Open Source als ERP-Alternative

Der Systementwickler HELIUM V IT-Solutions bietet speziell kleinen und mittelständischen Unternehmen Open-Source-ERP gepaart mit einem umfassenden Dienstleistungsservice. Details dazu verrät Werner Hehenwarter im Gespräch mit der COMPUTERWELT. [...]

Mit Helium V (sprich Helium five) erhalten Unternehmen aus einer Hand unmittelbar vom Hersteller persönliche Beratung und Betreuung mit umfangreichen Branchen-Knowhow, das über 30 Jahre Erfahrung umfasst. Dabei kombiniert das System, das auf den fünf Säulen (daher der Name) Einkauf, Verkauf, Warenwirtschaft, Produktion mit Zeitwirtschaft und Management fußt, die Anforderungen von KMU an ERP-, CRM-, BI- und DMS-Lösungen in nur einem System.

Was unterscheidet HELIUM V von anderen ERP-Anbietern?

HELIUM V wurde aus den Bedürfnissen von innerbetrieblicher Logistik und Produktion entwickelt und kommt nicht aus der Buchhaltung. Ich habe selbst bei meiner Arbeit in der Elektronik-Branche festgestellt, dass ein Werkzeug für Beschaffung und Materialwirtschaft fehlt. Daraufhin habe ich begonnen, die Vorgänger-Version von HELIUM V zu programmieren. Die Software HELIUM V wird in Eugendorf bei Salzburg weiterentwickelt, Kunden erreichen uns bei Fragen persönlich per E-Mail und Anruf.

Wir bieten mit der Open-Source-Schiene eine Alternative zum klassischen ERP. Jeder kann es probieren und sich – das Knowhow vorausgesetzt – am Code zu schaffen machen. APIs sind frei zugänglich. Und für alle, die nicht den Weg der Subskription wählen wollen, bieten wir zusätzlich eine Enterprise-Version an. So kann jeder die für das Unternehmen passende Entscheidung treffen.

Die ERP-Lösung von HELIUM V gibt es für zahlreiche unterschiedliche Branchen. Inwiefern unterscheiden sich diese Varianten und wie flexibel kann das ERP-System gegebenenfalls an andere Branchen angepasst werden?
Unsere Kunden sind KMU aus dem DACH-Raum. Schwerpunkte haben sich in den Branchen Elektronik, Elektrotechnik, Metallverarbeitung, Metallbearbeitung, Maschinenbau und Anlagenbau herauskristallisiert. Doch wir bieten auch Branchenlösungen für Catering, Großküchen, Kosmetik und Lebensmittel an. Ausschlaggebend ist die Ausrichtung auf Produktion und deren Abbildung in der Software.

Einzelne Programmbausteine und Funktionen werden in enger Zusammenarbeit mit Anwendern und Anwenderinnen aus unterschiedlichen Bereichen und Branchen umgesetzt. Darum haben wir uns auch dazu entschlossen, die Preise für unsere Leistungen so transparent wie möglich im Internet abzubilden. Unter uns gesagt: das war eine knifflige Aufgabe alle Leistungen in einzelnen Branchen-Pakete aufzuteilen, kurz zu beschreiben und in übersichtlicher Form darzustellen. Rückblickend sind wir jedoch davon überzeugt, dass es genau die richtige Maßnahme war, um Kunden die Angst vor großen Investitionen zu nehmen.

Der flexible Aufbau von HELIUM V ermöglicht uns jedem einzelnen Kunden eine individuelle Lösung anzubieten. Das ist uns besonders wichtig, da damit die Anforderungen und Bedürfnisse, die unternehmenseigenen Prozesse mit der Software optimal abgewickelt werden können.

Im ERP-Markt gibt es viele proprietäre Lösungen. Ist Open Source im ERP-Bereich ein Thema und was muss man darüber wissen?
„Denk an Redefreiheit, nicht Freibier.“ Diese Worte von Richard Stallman sind heute berühmt. Viele Menschen glauben, bei Open-Source-Software handelt es sich einfach um kostenlose Programme, also Anwendungen, die philanthropische Entwickler kostenfrei zur Verfügung stellen. Diese Ansicht ist jedoch verkehrt. Es greift viel zu kurz, Open-Source-Programme mit kostenlosen Gimmicks oder der Freeware vergangener EDV-Zeiten zu vergleichen.

Um genauer zu verstehen, was mit Open Source tatsächlich gemeint ist, hilft es, sich die Definition des Free-Software-Aktivisten Richard Stallman näher anzuschauen. Laut Stallmann geht es vor allem um die Freiheit, „Programme auszuführen, zu untersuchen und zu ändern und Kopien mit oder ohne Änderungen weiterzuverbreiten“.

