Paradigmenwechsel bei Software-Entwicklung

Die Code-zentrierte Programmierung geht zu Ende, der modellbasierende Ansatz rückt nun nach. [...]

Der US-Amerikaner Ed Seidewitz gilt als einer der geistigen Väter der modellbasierten Entwicklung von Software und Systemen. Vor kurzem hielt er an der Technischen Universität Wien einen Vortrag zum aktuellen Stand dieses Ansatzes: „Die Zukunft der Software- und System­entwicklung liegt im modellbasierten Ansatz unter Verwendung der inzwischen weltweit am weitesten verbreiteten grafischen Sprache UML.“ Schon 2003 forderte Seidewitz in seinem viel zitierten Text „What models mean“, dass in der Softwareentwicklung das Modell ins Zentrum der Betrachtung rücken müsse – wie in vielen anderen Wissenschafts- und Technikbereichen auch. Mit den aktuellen Entwicklungen im Umfeld der UML kommt dieser Zeitpunkt immer näher: „Für die immer komplexer werdenden Systeme und Softwarelösungen brauchen wir heute mehr denn je die feste Basis eines UML-Modells. Das Modell wird zum Zentrum der Entwicklung und liefert gleichzeitig eine klare Dokumentation für zukünftige Veränderungen.“

Seit 15 Jahren arbeitet Seidewitz in der 1989 gegründeten Object Management Group (OMG), die sich mit der Entwicklung von Standards für die herstellerunabhängige, systemübergreifende, objektorientierte Programmierung beschäftigt. Das Industrie-Konsortium hat inzwischen weltweit über 800 Mitglieder, darunter Sparx Systems und LieberLieber Software. Um das Lesen der Modelle allen Beteiligten zu erleichtern, entwickelte LieberLieber für die UML-Modellierungsplattform Enterprise Architect (Sparx Systems) zusätzlich das Werkzeug EnArWeb („WEB-based access to Enterprise Architect models“). Dieses erlaubt es gerade auch Personen, die mit Enterprise Architect nur wenig vertraut sind, auf Informationen aus den entwickelten Modellen in für sie verständlicher Form zuzugreifen.

AUTOMATISIERTER CODE
Um die Anwendungsmöglichkeiten des modellbasierten Entwickelns auf ganze Systeme ausweiten zu können, war Seidewitz auch bei der Entwicklung der SysML-Sprache („System Engineering Modeling Language“) eingebunden. Darüber hinaus werden weitere Verbesserungen der UML (fUML, ALF) in der OMG vorangetrieben: „Unser Ziel ist es, durch die Verfeinerung der UML-Spezifikationen die exakte Ausführbarkeit des Modells zu erreichen. Wir sehen die Zukunft also in der Konzentration auf das System-Modell und dessen Ausführbarkeit, um so exakten Software-Code automatisch zu generieren.“

Damit wäre dann das klassische Paradigma der Code-zentrierten Softwareentwicklung endgültig überwunden. Es wäre eine ähnliche Entwicklung wie bei den Software-Programmiersprachen, wo die klassischen Assemblersprachen (Programmiersprachen der zweiten Generation) durch moderne, höhere Programmiersprachen verdrängt wurden. (pi/su)


Mehr Artikel

Gregor Schmid, Projektcenterleiter bei Kumavision, über die Digitalisierung im Mittelstand und die Chancen durch Künstliche Intelligenz. (c) timeline/Rudi Handl
Interview

„Die Zukunft ist modular, flexibel und KI-gestützt“

Im Gespräch mit der ITWELT.at verdeutlicht Gregor Schmid, Projektcenterleiter bei Kumavision, wie sehr sich die Anforderungen an ERP-Systeme und die digitale Transformation in den letzten Jahren verändert haben und verweist dabei auf den Trend zu modularen Lösungen, die Bedeutung der Cloud und die Rolle von Künstlicher Intelligenz (KI) in der Unternehmenspraxis. […]

News

Richtlinien für sichere KI-Entwicklung

Die „Guidelines for Secure Development and Deployment of AI Systems“ von Kaspersky behandeln zentrale Aspekte der Entwicklung, Bereitstellung und des Betriebs von KI-Systemen, einschließlich Design, bewährter Sicherheitspraktiken und Integration, ohne sich auf die Entwicklung grundlegender Modelle zu fokussieren. […]

News

Datensilos blockieren Abwehrkräfte von generativer KI

Damit KI eine Rolle in der Cyberabwehr spielen kann, ist sie auf leicht zugängliche Echtzeitdaten angewiesen. Das heißt, die zunehmende Leistungsfähigkeit von GenAI kann nur dann wirksam werden, wenn die KI Zugriff auf einwandfreie, validierte, standardisierte und vor allem hochverfügbare Daten in allen Anwendungen und Systemen sowie für alle Nutzer hat. Dies setzt allerdings voraus, dass Unternehmen in der Lage sind, ihre Datensilos aufzulösen. […]

Be the first to comment

Leave a Reply

Your email address will not be published.


*