„Präzisionsland Österreich“

Die COMPUTERWELT sprach mit Peter Trawnicek, dem neuen Country Manager von VMware Austria, über die Stärken heimischer ­Unternehmen, über die Besonderheiten der Hidden Champions und darüber, welche Rolle der Virtualisierungsspezialist dabei spielt. [...]

Wie sehen Sie VMware heute positioniert?

VMware ist eine Wachstumsfirma, mit der wir alle Chancen haben, den Markt in den nächsten Jahren neu zu gestalten. Das haben wir mit dem Thema Virtualisierung bereits gemacht, jetzt gehen wir die nächsten logischen Schritte in der Weiterentwicklung der IT.

Wo sehen Sie die Herausforderungen?

Im Verhältnis zum Marktanteil ist VMware eine eher unbekannte Firma. Jeder verwendet unsere Produkte, niemand merkt es. Das ist einerseits etwas Gutes, da dies bedeutet, dass man damit keine Probleme hat, es ist etwas Selbstverständliches. Die Kunden, mit denen ich in der letzten Zeit gesprochen habe, sagen durch die Bank: Wir sind sehr zufrieden, wir brauchen nichts.

Virtualisierung als Commodity?

Im Server-Bereich jein. Virtualisierung ist heute sehr weit verbreitet und wird von niemandem in Frage gestellt. Was ich merke, ist, dass man VMware in anderen Bereichen nicht so sieht, wie wir eigentlich in Hinblick auf unsere Weiterentwicklung gesehen werden sollten. Das ist die große aktuelle Challenge.

Was heißt das konkret?

Österreich ist im Server-Bereich weitgehend ausvirtualisiert, wenn man so will. Die noch nicht virtualisiert sind, haben eine ganz klare Strategie, dorthin zu gehen. Das ist ein Geschäft, in dem wir gut etabliert sind. Hier gilt es, die hohe Kundenzufriedenheit zu halten und weiter auszubauen. Aber es ist kein Wachstumsmarkt für einen Software-Anbieter. Das Geschäft wächst dort, wo der Kunde versteht, dass seine IT im Grunde genommen drei Seiten hat: Rechenzentrum, Enduser sowie Netzwerk beziehungsweise Cloud. Wir sind sehr stark auf der Data-Center-Seite. Jetzt müssen wir den Kunden zeigen, dass wir auch sehr stark in der Netzwerk-Virtualisierung sind. Dieses Thema wird in zehn Jahren dort sein, wo wir heute in der Server-Virtualisierung sind.

Zehn Jahre sind in der IT eine halbe Ewigkeit.

Ich bin ein konservativer Mensch, außerdem dauern Innovationen in Österreich immer ein bisschen länger. Um auf einen Virtualisierungsgrad von über 80 Prozent zu kommen, dauert es meiner Meinung nach zehn Jahre.

Wo stehen wir bei der Netzwerk-Virtualisierung heute?

Sicher noch im einstelligen Bereich. Das Netzwerk wird der nächste große Virtualisierungsschritt werden. Folgende drei Säulen sind wichtig: Ich brauche einen stabilen Kern, ich brauche ein funktionierendes, managebares, sicheres Frontend und ich brauche eine organisierte Struktur, um beide verbinden zu können.

Ist das als allgemeingültiges Rezept zu verstehen?

Es gibt keinen Königsweg, es hängt von der Art des Business ab. Wenn ich ein Geschäft habe, das eine sehr inhomogene Frontend-Struktur hat, etwa ein Unternehmen mit vielen Filialen und mobilen Mitarbeitern, steht das Management des Frontends ganz oben. Andere Organisationen brauchen große Leitungskapazitäten und Sicherheit, etwa im Projektgeschäft mit zentralem Zugriff auf die Daten und Datenabsicherung. Dann ist das Netzwerk der wichtigere Teil des Business.

In welchem Marktsegment sehen Sie die größten Wachstumschancen?

Wir haben in Österreich 130 Weltmarktführer in ihrem jeweiligen Segment. Diese Hidden Champions, ich nenne sie Glocals, weil sie lokale Unternehmen mit einer riesen globalen Range sind. Zumtobel, Rosenbauer und andere sind Knowhow-Träger in Österreich mit Produktionsstätten auf der ganzen Welt mit einer sehr mobilen Workforce. Dazu kommt ein kleines Team, um das alles zu managen. Diese Unternehmen brauchen einen hohen Automatisierungsgrad. Sie müssen auch in der Lage sein, die Dinge zu flexibilisieren.

