MWC: Datenturbo über Barcelona

Mobility entwickelt sich in raschen Schritten zur Speerspitze der gesamten IKT-Branche. An der Spitze dieses Trends: der Mobile World Congress (MWC) in Barcelona. Über LTE, M2M und das mobile Betriebssystem Firefox. [...]

Pünktlich zum Start des diesjährigen Mobile World Congress hat die GSMA, die die Interessen von knapp 800 Telekommunikationsanbietern vertritt und die Barcelona-Messe veranstaltet, die Studie „The Mobile Economy 2013“ herausgebracht.

Die wichtigsten Zahlen in Kürze: Derzeit verwendet rund die Hälfte der Menschheit die eine oder andere Art mobiler Kommunikation, die vier-Milliarden-Marke soll 2017 fallen. Das Gesamtsystem, das mobile Kommunikation im Zentrum hat, macht einen Umsatz von 1,6 Billionen US-Dollar, was 2,2 Prozent des globalen Brutto­inlandsprodukts entspricht. Im Jahr 2017 werden, so die GSMA-Voraussage, Unternehmen des Mobility-Ökosystems zehn Millionen Menschen unter Vertrag haben.

Ende letzten Jahres habe es laut Studie, die im Zusammenarbeit mit A.T. Kearny verfasst wurde, 6,8 Milliarden mobile Anschlüsse gegeben, davon sind 1,6 Mrd. dem Breitbandsegment zuzuordnen. Die Gesamtzahl soll bis 2017 auf 5,1 Mrd. ansteigen und 920 Millionen LTE-Anschlüsse inkludieren. Der Einsatz des Übertragungsturbos kommt gerade richtig, denn 2012 wurde fast ein Exabyte an Daten pro Monat von unterwegs aus versendet, in den kommenden fünf Jahren soll der ungebundene Traffic auf ein monatliches Volumen von 11,2 Exabytes ansteigen – soweit der Report der Telko-Interessensvertretung GSMA.

DAS HERZ SCHLÄGT SCHNELLER
Die Diskussionen auf dem Mobile World Congress zeigen jedoch, dass LTE allein dem rasanten Datenwachstum nicht Herr werden kann. Auch LTE Advanced mit Bandbreiten von über 100 Mbit/s wird bald an seine Auslastungsgrenzen stoßen. Eine Entwicklungsrichtung, die Verkehrsentspannung bringen kann, ist Mobile Offload – ein heißes Thema auf der diesjährigen Barcelona-Messe.

Eine weitere Herausforderung in Sachen Mobilfunkstandard der vierten Generation sind die unterschiedlichen Frequenzbereiche, die zwar alle zwischen 700 und 2.700 MHz liegen, aber Hersteller zwingen, von Land zu Land unterschiedliche Modell­varianten bauen zu müssen.

Mit dem RF360-Chip hat Qualcomm ein LTE-Funkmodul vorgestellt, das 40 Frequenzbänder abdecken soll. Damit können Devices hergestellt werden, die weltweit via Datenturbo ihren Dienst verrichten. Insgesamt schafft der Qualcomm-Chip eine Reihe von Standards: LTE-FDD, LTE-TDD, WCDMA, EV-DO, CDMA 1x, TD-SCDMA sowie GSM/EDGE. Die ersten Geräte, die OEM-Partner produzieren, sollen in der zweiten Jahreshälfte auf den Markt kommen.

Auch Intel bringt mit dem XMM 7160 eine Multimode-Multiband-LTE-Lösung heraus – und das bereits in der ersten Jahreshälfte. Der Chip-Gigant nutzte den Mobile World Congress außerdem für die Vorstellung neuer Atom-CPU für Smartphones: Z2520, Z2560 und Z2580, die Dual-Core, Hyper-Threading und Taktfrequenzen bis zwei GHz bieten. Im Vergleich zum Vorgänger soll die Grafik-Performance um den Faktor Drei verbessert sein.

Publikumsmagnet der MWC sind jedoch nicht die technischen Innereien – so schnell, stromsparend und kompatibel sie auch seien mögen, sondern das, was die Hersteller rundherum gebaut haben. Hier ein paar Highlights: Das Samsung Galaxy Note 8.0, das mit dem S-Pen herauskommt, füllt die Lücke zwischen dem Galaxy Note 2 mit 5,5-Zoll-Bildschirm und dem Galaxy Note 10.1. Angetrieben wird das neue Tablet von einem hauseigenen Exynos-Quad-Core-Prozessor mit 1,6 GHz Taktung. Was noch fehlt, ist der Preis.

Asus hat den Nachfolger des Smartphone-Tablet-Hybriden Padfone 2 vorgestellt: Das Padfone Infinity bietet ein fünf Zoll großes Display, das in Full-HD auflöst. Die neue Padfone-Station in zehn Zoll hat ebenfalls einen Full-HD-Bildschirm. Als Prozessor dient der neue Qualcomm Snapdragon 600, der auch im neuen LG-Flaggschiff Optimus G Pro zum Einsatz kommt. Laut CPU-Produzent soll der mit 1,7 GHz getaktete Prozessor bis zu 40 Prozent schneller arbeiten als der Vorgänger S4 Pro. Nicht im Premium-Segment ist HP unterwegs, das sich mit dem Slate 7 an den nicht so finanzstarken Consumer wendet. Für etwa 160 Dollar erhält man ein Sieben-Zoll-Tablet, das mit einem ARM Dual Core Cortex A9 (1.6 GHz) bestückt ist.

