Potenzial noch nicht ausgeschöpft

Obwohl 83 Prozent der befragten Unternehmen Hybrid- und Multi-Cloud nutzen – mit steigender Tendenz – bleibt noch viel Potenzial ungenutzt. Das ist eine der Erkenntnisse des "Kubernetes und Cloud Native Operations 2022 Reports". [...]

Für fast 50 Prozent der Befragten sind fehlendes internes Knowhow und begrenzte Arbeitskräfte die größten Herausforderungen bei der Migration zu oder der Nutzung von Kubernetes und Containern (c) akitada31 – Pixabay
Für fast 50 Prozent der Befragten sind fehlendes internes Knowhow und begrenzte Arbeitskräfte die größten Herausforderungen bei der Migration zu oder der Nutzung von Kubernetes und Containern (c) akitada31 – Pixabay

Canonical, ein international im Free- und Open-Source-Software-Bereich (FOSS) tätiges Unternehmen aus Großbritannien, veröffentlichte im Mai 2022 den bereits zweiten „Kubernetes and Cloud Native Operations Report“, der künftig jedes Jahr veröffentlicht wird. Für den aktuellen Report wurden im vergangenen Jahr mehr als 1.300 IT-Experten danach befragt, wie sie Kubernetes, Bare Metal, VMs, Container und Serverlose Anwendungen einsetzen. Der Bericht enthält auch Statements, die Canonical von Experten von AWS, Google, der Cloud Native Computing Foundation (CNCF), Microsoft, WeaveWorks und anderen erhalten hat. Laut Report bringen Kubernetes und cloud-native Technologien Unternehmen zahlreiche Vorteile, die jedoch je nach ihrer Verwendung und dem Reifegrad der Unternehmen, die sie einsetzen, variieren. Zu diesen Vorteilen zählen Elastizität und Agilität, Ressourcen-optimierung und geringere Servicekosten. Als mit Abstand wichtigsten Vorteil nannten die Befragten die verbesserte Sicherheit.

Bereits 83 Prozent der Befragten nutzen entweder eine Hybrid- oder Multi-Cloud-Umgebungen. Allein im Jahr 2021 ist der Prozentsatz der befragten Unternehmen, die keine Hybrid- oder Multi-Cloud nutzen, von 22,4 Prozent auf 16,4 Prozent gesunken.

Tim Hockin, Principal Software Engineer bei Google, interpretiert die Fakten hinter den Zahlen wie folgt: „Die Leute bauen oft ein Konstrukt von Hybrid oder Multi-Cloud auf, verbunden mit der Idee eines riesigen Netzes, das die Welt und alle Clouds umspannt, wobei Anwendungen dort laufen, wo Kapazität billig und verfügbar ist. Aber in Wirklichkeit ist dies überhaupt nicht das, was die Leute damit machen. In Wirklichkeit nutzen sie jede Umgebung nur für die Dinge, für die sie sie brauchen.“

Für Mark Shuttleworth, CEO von Canonical, lautet die zentrale Frage: „Wie viel von dem, was man jeden Tag tut, kann man auf mehreren unterschiedlichen Clouds tun, ohne darüber nachzudenken?“ Seiner Meinung nach sei es für ein mittleres oder großes Unternehmen sinnvoll, „eine voll automatisierte private Cloud sowie Beziehungen zu mindestens zwei öffentlichen Cloud-Anbietern zu unterhalten. Auf diese Weise können sich die Unternehmen im Wesentlichen daran messen, ob sie jeden beliebigen Vorgang in der privaten Cloud und in den beiden öffentlichen Clouds durchführen können.“

Hohe Flexibilität

14 Prozent der Befragten gaben an, alles auf Kubernetes laufen zu lassen, über 20 Prozent auf Bare Metal und VMs und über 29 Prozent auf einer Kombination aus Bare Metal, VMs und Kubernetes. Diese Verteilung zeigt, wie Unternehmen dank der Flexibilität von Kubernetes dieselbe Art von Workloads überall ausführen können. Letztes Jahr erklärte Kelsey Hightower noch, dass Bare Metal die bessere Wahl für Computer und ressourcenintensive Anwendungsfälle wie interaktive maschinelle Lernaufgaben sei. Angesichts dessen, dass der Betrieb von Kubernetes immer erreichbarer wird, spekuliert Alexis Richardson, dass mehr Unternehmen Kubernetes auf Bare Metal einführen würden, wenn sie wüssten, dass dies möglich ist.

