Larry Ellison hat auf der Oracle Open World in San Francisco wieder zu einem Rundumschlag auf die Konkurrenz ausgeholt und Oracle einen aggressiven Cloud-Kurs verpasst: "Wir sind die am schnellsten wachsende Cloud Company", so der Oracle-Chef. [...]
Die roten Teppiche waren wieder ausgerollt und die Howard Street in San Francisco wie gewohnt gesperrt für die 60.000 Besucher der Oracle Open World. Die Stadt war wieder von Oracle in Beschlag genommen. Kein Wort zu dem im Juli verkündeten Kauf von Netsuite (Oracle übernimmt den US-Cloud-Anbieter für 9,3 Milliarden Dollar) kam von Larry Ellison bei seiner Keynote zum Auftakt der Konferenz. Dafür zeigte der Oracle-Chef viele neue Cloud-Angebote aus dem Saas-, PaaS- und insbesondere dem IaaS-Bereich und verkündete eine neue Akquise: Palerra, Security-Cloud-Anbieter, wird ebenfalls von Oracle gekauft. Ellison widmete sich ausschließlich einem Thema – der Cloud. Oracle betreibt dazu derzeit 19 Datacenter weltweit, der Ausbau wird jetzt kräftig vorangetrieben.
Oracle auf der Überholspur
Oracle versucht alles, um den verspäteten Start ins Cloud Business aufzuholen. Dazu hat Larry Ellison sechs „Cloud-Design-Ziele“ verkündet: Kosten, Ausfallsicherheit, Performance, Standards, Kompatibilität und Sicherheit. Ob Oracle tatsächlich die „am schnellsten wachsenden Cloud Company“ ist und damit vor Microsoft und Amazon liegt, wie Ellison behauptet, sei dahingestellt. Fest steht allerdings, dass Oracles Cloud Business kräftig gewachsen ist: Im letzten Quartal (Quartal eins des Geschäftsjahres 2017) stieg Oracles Cloud-Umsatz um 82 Prozent auf 815 Millionen Dollar gegenüber dem Vergleichsquartal 2016. Im vergangenen Geschäftsjahr, das im Mai 2016 abgeschlossen wurde, betrug der Cloud-Umsatz insgesamt knapp vier Milliarden Dollar. „In den Bereichen SaaS und PaaS haben wir im letzten Fiskaljahr mehr verkauft als jeder andere Anbieter“, sagte Ellison. Oracle hat derzeit laut Eigenaussage 20.000 Cloud-Kunden weltweit, davon sind 2.800 Cloud-ERP-Kunden. Workday dagegen habe nur 325 Kunden, teilte Ellison einen Seitenhieb auf einen Konkurrenten aus.
Was Oracles Cloud-Strategie betrifft, legte Ellison den Fokus klar auf One Stop Shop und will „noch mehr Performance und geringere Kosten bieten. Was die Kunden wollen, ist eine integrierte Suite und nicht zig verschiedene Applikationen von 30 verschiedenen Herstellern.“ Und wieder ein Vergleich zu Workday: Oracle biete derzeit 30 Cloud-ERP-Software-Module, Workday hingegen nur acht.
Mittelweg Cloud@Customer
Oracle gliedert den Cloud-Bereich in SaaS, PaaS und IaaS (Software, Plattform sowie Infrastruktur as a Service). Zum Thema Infrastruktur erklärte Ellison: „Compute bzw. Rechenleistung ist heute Commodity wie die Elektrizität.“ Groß präsentiert wurde die schon im März erstmals angekündigte „Cloud@Customer“. Damit soll es Unternehmen erleichtert werden, ihre eigene Cloud-Architektur im Haus aufzubauen. De facto handelt es sich dabei um eine von Oracle gemanagte Private Cloud, bei der Hardware und Software laut Ellison „ident mit der Oracle Public Cloud“ sind. Damit bietet Oracle Unternehmen drei Wahlmöglichkeiten an: On Premise, Public Cloud und Cloud@Customer.
Im PaaS-Bereich werden jetzt insgesamt
19 Cloud Services angeboten, die es Unternehmen erleichtern sollen, etwa in der Cloud zu entwickeln und die eigenen Cloud Services zu managen. Zu den Oracle-PaaS-Angeboten zählen ab sofort verfügbare Container Cloud Services für Entwickler, Identity Cloud Services, IoT Cloud Services, Big Data Cloud Services sowie Analytics Cloud Services.