Für uns ist Software ein gedankliches Gut, das durch die Vernetzung vieler Menschen gemeinsam weiterentwickelt wird. Open Source ist oft eine ideelle Entscheidung. Quelloffene Programme sind Teil einer weltweiten Bewegung für die Freiheiten der Nutzer. Durch die Zurverfügungstellung als Open Source geben wir unseren Anwendern die Sicherheit, dass alle Berechnungen bzw. Verfahren offengelegt sind. Open Source bedeutet für uns, das Vertrauen der Kunden in den Softwarehersteller zu gewinnen. Derzeit ist es in weiten Bereichen so, dass versucht wird, die Kunden zu knebeln, mit Verträgen ein Leben lang an sich zu binden. HELIUM V sieht Kunden und Hersteller jedoch als gleichberechtigte Partner, die gemeinsam an einem Strang ziehen.

Ist für Startups ein ERP-System nicht überzogen? Es gibt doch Open Office …
Wie schnell findet man in Open Office den Umsatz der Kunden im letzten Quartal? Wie schnell kann ich aus den erstellten Rechnungen einen Export für den Steuerberater machen? Oder die Liquiditätsentwicklung ablesen und so für Bankengespräche gerüstet sein? Wir berufen uns auf fünf Hauptgründe von Beginn an HELIUM V einzusetzen:
1. Transparenz über Kosten und Erträge in Form von Eingangsrechnungen, Preisen oder Konditionen.
2. Auswertungen sind schon vorhanden und können sofort erstellt werden. Man kann zum Beispiel die Liquiditätsentwicklung auf Knopfdruck ansehen und rasch eventuelle Engpässe erkennen.
3. Man muss Daten in einem System nur einmal erfassen und kann somit die Datenqualität sicherstellen.
4. Es ist eine Lösung direkt vom Hersteller für ERP, CRM, BI und DMS für Startups und KMU.
5. Wachstum und Entwicklung sind damit sichergestellt: von der Konstruktion über den Kundenstamm bis hin zur Finanzbuchhaltung und Ergebnisrechnung.
Prioritäten können wir auch im Bereich der Zeiterfassung erkennen. Je härter der Wettbewerb wird, umso klarer muss man die Kosten und so auch den Zeiteinsatz der eigenen Mitarbeiter kennen. Die Schlagworte Flexibilität, Kostentransparenz, Agilität und Wertschöpfung beschreiben die großen Herausforderungen. Aber man muss wirklich sagen, dass es neuerdings eine stärkere Nachfrage von Startups gibt, die gleich von Beginn an mit einem System und aber auch mit wenig Risiko starten wollen. Hier haben wir reagiert und bieten eigene Betreuungs- und Softwarepakete für Neugründer, Umgründer oder Nachfolge an. Das Bewusstsein in den Unternehmen wächst immer mehr, es wird der Wert der Daten eindeutig erkannt.

Wie vermeidet man Data-Lock-in und bewahrt die Portabilität der Daten?
Viele kennen den Begriff Vendor-Lock-in: Man kauft ein Produkt und bindet sich an einen einzigen Hersteller. Sei es, dass man Ersatzteile benötigt, eine Erweiterung oder eine Dienstleistung.  Was ist neben den Vermögenswerten das Wertvollste, das eine Firma besitzt? Genau: Ihr Wissen, ihr Kunden- und Lieferantenstamm, ihre Dokumente, ihre Daten. Daten gelten als die Basis des Unternehmenserfolgs. Es wird oft davon gesprochen, dass bei Datenverlust Unternehmen kurz darauf in die Insolvenz schlittern. Darum ist es umso wichtiger, zu regeln, wer Zugriff auf meine Daten hat und dass ich diese bei Bedarf jederzeit auslesen und wiederherstellen kann. Das war weniger ein Problem, solange alle Daten bei Ihnen im Haus blieben und Sie die volle Kontrolle hatten. Aber auch hier haben sich die Zeiten und die Modalitäten geändert. Immer öfter fallen Schlagworte wie Outsourcing, Cloud Computing, File Sharing, mobiles Arbeiten, Online-Backup oder Software als Service (SaaS).

