Nutzen und Gefahren der IT-Gesellschaft

Beim diesjährigen Zürcher Netzwerktreffen des Future Network gaben IT-Experten und Wissenschaftler einen Überblick über IT-Trends, die neue Chancen für einen Geschäftserfolg bieten sollen. Darunter waren Themen wie Security und ICT Scope. [...]

Die Informationstechnologie dringt in immer mehr Bereiche unseres Alltags vor und ist aus vielen nicht mehr wegzudenken. Themen wie Social Media, Mobility und das Internet der Dinge sind die Trends der kommenden Jahre. „IT ist allgegenwärtig“, bringt es IBM-Trendforscher Moshe Rappoport auf den Punkt. „Wir sind auf dem Weg zu einem ‚Smarter Planet‘ – wenn man es intelligent und klug macht. War IT in den letzten zwanzig Jahren noch hauptsächlich ein Tool für Unternehmen, um ihre Geschäftsabläufe effizienter zu machen, ist sie mittlerweile in der Mitte der Gesellschaft angekommen“, so Rappoport. Der Experte gab neben weiteren Vertretern der Branche und der Wissenschaft beim diesjährigen Zürcher Netzwerktreffen des Future Network in Zusammenarbeit mit CON.ECT Eventmanagement und der Schweizer Informatikgesellschaft an der Universität Zürich einen Ausblick auf die Möglichkeiten, die IT in Zukunft bieten könnte.

Die „Digital Natives“, also diejenigen, die mit dem PC aufgewachsen sind, rücken verstärkt in die Geschäftsleitungen vor und wollen die Massen an Daten, die seit Jahrzehnten in den Unternehmen ungenutzt gesammelt werden, auswerten und analysieren, um den Markt besser zu verstehen. Sie wollen neue Medien wie Facebook und Twitter in die Geschäftsprozesse einbauen und die Unternehmen müssen lernen, diese Medien zu nutzen. Vernetzung, Big Data und das Internet der Dinge bringen Möglichkeiten mit sich, die Unternehmen und deren IT-Abteilungen vorerst aber vor neue Herausforderungen stellen. Für die nächste Generation an Geschäftsführern, die das „Millenial Enterprise“ leiten werden, gelten laut Rappoport die Schlagworte „next best action, any time and any place and ecosystem alliance“.

UMDENKEN NOTWENDIG
Unternehmen müssten umdenken und ihre Ansätze grundlegend verändern. In Ländern wie der Schweiz und Österreich sei das aber schwierig, weil die Unternehmensphilosophie traditionell eine andere sei. Man dürfe hier keine Fehler machen sondern müsse viel Aufwand betreiben, um sie zu vermeiden. „Wer aber keine Dinge ausprobiert, wird nicht vorwärts kommen“, sagt Rappoport. Es gebe bereits Beispiele, wo Firmen, die bisher noch nie etwas miteinander zu tun hatten, gemeinsam in einem Ecosystem Geschäftsfelder erschließen. Alleine wird es kein Unternehmen schaffen, nur wenn Firmen, Kunden, Lieferanten und Studenten zusammenarbeiten, können sich für sie die Möglichkeiten der IT erschließen.

Die wichtigsten Themen, mit denen sich die Unternehmen in den nächsten Jahren auseinandersetzen müssen sind, laut Rappoport, Cloud Computing, flexible Strukturen, Big Data (Analytics), Mobile Computing, Social Media und Security. „Die Daten müssen sicherer werden und hier gibt es sehr viel zu tun“, so der Experte abschließend.

BEWUSSTSEIN STEIGERN
Dass das Thema Sicherheit und Datenschutz nicht ernst genug genommen werden kann, zeigte auch Bernhard Hämmerli von der Schweizerischen Akademie der Technischen Wissenschaften in seinem Vortrag. Laut Hämmerli hat man bisher angenommen, dass die Werkzeuge, mit denen gearbeitet wird, relativ sicher sind und es „einige böse Hacker gibt, mit denen man aber fertig werden kann.“ Der Fall Snowden hat aber gezeigt, dass dem nicht so ist, man könne einen „perfekten Source Code haben, der trotzdem anfällig ist.“ Die Frage ist, ob die Werkzeuge selber sauber sind. Mittlerweile sind Hardwaremanipulationen häufig. „Ein PC von Dell zum Beispiel wird aus Teilen zusammengebaut, die aus dreißig verschiedenen Ländern stammen. Da ist es fast unmöglich, alle Teile zu überprüfen, ob sie clean sind“, so Hämmerli. Auch die Gefahr von Updates wird unterschätzt: „Mit jedem Update kann etwas geändert werden. Aber das gilt für beide Seiten. Wer garantiert mir, dass das Update nicht manipuliert ist und ich nicht gerade dadurch Schadsoftware auf meinen PC hole?“ Man müsste die gesamte Supply Chain überwachen. Aber wenn man weiß, dass die NSA (National Security Agency) laut Snowden 250 Millionen Dollar jährlich dafür ausgibt, Security Systeme zu schwächen, scheint das unmöglich.