Amazon weit vorne
Zu IaaS gab es von Ellison eine kämpferische Ansage: „Die Marktführerschaft von Amazon ist zu Ende.“ Das ist allerdings noch Zukunftsmusik: Amazon ist derzeit im IaaS-Bereich absoluter Marktführer und erzielte 2015 einen Umsatz von mehr als sieben Milliarden Dollar. Heuer will Amzon-Chef Jeff Bezos den Cloud-Umsatz auf über zehn Milliarden Dollar steigern. Oracles Rezept dagegen: Das neue IaaS-Angebot soll schneller sein und darüber hinaus um 20 Prozent weniger kosten.
Database as a Service
Neu ist, dass Oracles Datenbank als Cloud-Version angeboten wird und als vierte Kartegorie DaaS (Database as a Service) ins Spiel kommt. Die neue Cloud-Datenbank 12c, Release 2, wird es in drei Versionen geben: als Startversion Exadata Express Services für KMU, als Enterprise Cloud Services sowie als Exadata Cloud Services für Highend-Anforderungen. Die Einstiegsversion der neuen Cloud-Datenbank, die Exadata Express Services, ist laut Ellison ab sofort verfügbar, als Einstiegspreis nannte der Oracle-Chef 175 Dollar pro User und Monat.
Im SaaS-Bereich steht das Cloud-ERP-Angebot mit 2.800 Kunden an der Spitze – aber auch mit der 2014/15 eingeführten Cloud-Lösung für EPM (Enterprise Performance Management), die laut Ellison „heuer mit allen Komponenten fertig geworden ist“, habe man schon 1.500 Kunden erreicht. Für die HCM Cloud (Human Capital Management) nannte Ellison 900 Kunden. Bei CX Cloud (Customer Experience) „sind wir der Nummer-Eins-Mitbewerber von Salesforce“, sagte der Oracle-Chef. Bei der SCM-Cloud-Lösung (Supply Chain Management) habe man als einziger Anbieter eine komplette, integrierte Lösung am Markt. Noch einige Zahlen: Im ersten Quartal des laufenden Geschäftsjahres sind laut Oracle 750 neue SaaS-Kunden hinzugekommen, davon sind 344 Cloud-ERP-Kunden.
Drei Prognosen zur Cloud
Oracle-CEO Mark Hurd unterstrich die aggressive Cloud Policy und traf dazu drei Prognosen. Erstens: Bis 2025 wird 80 Prozent des IT-Budgets in Cloud-Technologie investiert werden, vor allem die Ausgaben für IaaS werden dramatisch zunehmen. Zweitens: Bis 2025 wird die Anzahl der unternehmenseigenen Datacenter um 80 Prozent fallen, da sich immer mehr Unternehmen in Richtung Public Cloud bewegen. Und drittens: 80 Prozent des IT-Budgets können damit künftig in Innovation fließen.
Wie bei Ellison war auch bei Hurd Cloud das alles bestimmende Thema. Er nannte in seiner Keynote zahlreiche Kundenbeispiele und ließ mit Joanna Fielding, CFO von HSBC, einer der größten Banken weltweit, sowie Patrick Benson, CIO von ClubCorp, US-Reiseanbieter für Club-Urlaub, auch zwei überzeugte Oracle-Cloud-Kunden zu Wort kommen.
Was die Cloud betrifft, kommt es auch in Österreich zu Veränderungen: „Wir sehen inzwischen deutlich mehr Aufgeschlossenheit gegenüber dem Cloud-Thema – da gab es vor zwei Jahren noch viel mehr Zurückhaltung bis hin zu Ablehnung“, ortet Oracle-Österreich-Chef Martin Winkler im Gespräch mit der COMPUTERWELT viel Potenzial bei heimischen Unternehmen. Oracle Österreich hat derzeit laut Winkler mit knapp 300 Mitarbeitern im ersten Quartal des laufenden Geschäftsjahres ein besseres Umsatzergebnis erzielt als der Gesamtkonzern – sowohl im Lizenzgeschäft als auch im Hardware- und im Cloud-Bereich. „In Österreich wachsen wir damit insgesamt“, zeigt sich Winkler zufrieden mit der Geschäftsentwicklung.
Auf www.itwelt.at finden Sie zudem ein Interview mit Deepak Patil, der seit rund einem Jahr bei Oracle als Vice President für Infrastructure tätig ist. Im Gespräch mit der COMPUTERWELT schildert Patil, zuvor 16 Jahre bei Microsoft tätig und eines der Gründungsmitglieder von Microsoft Azure, wie seine Strategie für IaaS bei Oracle aussieht.
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