Für 38 Prozent der Befragten ist Sicherheit der wichtigste Aspekt, egal ob es um den Betrieb von Kubernetes, die Erstellung von Container-Images oder die Definition einer Edge-Strategie geht. Cluster auf dem neuesten Stand zu halten, ist definitiv eine Best Practice zur Lösung von Sicherheitsproblemen. Laut Jose Miguel Parrella, Principal Architect bei Microsoft, ist dies jedoch nicht so sehr in die IT-Infrastrukturstrategie eingebettet, wie man erwarten könnte. Heutzutage diskutieren darüber nur kleinere Teams von Kubernetes-Technikern in jedem Unternehmen. Zusammen mit der Tatsache, dass nur 13,5 Prozent der Befragten angaben, dass sie die Sicherheit im Cloud-native-Bereich beherrschen, wird deutlich, dass die Unternehmen bei der ordnungsgemäßen Einführung und Verwaltung von Kubernetes in der Produktion noch einiges zu tun haben.

Dauerbrenner: Skill Gap

Für fast 50 Prozent der Befragten sind fehlendes internes Knowhow und begrenzte Arbeitskräfte die größten Herausforderungen bei der Migration zu oder der Nutzung von Kubernetes und Containern. Wenn die Befragten fehlendes Knowhow als Hindernis anführen, meint Ken Sipe, Senior Enterprise Architect und Co-Vorsitzender des Operator SDK, sei es in Wahrheit oft so, dass sie sich bereits in einer Umgebung befinden, in der sie bereit für künftige Projekte sind, aber nicht die infrastrukturelle oder organisatorische Unterstützung dafür haben. Ken Snipe: „Es geht auch um Kaufen oder Bauen: Wenn ein Unternehmen eine Lösung und den dazugehörigen Service erwirbt, profitiert es von externen Ressourcen und Fähigkeiten, ohne das Knowhow intern aufbauen zu müssen. Wenn es die Lösung selbst entwickelt, kann das Unternehmen von der Implementierung seiner eigenen technischen Disziplin profitieren, was ein nützliches Unterscheidungsmerkmal sein kann.“

Interview mit David Booth

Der Report spricht einige wichtige Punkte an. Einige davon hat die IT-WELT im Gespräch mit David Booth, Vice President of Cloud Native Operations bei Canonical, etwas detaillierter besprochen.
Wenn ich es richtig verstanden habe, basiert der Bericht auf den Antworten der nordamerikanischen Teilnehmer. Ist die Situation in der DACH-Region vergleichbar oder gibt es Unterschiede?

Der Bericht 2022 basierte auf den Antworten einer Umfrage, die nach der KubeCon North America 2021 veröffentlicht wurde. Dem Bericht 2021 lagen Daten zugrunde, die während und nach der Kubecon Europe sechs Monate zuvor gesammelt wurden. Obwohl die Antworten aus vielen Regionen online eingeholt wurden, repräsentiert der Bericht von 2021 die DACH-Region möglicherweise besser.

Interessant ist, dass 22,2 Prozent der Befragten im Bericht von 2021 antworteten: „Wir nutzen keine Hybrid- oder Multi-Cloud“, während 16,4 Prozent im Bericht von 2022 die gleiche Antwort gaben. Ob es sich hierbei um einen regionalen Trend oder um eine Veränderung des Marktes sechs Monate später handelt, können wir jedoch nicht beantworten.

Was können Unternehmen in Zeiten des Fachkräftemangels tun, um die Kompetenzlücke in Bezug auf Kubernetes zu schließen?

48 Prozent der Befragten nennen den Mangel an unternehmensinternen Fähigkeiten als eine der größten Herausforderungen bei der Migration zu Kubernetes und Containern. Nur 14 Prozent der Befragten gaben an, dass „alle unsere Anwendungen auf Kubernetes laufen“.