Man muss bei der Entscheidung für einen Anbieter sehr genau prüfen, was passiert, wenn Sie wechseln wollen. Es kann passieren, dass bei Kündigung Ihre Daten dennoch beim Anbieter bleiben. Auch im ERP-Umfeld gehen immer mehr Anbieter den Weg, dass Daten zentral verwaltet werden. Gerade im Mittelstand ist das ein attraktives Geschäftsmodell: Mit so genannten cloudbasierten Lösungen erreichen auch große Weltkonzerne kleinere Firmen plötzlich zu attraktiven Konditionen. Mein Rat: Schauen Sie genau hin und lassen Sie sich unabhängig beraten.
Mit der DSGVO 2018 werden sich sehr wahrscheinlich Änderungen ergeben, das Recht auf „eigene Daten“ wurde verankert, Anbieter müssen die Portabilität sicherstellen. Es bleibt abzuwarten, wie die Entwicklung sich abzeichnet.

Wie wichtig ist heutzutage die Cloud-Fähigkeit von ERP? Was sind die Vor- und Nachteile der Cloud und ERP im produzierenden Umfeld?
Die Cloud ist noch immer in aller Munde und wird als Allheilmittel für jegliche IT-Probleme gepriesen. Sieht man nun beispielsweise aus Sicht eines produzierenden Unternehmens etwas genauer hin, so erkennt man sehr rasch einige Forderungen, die für einen reibungslosen Betrieb der IT erforderlich sind:
– Ein Ausfall der IT von wenigen Stunden bewirkt sehr oft, dass nicht mehr produziert werden kann.
– Es wird eine Vielzahl von Belegen auf den unterschiedlichsten Druckern/Ausgabegeräten erzeugt. Diese müssen ohne Zutun des Anwenders genau am richtigen Gerät landen.
– Die versprochene Kostenersparnis wird oft nicht erreicht, da natürlich Cloud-Betreiber auch leben wollen.
– Wie ist die Rechtssituation der Daten, wenn der Cloud-Betreiber einem fremden nicht-europäischen Rechtssystem unterliegt, wie sieht die Durchsetzbarkeit meines Datenschutzrechtes aus?

Die durch die Cloud geforderten Fähigkeiten Remote-Zugriff, Nutzbarkeit im Browser etc. sind in jedem Falle wertvoll. Daraus ergibt sich eine deutliche Trennung zwischen ganz jungen Startups, die wenige Rechnungen/Belege schreiben und viel unterwegs beim Kunden sind und den Firmen, die von Anfang an mit einer etwas umfangreicheren Warenbewirtschaftung starten und sich rasch zu einem produzierenden/assemblierenden Unternehmen entwickeln. Hier kommt hinzu, dass Löhne und Infrastrukturkosten in Randgebieten oft deutlich günstiger sind, dafür aber den Nachteil haben, dass die Anbindung ans Internet oft sehr schlecht ausgebaut ist. Die für die intensive Nutzung von ERP-Cloud-Diensten erforderliche echte Redundanz ist nicht in einem leistbaren Ausmaß gegeben.

Wie sieht es mit Support, Wartung und Weiterentwicklung der ERP-Lösung von HELIUM V aus?
Als Hersteller der ERP-Software übernimmt HELIUM V einerseits die Aufgabe, die Branchenlösungen zu programmieren, andererseits stehen Service und Dienstleistung im Vordergrund. Unsere Kunden erhalten persönliche Betreuung, Support, Schulung und Beratung zum Themengebiet ERP und Optimierung der Unternehmensabläufe und profitieren von unseren Erfahrungen und Praxis-Knowhow aus vielen erfolgreichen Projekten von ERP-Einführung über Fertigungsoptimierung bis hin zu Qualitätsmanagement.

HELIUM V wird laufend weiterentwickelt und erweitert. Die neuen Funktionen stellen wir im Rahmen von Updates zur Verfügung. Die Änderungen, Korrekturen und Ergänzungen aus der Entwicklungstätigkeit sind in Release-Notes dokumentiert, die frei einsehbar sind.

Wichtig für jede Zusammenarbeit mit Kunden und Partner ist für uns bei HELIUM V, dass die Arbeit und Kommunikation auf Augenhöhe erfolgt. Das gemeinsame Ziel muss immer sein, die Anforderungen und Abläufe des Kundens optimal abzubilden.

Sie bieten sowohl eine Miet- als auch ein Kaufoption an. Ist nicht das Mietmodell gerade für KMU besser geeignet?
Das kommt ganz auf den Wunsch und die finanzielle Situation des Unternehmens an. Je nachdem kann es sinnvoll sein, eine Investition einmal zu tätigen, dann wird natürlich der Lizenzkauf bevorzugt. Andere Unternehmen planen lieber laufende Kosten ein und mieten die Softwarelizenzen. Der große Vorteil ist, dass wir flexibel auf Kunden eingehen können und wollen. Offenheit ist uns hier sehr wichtig.


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