MVNO beleben den Mobilfunkmarkt

Mit HoT, einem Mobilfunkangebot der Handelskette Hofer gemeinsam mit dem Unternehmen Ventocom, ist ein virtueller Mobilfunkanbieter auf dem heimischen Markt gestartet, weitere sollen folgen. Die Platzhirsche A1, T-Mobile und Drei bleiben gelassen. [...]

Die EU-Kommission hat mit den Auflagen für den Zusammenschluss von Drei und Orange im Dezember 2012 den Grundstein für sogenannte Mobile Virtual Network Operators (MVNO) gelegt: Neuen Akteuren wurde damit der Markteintritt zu akzeptablen Konditionen ermöglicht. 2015 wollen gleich mehrere Anbieter auf dem heimischen Markt starten. Seit Anfang Jänner bietet Hofer gemeinsam mit dem Partnerunternehmen Ventocom des ehemaligen Orange-Chefs Michael Krammer Produkte unter dem Namen „HoT“ an. Laut Krammer ist die Akzeptanz bei allen Tarifen gut, es gäbe zudem auch schon zahlreiche Anmeldungen für die automatische Aufladung des Angebotes.

„Der Launch von HoT als Hofer-Eigenmarke war die Premiere für einen MVNO in Österreich und wir haben etwas komplett Neues geschaffen: Erstmals gibt es ein Angebot, das das Beste aus Vertrag und Wertkarte vereint. Damit hat der Kunde absolute Flexibilität und maximale Kostensicherheit“, erklärt Krammer im Gespräch mit der COMPUTERWELT, und: „In unserer Partnerschaft mit Hofer konzentriert sich jeder auf das, was er am besten kann: Hofer liefert den Vertriebskanal und kümmert sich um das Marketing, das Team von Ventocom hat das Produkt bzw. die Tarifstruktur konzipiert, steuert die technische Plattform bei und wickelt sämtliche Mobilfunkdienstleistungen ab.“

HOHE WECHSELBEREITSCHAFT BEI DEN KUNDEN
Krammer setzt auf die Wechselbereitschaft der Kunden: „Jahr für Jahr werden insgesamt rund 2,5 Millionen SIM-Karten neu verteilt. Das heißt: Es tut sich viel am Mobilfunkmarkt. Immer mehr Kunden entscheiden sich dabei für SIM-only Angebote. Für MVNO optimale Voraussetzungen.“ Laut Krammer können sich 16 Prozent der Österreicher vorstellen, künftig über einen neuen Anbieter zu telefonieren und zu surfen, und 14 Prozent haben demnach vor, in den nächsten sechs Monaten ihren Betreiber zu wechseln.

AGILE MOBILFUNKLANDSCHAFT
„Die neuen MVNO werden sicher für eine weitere Belebung der ohnehin schon sehr agilen Mobilfunklandschaft in Österreich sorgen“, kommentiert  Hannes Ametsreiter, Generaldirektor A1 und Telekom Austria Group (TAG) die Lage. „Discount-Angebote gibt es schon lange. Kunden die bisher hochwertige Tarife mit entsprechendem Service und Beratung genutzt haben, werden das auch weiterhin tun. Sehr kostenbewusste Kunden werden, wie auch bisher, immer wieder zu anderen Anbietern wechseln.“

Andreas Bierwirth, Geschäftsführer von T-Mobile Austria, sieht in den MVNO keine direkten Mitbewerber für die Netzbetreiber selbst: „Virtuelle Betreiber sprechen eingeschränkte, spezifische Zielgruppen an, denken Sie an Marken wie Red Bull, Fans von Sportklubs oder Diskonter, wie S-Budget bei Spar. Ihre Angebote sind begrenzter als die der realen Netzbetreiber, etwa eingeschränktes Service oder keine Top-Smartphones. Die Erfahrung auch aus anderen Ländern zeigt, dass damit ein bestimmtes Marktsegment abgedeckt wird und virtuelle Betreiber eher untereinander konkurrieren als mit dem umfangreicheren Angebot der Netzbetreiber selbst. MVNO sind für Österreich nicht neu. Neu ist, dass die EU-Wettbewerbsbehörde im Zuge der Übernahme von Orange durch Drei die Preise für diesen Markt definiert hat“.

Dass sich für die Kunden bei den Tarifen viel ändern wird, sieht Bierwirth nicht: „Die Tariflandschaft hat sich in den beiden vergangenen Jahren bereits entscheidend geändert, aber nicht durch den Eintritt von MVNO, sondern durch die Entwicklung vom Sprach- zum Datenfunk. Die Datenmengen in unserem Netz wachsen jährlich um 80 bis 100 Prozent, Telefonie stagniert hingegen, SMS fällt, weil es von IP-Messaging abgelöst wird.“ Laut Ametsreiter ist „Österreich nach wie vor ein sehr wettbewerbsintensives Land und hat im Europavergleich immer noch sehr günstige Tarife“.

VENTOCOM PLANT WEITERE PARTNERSCHAFTEN
Hofer soll aber nicht der einzige Partner für Ventocom bleiben, der Mobilfunkprodukte vertreiben wird. „Den Schwung nach dem Start von HoT wollen wir natürlich für die nächsten Projekte mitnehmen – diese sind zum Teil schon sehr konkret. Natürlich ist es unser Ziel, mit mehreren Partnern zu arbeiten. Der Startschuss mit HoT ist gelungen und eine Erweiterung des Portfolios ist der nächste logische Schritt. Wir vereinbaren mit allen unseren Partnern Branchenexklusivität. Wir haben jedenfalls noch viele Ideen“, so Krammer.

Weitere Veränderungen am heimischen Telekommunikationsmarkt soll die von der Regierung beschlossene Auszahlung der „Breitbandmilliarde“ bringen. Ab 2016 soll Geld fließen, in einem ersten Schritt rund 300 Millionen Euro. Wie das Geld investiert werden wird, ist noch nicht fixiert, aber vor allem der ländliche Raum soll davon profitieren und mit Breitbandanbindungen versorgt werden. „Für den raschen, flächendeckenden Breitbandausbau ist LTE die günstigste Technologie. Das zeigt auch der Blick auf die OECD-Statistik hochentwickelter Breitbandländer wie Finnland, Schweden, Japan oder Australien: Dort sorgt Mobilfunk für 80 Prozent der Breitbandanschlüsse, Leitungen für ein Fünftel. In Österreich ist der Anteil von Mobilfunk hingegen erst bei rund 70 Prozent. „Natürlich brauchen wir auch Glasfaser, aber in erster Linie für starke Leitungen zu Mobilfunkstationen und großen produzierenden Betrieben. Dieser Realität sollte die Förderung folgen, statt in Form von Maulwurfprämien zu einer Konjunkturspritze für die Bauindustrie zu verkommen“, sagt Bierwirth. „Was wir brauchen, ist die Förderung eines technologieneutralen Wettbewerbs, bei dem der Kunde aus mehreren Anbietern wählen kann“ fordert Jan Trionow, Geschäftsführer von Hutchison Österreich (Drei).

MVNO sind von der Breitbandmilliarde nicht direkt betroffen, aber „die RTR weiß genau, wo in Österreich die strukturschwachen Regionen liegen. Im Rahmen einer Ausschreibung könnte man jenen, die diese Gebiete optimal bis zu einem gewissen Zeitpunkt versorgen, einen Teil der Investitionskosten refundieren. In manchen Gebieten ist auf jeden Fall dringender Handlungsbedarf gegeben“, erklärt Krammer. (cb)


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