Es gibt drei Wege, um die Kompetenzlücke zu schließen:

  1. Beginnen Sie intern: Wählen Sie ein Projekt und ein Team, mit dem Sie vorankommen wollen. Nutzen Sie dieses Team und Projekt, um den Rest Ihrer Mitarbeiter zu schulen. 15,3 Prozent der Befragten gaben an, dass sie die meisten Workloads auf VMs ausführen und derzeit Kubernetes für die Entwicklung evaluieren.
  2. Arbeiten Sie mit einem vertrauenswürdigen Managed-Service-Partner zusammen: Dies hilft Ihnen, schnell loszulegen, stellt sicher, dass Ihre Entwicklungs- und Produktionsumgebungen für Ihre Anwendungsfälle richtig eingerichtet sind, und gibt Ihren Mitarbeitern Zugang zu gut funktionierenden Umgebungen und zu einem unterstützenden Team, das das Lernen beschleunigen kann.
  3. Investieren Sie in die Ausbildung Ihrer Mitarbeiter: Jetzt, wo das Cloudnative-Ökosystem ausgereift ist, sehen wir einen Trend, bei dem immer mehr Menschen in Fähigkeiten investieren, die die Maintenance- oder Wartungstätigkeiten („Day-2-operations“) bereits in der Auslieferungs- oder Deployment-Phase („Day-1-operations“) abdecken. Die Gespräche verlagern sich also von „kann ich Kubernetes einrichten und Workloads bereitstellen“ zu Themen wie Sicherheit und Automatisierung mit Operatoren und „Charmed Operators“ (Anmerkung der Redaktion: ein Charmed Operator ist eine Softwarekomponente, die alle für die Bereitstellung und Konfiguration einer Anwendung erforderlichen Anweisungen enthält. Charms erleichtern die zuverlässige und wiederholte Bereitstellung von Anwendungen über viele Clouds hinweg und ermöglichen es dem Nutzer, die Anwendung mit minimalem Aufwand zu skalieren). Sie können mit Trainingspartnern zusammenarbeiten, um Ihre Fähigkeiten zu verbessern – aber nichts schult die Menschen so gut wie reale Anwendungsfälle.

Was ist der größte Vorteil von Kubernetes und Cloud-native-Technologien und ist Herstellerunabhängigkeit immer noch ein erstrebenswertes Ziel?

Die wichtigsten Vorteile, die in dem Bericht genannt werden, sind „Elastizität und Agilität“ (50,3 Prozent) sowie „Ressourcenoptimierung“ (26,5 Prozent), aber „Cloud-Portabilität“ liegt mit 19,4 Prozent nicht weit dahinter. Ressourcenoptimierung und Cloud-Portabilität sprechen beide von Anbieterunabhängigkeit als wünschenswertem Ziel und ich kann sagen, dass bei der Teilnahme an der Kubecon im letzten Monat häufig Gespräche über das Verschieben von Arbeitslasten zwischen Clouds (egal ob public oder private) geführt wurden, um die Funktionalität zu optimieren und die Kosten zu minimieren.

Der Bericht besagt, dass „mehr Unternehmen Kubernetes auf Bare Metal einsetzen würden, wenn sie wüssten, dass es möglich ist“. Meiner Meinung nach sind die Gründe für Kubernetes auf Bare Metal die Geschwindigkeit und nicht die höheren Kosten. Sehen Sie das auch so? Gibt es einen Leitfaden, wann Sie Kubernetes auf Bare Metal empfehlen?

Ich sehe Kubernetes auf Bare Metal als eine Möglichkeit, die 20 Prozent der Kunden zu bedienen, die mehr brauchen als ein Cloud-Angebot von der Stange. Sie können damit nicht nur ihre bestehende Infrastruktur nutzen, sondern auch Acceleratoren einbauen, um den Anforderungen ihrer Arbeitslasten gerecht zu werden.

Bare-Metal-Kubernetes wird oft in Betracht gezogen, wenn es darum geht, eine bestehende physische In-frastruktur zu nutzen. Bei sogenannten „Greenfield“-Projekten war es üblich, hyperkonvergente Kubernetes-Setups zu erstellen, aber mit dem Bedarf an spezialisierten Workloads und bestehenden Topologien sehen wir jetzt einen Trend zu disaggregierter physischer Infrastruktur, die immer beliebter wird. Dies ermöglicht es Unternehmen, die viel in physische Infrastrukturen investiert haben, diese zu neuem Leben zu erwecken.

Wer Acceleratoren wie GPU/DPU und CPU kauft, fährt kostengünstiger. Wenn Sie also in Ihr eigenes Rechenzentrum investieren, anstatt Nutzungszeit von einem Hyperscaler zu mieten, können Sie sicherstellen, dass Sie genau die passende Lösung für Ihre Workload-Anforderungen haben.


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