Hidden Champions spielen also bei Ihren Vertriebsaktivitäten eine zentrale Rolle?

Wir verfolgen drei große Bereiche. Der eine ist der traditionelle Bereich der Unternehmen, die ihr Business hier in Österreich haben und über große Rechenzentren verfügen. Bei diesen Firmen sind wir sehr gut vertreten. Der zweite Bereich ist die öffentliche Verwaltung mit all ihren Service-Einrichtungen. Das dritte sind die Glocals oder Hidden Champions. Letztere sind generell eine von der IT nicht so gut unterstützte Gruppe.

Woran liegt das?

Die großen, globalen IT-Unternehmen haben am liebsten große Kunden. Wir sind die einzigen, die Infrastruktur für die globale Ebene zur Verfügung stellen können, wir sind der Enabler für die Globalisierung von Glocals, wenn man so will. Wir können helfen, ein globales Netz mit der notwendigen globalen Security aufzubauen, das das Managen der gesamten globalen Workforce von einem Standort aus mit einer begrenzten Anzahl an Experten inkludiert. Es reicht eine Hyper-Converged Infrastructure, die zentral von seinem kleinen Standort verwaltet wird.

Die Industrie geht generell in diese Richtung.

Das kann kein reiner Netzwerk-Anbieter, das kann auch kein reiner Frontend-Virtualisierer, auch ist es nicht das Business der reinen Hardware-Hersteller. Die Verbindung der drei Elemente – jede Art von Rechenzentrum-Infrastruktur, jede Art von Cloud in Kombination mit Security oberhalb der physischen Netzwerkverbindung, bis hinaus zum Frontend, egal ob mobile Device oder ein PC – kann außer uns niemand.

Wie wollen Sie die Awareness verbessern?

Es geht um das Aufzeigen der Potenziale, und zwar besonders dann, wenn man nicht nur mit der IT-Ebene spricht, sondern mit dem Business-Owner. Wir müssen von der technologiethematischen Fragestellung zur Aussage, dass wir einen Werkzeugkasten besitzen, mit dem ein Mittelständler schneller und preiswerter mit niedrigerer Einstiegsschwelle global erfolgreicher sein kann. Diese Bewusstmachung wollen wir nicht mit einem klassischen Key Accounter machen, der zehn Kunden betreut und keine Zeit für 130 Mittelständler hat. Daher werden wir drei bis vier Ressourcen hineinstecken.  

Sie haben einmal gesagt, dass Österreich ein Präzisionsland ist, kein Innovationsland.

Wenn man sieht, wie viel Venture Capital in Österreich im Vergleich zu Silicon Valley unterwegs ist: Da haben wir keinen USP. Unser USP ist etwa die Erfahrung im Schmieden. Die Kunst ist nicht, Stahl zu produzieren, das können andere billiger. Stahl zu fertigen, um daraus Uhrfedern zu machen, dazu braucht es viel mehr: die Verbindung von handwerklicher Tradition mit hoher Innovation sowie die Anpassung an die Marktbedürfnisse von heute. Die Innovation in Österreich steckt zu einem hohen Prozentsatz im Gewusst-Wie. Daher glaube ich, dass wir in diesem Bereich einen größeren Vorteil haben als in der reinen Innovation à la Sillicon Valley. Und VMware hilft, dieses Knowhow zu globalisieren.

Das Gespräch führte Wolfgang Franz.

Zur Person:
Peter Trawnicek verfügt über langjährige Erfahrung in der IT-Branche und in Management und Vertrieb. Er begann seine berufliche Laufbahn im Großrechner-Bereich von IBM. Nach verschiedenen Vertriebs-, Marketing- und Management-Positionen bei Unisys und Oracle war er von 1995 bis 2005 bei SAP tätig. Zuletzt bekleidete er dort die Funktion des Senior Vice President Central and Eastern Europe. Nach der Leitung von Fujitsu Siemens Computers Österreich arbeitete Trawnicek bei Microsoft als Senior Director Microsoft Business Solutions, dann als Managing Director EMEA SAP Alliance. Nach Stationen bei S&T (COO), Reval (Vice President Central Europe) und Televis (Geschäftsführung) wurde er 2015 zum Country Manager VMware Austria ernannt.

Den gesamten Artikel finden Sie zum Nachlesen unter: www.itwelt.at


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