Mobilfunk-Wettbewerb kostet Arbeitsplätze

Der harte Wettbewerb hat die heimischen Mobilfunkanbieter laut einer Studie in den Jahren 2007 bis 2011 rund 2.570 ­Arbeitsplätze gekostet. Weiters soll er einen jährlichen Schaden von einer Milliarde Euro für den Wirtschaftsstandort bewirken. [...]

Der heimische Mobilfunkmarkt ist bekannterweise einer der am härtest umkämpften in Europa. Trotz einer Steigerung des Datenvolumens auf fast das Neunfache sind die Umsätze der Mobilfunkserviceanbieter seit 2007 um insgesamt 15 Prozent gesunken. Das bedeutet die Gewinne der Anbieter gingen entsprechend zurück. Der dadurch verursachte Rückgang der Infrastruktur-Investitionen und der Mitarbeiteranzahl gefährdet laut den Marktforschern von Booz & Company den Wirtschaftsstandort Österreich. Zu diesen Ergebnissen kommt das Unternehmen in einer aktuellen Studie. Österreich weist demnach eine Handypenetration von 159 Prozent, eine relativ hohe Anbieterdichte und die niedrigsten Preise im Europavergleich aus.

Bei den heimischen Mobilfunk-Netzbetreibern gingen in den Jahren von 2007 bis 2011 rund 2.570 Arbeitsplätze verloren. Den größten Jobabbau gab es beim Marktführer A1 mit minus 2.131 Mitarbeiter (minus 19 Prozent). Bei T-Mobile Austria waren es minus 590 (minus 32 Prozent) und bei der mittlerweile verkauften Orange minus 135 (minus 15 Prozent). Nur bei „Drei“ („3“, Hutchison) gab es ein Plus – hier wurden 121 Personen (plus 26 Prozent) neu eingestellt. „Telekommunikation ist das einzige Kerngut im Warenkorb, das seit 2000 immer billiger geworden ist. Der starke Wettbewerb der Anbieter definiert sich vor allem über den Preiskampf, der nun ein Ende finden muss, sonst folgen Konsequenzen wie digitale Versteppung durch die Verlangsamung des Breitbandausbaus, Verlust der Wettbewerbs­fähigkeit und erhöhte Arbeitslosigkeit durch das Sinken des Beschäftigungslevels in dieser Branche“, sagt Martin Reitenspieß, Partner bei Booz & Company. Insgesamt gab es 2007 noch 16.550 Mobilfunk-Beschäftigte, 2011 waren es 13.980.

INVESTITIONEN GEHEN ZURÜCK
Auch die Investitionen in technische Infrastruktur gingen in diesem Zeitraum um mehr als 40 Prozent zurück – Österreich liegt mit 494 Mio. Euro bei den Investitionen in systemrelevante Infrastruktur im Jahr 2011 im internationalen Vergleich auf Rang 54 von 59. Trotz dieser kostenreduzierenden Maßnahmen sinkt die Profitabilität bei den Mobilfunkanbietern. Die Serviceumsätze der Anbieter verringerten sich um 13 Prozent von 3,314 Mrd. Euro in 2007 auf 2,896 Mrd. Euro in 2012. Das EBITDA im selben Zeitraum von 1,097 Mrd. Euro auf 860 Mio. Euro um 22 Prozent. „Die Breitbandstrategie der Bunderegierung sieht vor, dass Österreich bis 2020 die nahezu flächendeckende Versorgung der Bevölkerung mit ultraschnellen Breitbandhochleistungszugängen erreicht und sich damit an der Spitze der IKT-Nationen positioniert. Aktuell liegt Österreich jedoch aufgrund der geschilderten Situation unter dem EU-Durchschnitt, die Erreichung der Ausbauziele wird ohne entsprechende Gegenmaßnahmen gefährdet sein“, so Reitenspieß. Booz & Company habe im Rahmen der Studie auch die direkten Auswirkungen des Rückganges von Investments, Beschäftigung und Produktivität seit 2007 auf das BIP analysiert und einen jährlichen Schaden von fast einer Milliarde Euro für den Wirtschaftsstandort Österreich errechnet: Der Rückgang der Investitionen bewirkt ein Minus von rund 350 Mio. Euro, die Reduktion der Mitarbeiterzahlen ein Minus von etwa 200 Mio. Euro. Die Auswirkungen der Produktivitätssteigerungen auf das Wirtschaftswachstum können mit einem Minus von rund 250 Mio. Euro beziffert werden.

HÖHERE PREISE NOTWENDIG?
Die heimischen Mobilfunker würden im europäischen Vergleich mit besonders niedrigen Preisen agieren. So liege der EU-Schnitt für 246 Minuten Sprachtelefonie, 55 SMS und ein MMS im Monat bei 30,10 Euro – in Österreich hingegen bei 13 Euro. In Deutschland müssten dafür gar 49 Euro bezahlt werden. Abhilfe zur Standortsicherung und für ein volkswirtschaftliches Wachstum können laut Reitenspieß „eine faire wettbewerbsrechtliche Regulierung und ein effektiveres Stakeholder Management schaffen“. Notwendig seien demnach Investitionen in eine moderne Telekommunikations-Infrastruktur wie Glasfaser und LTE, sowie eine Sicherung der Arbeitsplätze und des industriellen Know-hows. Reitenspieß hält daher „marktberuhigende Maßnahmen“ wie eine „nachhaltige Erhöhung des Preisniveaus“ für unausweislich. „Denn sonst wird der Preisverfall anhalten und eine immer langsamer voranschreitende Digitalisierung kann die Produktivität der gesamten Wirtschaft stark bremsen“. (cb)


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