NATIONALE IT ALS LÖSUNG
Kann eine nationale IT Abhilfe schaffen oder zumindest für mehr Sicherheit garantieren? Wohl eher nicht, meint Hämmerli und verweist auf ein Zitat von Richard Clarke, dem langjährigen Berater des Weißen Hauses, der davon überzeugt ist, dass es bei der Speicherung von Daten in lokalen Clouds, wie etwa in der Schweiz, nur ums Geschäft gehe und nicht um den Schutz der Informationen: „Wer meint, seine Daten seien in einer Schweizer Cloud sicher, ist naiv.“ „Wenn eine Nation auf die privaten Daten einer Person zugreifen will, wird sie das früher oder später schaffen“, so Hämmerli und schlägt vor, sparsam und sorgfältig mit seinen Daten umzugehen und wirklich vertrauliche Daten nicht in der Cloud zu speichern. Sonst bleibe nur die Möglichkeit, auf PC, Handy und Internet komplett zu verzichten.

AMBIENTE KOMMUNIKATION
Wie IT und Social Media im universitären Bereich sinnvoll genutzt werden können, präsentierte Professor Clemens Cap von der Universität Rostock. Mit der Schaffung „ambienter kommunikativer Räume“ können, laut Cap, die Kommunikationsbedürfnisse innerhalb einer Lehrveranstaltung bedient werden. Mit dem von ihm mitentwickelten Projekt Tweedback will er die Interaktion zwischen Dozenten und den Studenten steigern und vereinfachen. Tweedback ist ein Web-basiertes Live-Feedback-System, das den Austausch zwischen Zuhörern und Redner vor allem in Lehrveranstaltungen fördern soll und über jedes internetfähige Gerät verwendet werden kann.

Simon Moser, Präsident von ICTSCOPE.CH, der schweizerischen Vereinigung für ICT Scope, Cost and Performance Management, hat einen Lösungsansatz für ICT-Projekt-Auftraggeber vorgestellt, von welchem auch die ICT-Provider profitieren sollen. 95 Prozent der staatlichen und wirtschaftlichen Produkte seien heute direkt oder indirekt von IT abhängig, so Moser, und der Nutzen sei sehr hoch. Allerdings sei auch das Gefahrenpotenzial enorm. Heute sei die gesamte Kompetenz bei IT-Projekten beim Lieferanten gelagert. Mit ICT Scope Management emanzipieren sich die Fachbereiche in den Unternehmen bezüglich der ICT und so könne durch Planung und Analyse die Qualität bei Projekten gesteigert werden. „Nur wenn die Fachanforderungen in sich konsistent, vollständig, verständlich und korrekt vorliegen, sollten darauf basierend ICT-Projektaufträge vergeben werden. Wer diese einfache Regel missachtet, darf sich nicht wundern, wenn das in vielen Fällen nicht gut kommt“, so Moser.

NEBENWIRKUNGEN FÜR DIE GESELLSCHAFT
Andreas Wartenweiler, Leiter Risk Management Gruppe der Helsana Versicherungen, referierte über die Abbildung von GRC (Governance, Risk, Compliance) Prozessen mittels der Software Lösung risk2value des österreichisch Softwareanbieters avedos. Wartenweiler betonte in seinem Vortrag, dass der Mehrwert von GRC Software, je nach Rolle der Benutzer, sehr individuell ist. Durch umfassende, zeitnahe und personalisierbare Informationsdarstellung, sowie intuitive Benutzerführung, ist dem Rechnung zu tragen.

Schließlich warnte noch Raymond Morel von der Schweizerischen Akademie der Technischen Wissenschaften (SATW) und der International Federation for Information Processing (ifip) vor den negativen Auswirkungen für die Gesellschaft, wenn das Leben von zu viel Technologie bestimmt wird. „Wir neigen dazu, Technologie zu verwenden, ohne sie zu reflektieren und wir haben den Wunsch, alles zu automatisieren. Wenn man aber nicht genau versteht, was die Menschen wollen, denken oder fühlen, then you will crash“, so Morel. Es fehlt sozusagen in vielen Bereichen an der „Basisweisheit.“ Vor allem im Bildungsbereich sieht Morel große Versäumnisse. (cb)


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