Oracle propagiert den Red Stack

Selbst Oracle-Chef Larry Ellison kommt an der Cloud nicht vorbei: Obwohl er den Trend einst als Geschwafel abgetan hat, stand die Hausmesse Oracle Openworld ganz im Zeichen der Cloud. Als Komplettanbieter will Oracle alles aus einer Hand liefern (Red Stack). [...]

Vor ein paar Jahren konnte sich Oracle-Boss Larry Ellison mit der Idee des Cloud Computing noch nicht so recht anfreunden. „Die Computer­industrie ist die einzige Industrie, die noch stärker von Moden beeinflusst wird als der Markt für Frauenkleidung. Vielleicht bin ich ein Idiot, aber ich weiß nicht, wovon die Leute eigentlich reden. Das ist doch nur Geschwafel“, kritisierte er damals die vermeintliche Modeerscheinung Cloud Computing – und hielt für Oracle im Nachsatz doch alle Möglichkeiten offen: „Natürlich werden auch wir Cloud-Services anbieten. Ich werde nicht dagegen kämpfen. Ich verstehe nur nicht, was wir künftig anderes tun als bisher.“

Inzwischen versteht es Ellison doch und dementsprechend war auch seine Keynote auf der diesjährigen Hausmesse Oracle Openworld von Cloud-Ankündigungen geprägt. Der Tenor der Angebote: Oracle fungiert als Komplettanbieter für Unternehmens-IT und bietet Anwendern inklusive Hardware alles, was sie benötigen aus einer Hand. Das nennt sich dann Oracle Red Stack und basiert auf den hauseigenen Engineered Systems: Perfekt auf den jeweiligen Einsatzzweck der Software abgestimmte Hardware, die sich laut Oracle-President Mark Hurd „schneller und günstiger implementieren lässt und einfacher zu warten ist“. Beispiele dafür sind die Appliances Exadata (In-memory-Datenbank), Exalytics (Analyse großer Datenmengen) und Exalogic (für den effizienten Betrieb von Oracle-Software).

INFRASTRUKTUR-ANGEBOT
Als selbsterklärter Komplettanbieter deckt Oracle ab sofort alle drei gängigen Cloud-Service-Ebenen ab: Software as a Service (SaaS), Plattform as a Service (PaaS) und Infrastructure as a Service (IaaS). SaaS- und PaaS-Angebote gab es von Oracle auch bisher schon, nun tritt der Konzern auch als Cloud-Infrastrukturanbieter auf. „Unsere Kunden brauchen alle drei Cloud-Layer“, trieb Ellison in seiner Keynote konsequent die Alles-aus-einer-Hand-Strategie voran. Es reiche nicht, nur ein Cloud-App- oder nur ein Cloud-Plattform-Anbieter zu sein. „Amazon hat nur einen Layer (IaaS), Salesforce zwei (SaaS, PaaS) und Oracle hat jetzt alle drei.“

Zu den SaaS-Angeboten von Oracle zählen die CRM- und ERP-Suiten (JD Edwards, Peoplesoft, Siebel), also letztlich die in Java programmierten Fusion-Produkte. Als Hauptkonkurrent in diesem Bereich sieht Ellison überraschenderweise nicht SAP mit dem Cloud-ERP-System Business by Design, sondern den CRM-Spezialisten Salesforce mit Marc Benioff an der Spitze, früher Oracle-Mitarbeiter und nun erklärter Lieblingsfeind von Ellison.

In die Cloud-Rubrik Plattform-Entwicklungsumgebungen (PaaS) fallen Oracle DBMS, Java und die Fusion Middleware. Zum neuen IaaS-Angebot zählen klassische Storage- und Computing-Dienste plus Virtualisierung. Dazu gehören als Hardware-Fundament die bereits erwähnten Appliances Exadata, Exalytics und Exalogics. Als Hauptkonkurrenten zielt Ellison in diesem Bereich nicht auf IBM, sondern will offensichtlich dem IaaS-Pionier und Platzhirschen Amazon (Amazon Web Services) Kunden abjagen.

Auch was die Art der Cloud betrifft, will Oracle alle Möglichkeiten abdecken: Public, hybride und private Clouds. Der Konzern stellt den Anwendern frei, ob sie ihre eigene Oracle private Cloud betreiben, wahlweise managed by Oracle oder in Eigenregie, und ob die Cloud in einem Oracle-Rechenzentrum läuft oder auf eigener Hardware. Business-Applikationen wie die E-Business-Suite, Siebel CRM, Peoplesoft, Oracle DMBS und die Fusion-SaaS-Apps sollen sich je nach Auslastung und Strategie eines Unternehmens zwischen public und private Cloud hin- und herschieben lassen. Kunden können die Oracle public Cloud zum Beispiel als Backup-System für ihre private Cloud nutzen. Der Platinum-Support garantiert dabei eine Antwortzeit von maximal 15 Minuten.