Auch bei den Smartphones sollen laut Marktforscher Gartner die günstigen Modelle für einen kräftigen Push sorgen – die optimalen Voraussetzungen für Hersteller wie Huawei und ZTE. Huawei hat es zum Jahresende 2012 geschafft, sich nach Samsung und Apple in den Top Drei der Produzenten einzuordnen – beflügelt durch den Smartphone-Boom in Asien und in Afrika. Auf dem MWC hat der Hersteller aus Shenzhen das Ascend Y300 vorgestellt, das es bereits für rund 150 Euro geben soll. Als Herzstück arbeitet Qualcomms Dual-Core-Prozessor Snapdragon MSM8225 mit einer Taktrate von einem GHz. Eine Besonderheit des Vier-Zoll-Geräts: Bereits vorinstalliert ist die neue Bedienoberfläche Emotion von Huawei. Dass China nicht nur billig kann, zeigt etwa das Gerät Ascend P2, ebenfalls aus dem Hause Huawei. Es soll „das schnellste Smartphone der Welt sein“, im Inneren werkt ein eigens entwickelter Quad-Core-Prozessor mit 1,5 GHz.

OPEN-SOURCE-BETRIEBSSYSTEM JENSEITS DER KONSUMELITEN
Während Android die klare Nummer Eins beim mobilen Betriebssystem ist, betritt mit dem Firefox OS eine Plattform den Markt, das die Mozilla-Stiftung speziell für Entwicklungs- und Schwellenländer entwickelt. „Wir fangen mit Geräten an, die etwas langsamer sind und optimieren das dann“, erklärt der Mozilla-Entwickler Christian Heilmann im Gespräch mit der Nachrichtenagentur dpa. In vier oder fünf Jahren könne er sich Firefox-Smartphones aber auch in den „Best Markets“ wie USA oder Deutschland vorstellen. Tablet-Computer mit Firefox OS seien noch nicht geplant, doch gebe es bereits Entwickler, die das ausprobierten.
Das Betriebssystem für die Massen kommt bei den Herstellern jedenfalls gut an, gleich 18 Mobilfunk-Anbieter unterstützen das Mozilla-System. Auch der Vorstandschef von Qualcomm, Paul Jacobs, schwärmt in Barcelona von „diesem unglaublichen Markt all der Leute, die ein Smartphone wollen und sich das nicht leisten können“. Der Chip-Spezialist will das Firefox OS unterstützen und seinen Beitrag leisten, „die bestmögliche Plattform daraus zu machen.“

Das Betriebssystem nutzt die Fähigkeiten des Web-Standards HTML5 und der Skriptsprache JavaScript, direkt auf Hardware-Ressourcen zugreifen zu können. Beim Start des Firefox-Smartphones werden Web- und JavaScript-Engine – also die Basis-Software zur Ausführung von entsprechendem Code – in den Arbeitsspeicher des mobilen Geräts geladen. Damit verschwinde die traditionelle Browser-Umgebung, erklärte Mozillas Forschungschef Andreas Gal, bei der Präsentation.   

CONNECTED CITY
Ein weiterer Höhepunkt des Mobile World Congress, der unter dem Motto „The New Mobile Horizon“ läuft, ist die „Connected City“, die das heiße Thema M2M zum Anfassen bietet. Messeveranstalter GSMA hat zu diesem Zweck ein kleines Stück urbaner Umgebung installiert – Kaufhaus, Hotel, Café, Wohnung und Autohaus inklusive. Das Interesse für das „Internet der Dinge“ kommt nicht von ungefähr, bis 2020 sollen 25 Milliarden Devices vernetzt sein, die Hälfte davon kabellos.

In Barcelona macht etwa ein Aston Martin One-77 Bike die Runde, das den Fahrer mit 100 Informationskanälen versorgt und die Performance in Beziehung zur Umwelt misst. Die Deutsche Telekom bietet im Rahmen der Connected City Lösungen in Sachen öffentlicher Verkehr, Energie und Wassermanagement. Gemeinsam mit SAP stellt das Unternehmen ein Hafensystem vor, das den Verkehr auf Land wie zu Wasser optimieren hilft. Vodafone geht den smarten Weg: Es zeigt, wie man mehr ­Sicherheit in die eigenen vier Wände bringt, wie etwa durch die Möglichkeit, Türen ­remote zu öffnen und zu schließen oder den Gesundheitszustand der Bewohner zu überwachen. Michael O’Hara, Chief Marketing Officer bei GSMA: „Die Connected City zeigt, welche Chancen Mobility schon heute der Geschäftswelt und der Gesellschaft bieten. Die Möglichkeiten einer wirklich vernetzten Welt sind nur durch unsere Vorstellungskraft begrenzt.“ (su)


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