Mit Herz und Hirn bei der Sache

Robert Scharinger ist CIO für Gesundheitsinformationsmanagement im Sozialministerium. In seiner Person verschmelzen technisches Knowhow mit einem ehrlichen Interesse an den fachlichen Inhalten. [...]

Der gut vernetzte Robert Scharinger pflegt eine gute Zusammenarbeit mit den IT-Verantwortlichen in den Ministerien der anderen EU-Länder.
Der gut vernetzte Robert Scharinger pflegt eine gute Zusammenarbeit mit den IT-Verantwortlichen in den Ministerien der anderen EU-Länder. (c) Klaus Lorbeer

Wer mit Robert Scharinger über seine Arbeit als CIO im Gesundheitsinformationsmanagement spricht, stellt schnell fest: Dieser Mann ist nicht nur technisch auf dem letzten Stand der Dinge, sondern auch am Fachbereich des Gesundheitswesens ernsthaft interessiert. Grundsätzlich leiten sich die Aufgaben eines Ministeriums aus der Verfassung, dem Bundesministeriengesetz und den einzelnen Materiengesetzen ab, erklärt Scharinger und verweist auf das Grundprinzip: »Kein staatliches Handeln ohne Gesetz.« Für die Weiterentwicklung des Gesundheitsbereiches leiste das Informationsmanagement einen wesentlichen Beitrag. Scharinger: »Viele Gesundheits-IT-Projekte folgen ja dem Prinzip ,information can save live´ – und um Leben zu retten oder eine zielgerichtete Behandlung zu ermöglichen, sind Informationen unumgänglich.« Damit befinde sich seine Abteilung im Spannungsfeld zwischen Information und Datenschutz, was inbesondere im Gesundheitswesen eine heikle Angelegenheit ist. 

Gesundheitsbehördliche Informationssysteme stellen einen Schwerpunkt seiner Abteilung dar. Natürlich werden durch Informationssysteme auch Prozesse in der Zusammenarbeit der Behörden optimiert, so Scharinger, und zwar nicht nur national, sondern auch im internationalen Kontext, vor allem mit EU-Behörden. Scharinger nennt die Arzneimittelbehörde EMA, das Seuchenzentrum ECDC (European Centre for Disease Prevention and Control) in Stockholm sowie das UN-Drogenkontrollprogramm, das in Wien angesiedelt ist.

Im Bereich der Epidemiologie gelang Scharinger und seinem Team gemeinsam mit Labor-Softwareherstellern und Laboren die Projektumsetzung, dass meldepflichtige Infektionserkrankungen internationalen Gesundheitsdatenstandards folgend mit dem Erkennen des Erregers (z.B. bei der Blutanalyse) bereits Millisekunden später im Informationssystem einlangen und für das jeweils zuständige Gesundheitspersonal ersichtlich sind. Gerade hier kommt es im Sinne einer »real-time surveillance« auf die rasche Informationsverfügbarkeit an, um entsprechend reagieren zu können. Vieles ist daher automatisiert, wie z.B. die Meldeverpflichtungen zur Seuchenzentrale nach Stockholm. Den spezifischen Datenformaten im Gesundheitsbereich kommt dabei eine wichtige Bedeutung zu, wobei sich Österreich dabei an den Empfehlungen der EU orientiert, erklärt Scharinger. Dazu gehören Formate wie die Clinical Document Architecture von HL7 und IHE im klinischen Umfeld (Integrating the Healthcare Enterprise).

In der Gesundheitsinformatik spielen Themen wie Big Data, Open Data oder Wissensmanagement eine große Rolle. Mit zunehmender Digitalisierung gewinnt auch die Cybersecurity im Gesundheitswesen an Bedeutung, für die ebenfalls Scharingers Abteilung zuständig ist. Dabei gehe es nicht nur um die Mitwirkung im Krisenmanagement von Gesundheitskrisen, sondern auch um die IT gefährdende Vorfälle, wie z.B. Stromausfälle.

Atmosphäre des Vertrauens und der Wertschätzung

Für Robert Scharinger ist ein Teil der Aufgabe eines CIO ein Klima des Vertrauens und der Wertschätzung zu schaffen – in der Abteilung und in der Zusammenarbeit. Ein Erfolgsfaktor bei den von Scharinger und seinem Team umgesetzten Projekten war stets, dass die beteiligten Stakeholder, wie Rechts- und Fachabteilungen, an Bord geholt und mit ihnen partnerschaftlich auf Augenhöhe kooperiert wurde.

Um sich auf die spezifischen Anforderungen der Gesundheitsinformatik konzentrieren zu können, bedient sich der CIO für die Abwicklung von Verwaltungsaufgaben des Bundesrechenzentrums. »Querschnittsmaterien wie der elektronische Akt oder SAP für die Haushaltsverrechnung und dergleichen mehr, werden bundeszentral gelöst«, steckt Scharinger die Aufgabenbereiche ab.