MULTITENANT-DATENBANK
Mit Oracle DBMS 12c stellte der Konzern auf der Openworld die laut eigenen Aussagen „erste Cloud-Multitenant-Datenbank der Welt“ vor. Multi-Tenancy ist ein Kernkonzept der Cloud: Eine Software-Instanz bedient mehrere Anwender, die sich auf diese Weise die Ressourcen teilen. Bisher gab es das nur für Applikationen – nach vier Jahren Entwicklungsarbeit nun auch für die Oracle-Datenbanken. Das Konzept: „In einer einzigen Container-Datenbank laufen sogenannte Plugin-Datenbanken, beispielsweise für ERP- und CRM -Systeme oder Data Warehouses, die sich Ressourcen der Container-Datenbank (wie Arbeitsspeicher, Storage, Prozess-Management) teilen“, erklärte Ellison im Rahmen seiner Keynote. Die Daten der verschiedenen Anwendungen werden damit nur noch in einer Datenbank statt wie bisher in getrennten Systemen gespeichert, was Verwaltung sowie Backup und Recovery vereinfacht. Dadurch soll nicht nur der Hardwarebedarf auf ein Sechstel sinken, sondern auch das Gesamtsystem fünf Mal besser skalieren. Ob die Lizenz dafür dann entsprechend teurer wird, verriet der Oracle-Chef noch nicht.

Die in der neuen Version X3 vorgestellte Datenbank-Appliance Exadata soll die Hardware-Grundlage von Clouds darstellen. Version X3 ist schneller als das Vorgängersystem X2, der Preis soll jedoch laut Ellison stabil bleiben. Das möchte man bei einem Einstiegspreis von etwa 200.000 Dollar aber auch fast hoffen. Exadata X3 enthält 26 Terabyte Arbeitsspeicher in einem Rack, davon vier Terabyte DRAM und 22 Terabyte Flash-Cache. Dank Kompression soll damit eine Datenbank in der Größe bis zu 220 Terabyte vorgehalten werden können. Der Datendurchsatz beträgt 100 Gigabyte pro Sekunde (SQL-OLAP-Datenbanken). X3 schreibt laut Oracle etwa 20 Mal schneller als die X2 (write I/O) und schafft 1,5 Millionen SQL random reads pro Sekunde. „Alles ist im Arbeitsspeicher, In-memory“, warb Ellison für die Geschwindigkeit der neuen „In-Memory-Maschine“. Mit Exadata X3 tritt Oracle in direkte Konkurrenz zur Hochgeschwindigkeitsappliance HANA von SAP. „Ich weiß, dass SAP eine In-Memory-Maschine hat, aber die ist ein wenig kleiner als unsere“, konnte sich der Oracle-Boss einen bis dahin sorgfältig vermiedenen Seitenhieb auf SAP letztlich doch nicht verkneifen.

NEUE SPARC-PROZESSOREN
Eine neue Generation der Sparc-Prozessoren soll dabei helfen, den Konkurrenten aus Walldorf auszustechen: „In einem Jahr werden die Oracle-Anwendungen mit den neuen Prozessoren schneller laufen als auf jeder anderen Hardware“, versuchte Ellison den Kunden Oracle-Hardware schmackhaft zu machen. Hintergrund ist die schwache Performance der Hardware­sparte von Oracle, die im Grunde genommen aus den Angeboten des übernommenen Anbieters Sun besteht: Im zuletzt abgeschlossenen Quartal musste die Sparte einen Rückgang der Einnahmen um 27 Prozent hinnehmen und es ist ein offenes Geheimnis, dass die Sparc-Systeme gegenüber X86-Architekturen kontinuierlich Marktanteile verlieren.

„Wir entwickeln die nächste Generation von Sparc-Microprozessoren“, bekräftigte Ellison in seiner Keynote. Die neue Generation werde „Softwarefunktionen aufs Silicon verlagern“ und dadurch extrem performant sein. Gemeinsam mit dem Hardware-Partner Fujitsu arbeitet Oracle nun daran, möglichst viele Software-Funktionen in der Hardware der Sparc-CPU abzubilden. Konkret kommt das in einem gemeinsamen Big-Data-Projekt namens Athena zum Ausdruck. Die Big-Data-Sparc-Appliance Athena enthält Oracles Virtualisierungstechnik, das Betriebssystem Solaris und Oracle DBMS. Die Appliance soll sich besonders für die Analyse sozialer Netzwerke und für Abverkaufsprognosen eignen, also die datengetriebene Entscheidungsfindung in Echtzeit unterstützen. Eine Athena läuft mit 512 Gigabyte Arbeitsspeicher pro CPU pro Sockel und skaliert bis auf 32 Terabyte RAM pro System. (oli)


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