im Dynamics-Umfeld mit den Business Solutions deutlich wachsen will. Sonst geht es hauptsächlich um kleinere Updates, die heuer kommen sollen. Bei Dynamics hat sich der Release-Zyklus geändert, größere Service-Updates kommen jetzt zweimal im Jahr. Microsoft macht hier in Houston aber auch viel im Bereich der Soft Skills, also wie verkaufe ich das Produkt am besten, welche positiven Referenzen gibt es. Das ist eine gute Unterstützung für die Partner.
 
Microsoft möchte in Zukunft mehr direkt vertreiben. Welche Konsequenzen hat das für Ihr Geschäftsmodell?
Es gibt diese Bemühungen von Microsoft, das verheimlichen sie auch gar nicht. Microsoft sagt aber auch ganz offen, dass sie das bis jetzt einfach noch nicht geschafft haben. Speziell im Business Solutions-Bereich, der uns betrifft, der ja auch extrem vertriebslastig ist, wo es ja wirklich um solution selling geht, das ist noch eine Welt, die für Microsoft relativ neu ist. Da brauchen sie ihre Partner sicher noch. Das wird auch immer so bleiben, allerdings wird sich wohl eine eigene Schiene etablieren. Microsoft wird dann etwa 20 Prozent des Solution Business selbst machen und den Rest über Partner wie bisher.
 
Sie machen sich keine Sorgen, das Microsoft ein Stück vom Kuchen wegnimmt?
Eigentlich nicht. Im Augenblick resultiert das eher in einer engeren Zusammenarbeit, da Microsoft momentan versucht, von den Partnern zu lernen. Natürlich schaut man auch ganz genau, wo sich das hinbewegt. Die Frage ist ob es in die Richtung geht nach dem Motto ‚Wir schauen uns das jetzt an und machen es dann selbst‘ oder geht es eher in die Richtung, Partnervertrieb mit zu übernehmen und stärker am Markt präsent zu sein. Das könnte uns vor allem bei Großkunden helfen, da sehen wir schon einen Mehrwert. SAP macht es etwa sehr gut, bei Vorständen präsent zu sein, da hat Microsoft noch Probleme. Sollte sich Microsoft aber wirklich darauf fokussieren große Kunden anzugehen, und gemeinsam mit den Partnern zu betreuen, geht es in die richtige Richtung.
 
Das klingt aber nach einer Transformation was die Partner-Beziehung betrifft!
Ja, das glaube ich auf jeden Fall, bereitet mir aber keine schlaflosen Nächte. Man wird sich aber auch anschauen müssen, wie sich Microsoft in den nächsten Jahren auf der Delivery-Seite präsentiert. Sie haben jetzt die Consulting-Services und es gibt ein Center of Excellence im Dynamics-Beriech, wo Top-Leute bei Microsoft sitzen. Hier wird sich auch zeigen müssen, ob sie ihre Partner unterstützen, damit sie auch komplexe Projekte schaffen oder lieber gleich alles selber machen. Das ist für uns zum heutigen Zeitpunkt noch nicht absehbar. Von heute auf morgen wird das aber auch nicht gehen. Ich glaube aber auch hier, dass es sich in ein 20:80 Modell entwickeln wird. Österreichische Partner sind hier nicht so gefährdet wie etwa Schweizer Partner, weil es dort viel mehr große Unternehmen gibt. Den Kunden Nestle hat Microsoft etwa komplett ohne Partner gemacht. (aw/idg)


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