Gleichzeitiger Einstieg in IT und Gesundheitswesen

Nach der Matura studierte Scharinger Jus und diente beim Bundesheer, wo er in Kontakt mit dem damals neu entstanden Heeresdatenverarbeitungsamt kam – damit war sein Interesse für EDV geweckt: als einer der ersten Jahrgänge schloss er das Kolleg für EDV und Organisation ab. Nach drei interessanten Jahren im Bundeskanzleramt wechselte er in den Gesundheitsbereich, der ihn auch fachlich faszinierte. Dabei erlebte er die Änderung der IT-Rolle »weg von der reinen Büroautomation hin zur Vernetzung« hautnah mit. Zudem trat Österreich damals der EU bei und Scharinger wurde an der damals in London angesiedelten EU-Arzneimittelbehörde Vorsitzender für die Implementierung eines EU-weiten Arzneimittelzulassungssystems – für ihn war das der Einstieg in Technik und Fachgebiet zugleich. Er machte den Bachelor in Computer Studies und später den Master zum Thema »IT in Healthcare und Life Science« – eine exzellente Vorbereitung auf seine jetzige Arbeit, wie er im Nachhinein feststellte.

Da sich Beruf und Interesse bei Scharinger überschneiden, fällt die Abgrenzung von Privat- und Berufsleben schwer. Denn gerade im Gesundheitswesen ist man sehr oft mit dem eigenen Fachbereich konfrontiert. »Wenn ich mein Lauftraining mit meiner Pulsuhr mache, und diese vernetzt Daten austauscht, bin ich mitten in meinem beruflichen Gebiet«, sagt Scharinger. Deswegen gelte für ihn das Motto »Work is Life und Life is Work«. Wichtig ist ihm dabei in Balance zu sein, auch im Büro – eine Balance zu finden zwischen Termindruck und sich Zeit nehmen für Mitarbeiter, für Gespräche und für fachlichen Austausch.

Der CIO als Vorbild und IT als Teamangelegenheit

Ein CIO ist natürlich kein Ein-Mann-Unternehmen und er muss über eine gute Personalführungskompetenz verfügen. »Unser Team besteht aus Menschen, die mit Herz und Hirn dabei sind, und wir pflegen ein offenes Kommunikationsklima, das Kreativität ermöglicht.« Scharinger will ein gutes Vorbild für sein Team sein, denn: »Vertrauen folgt einem Resonanzprinzip. Man bekommt es nicht geschenkt, sondern muss es sich verdienen: so wie ich auf die Mitarbeiter vertraue, können diese auf mich vertrauen.« Deshalb ist die Förderung von Mitarbeitern Scharinger ein großes Anliegen. »Die Kunst ist das Potenzial und die Talente der Mitarbeiter zu erkennen und bedarfsgerecht zu entwickeln.« Dadurch, dass die Mitarbeiter mit großem Interesse bei ihrer Arbeit sind, bilden sie sich gerne – auch nebenberuflich – weiter. »Die Förderung von Mitarbeitern erfolgt primär über interessante Aufgaben,« ist Scharinger überzeugt und fügt hinzu, dass es ohne Weiterbildung in seiner Branche nicht gehe. Es sei wichtig, eine Balance zwischen Begeisterung und Privatleben zu finden, erklärt er, und achtet akribisch darauf, dass sich seine Mitarbeiter nicht zu sehr verausgaben. Dennoch sei es »manchmal wie bei der freiwilligen Feuerwehr: da kann man nicht auf die Uhr schauen oder alles monetär aufrechnen.«

Für Scharinger selbst stellt der Kontakt mit den EU-Arbeitsgruppen, bei denen er sich mit den Vertretern anderer EU-Mitgliedstaaten über Best Practices austauschen kann, eine hervorragende Methode dar, seinen Horizont zu erweitern und dazu zu lernen. 

Schlagworte, wie KI oder Big Data sind für den gelernten Informatiker Scharinger nicht neu, hat er sich doch schon in den 1990er Jahren während seines Studiums in England damit beschäftigt. Allerdings kämen diese Technologien mittlerweile ins Erwachsenenalter, denn die amerikanische Gesundheitsbehörde habe bereits KI-Software bei bildgebenden Verfahren als Medizinprodukt für die Entscheidungsfindung zugelassen. Solche Entwicklungen verfolgt Scharinger genau. Auch Cybersicherheit habe mit zunehmender Digitalisierung stark an Bedeutung gewonnen, wobei die Herausforderung darin bestünde, diese über Organisationsgrenzen in einem heterogenen Gesundheitssystem zu bewerkstelligen.

Der CIO als Enabler des Wandels

Zur Einschätzung der künftigen Rolle des CIO sei die Besinnung auf die Bezeichnung des Namens – Chief Information Officer – ein guter Ausgangspunkt, so Scharinger. »Es ist wichtig, sich mit den Inhalten, um die es im eigenen Unternehmen geht, auseinanderzusetzen.« Ein CIO müsse sich im Rahmen des Informationsmanagements immer fragen, welche Informationen unternehmenskritisch seien und ob sie der Erfüllung der Unternehmensziele dienten. Natürlich umfasse das auch die Zukunftstrends Big Data, Artificial Intelligence etc. Denn, so Scharinger abschließend, »der CIO ist gemeinsam mit dem Chief Digital Officer Begleiter und Enabler des Wandels.«


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