Produktionsforschung im Fokus des BMVIT

Fachkräftemangel ist nicht nur im IT-Sektor ein immer wiederkehrendes Thema. Auch österreichische Produktionsbetriebe haben in Sachen Forschung dasselbe Problem. Deshalb sollen nun Stiftungsprofessuren für Produktionsforschung eingerichtet werden. [...]

Österreichs Produktionsbetriebe klagen über Fachkräftemangel, insbesondere Stellen für Spitzenkräfte in der Produktionsforschung können oft nicht oder nur schwer besetzt werden. Damit die heimische Sachgüterindustrie ihre Wettbewerbsfähigkeit halten und ausbauen kann, richtet das Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie (BMVIT) gemeinsam mit der Marshall-Plan-Stiftung zunächst zwei Stiftungsprofessuren für Produktionsforschung an heimischen Universitäten ein. In fünf Jahren sollen bis zu 300 zusätzliche bestausgebildete Forscher für die Industrie zur Verfügung stehen.

Innovationsministerin Doris Bures erklärt die Motivation: »Nur Länder, die ihre ­Bedeutung als Produktionsstandort ausbauen, können Lebensqualität und soziale Sicherheit gewährleisten. Die nachhaltige Verfügbarkeit von qualifizierten Fachkräften ist ein wesentlicher Faktor, um im internationalen Standortwettbewerb für hochwertige Produktionsbetriebe zu bestehen. Ein strategisches Zusammenwirken von Universitäten und Industrie ist deshalb mitentscheidend für die Ansiedlung und den Ausbau von Produktionsbetrieben.« Bures wolle den Wettbewerb mit den Niedriglohnländern nicht über die Löhne, sondern über die Qualität führen. Ein Land wie Österreich müsse mit intelligenten neuen Technologien besser, schneller und umweltfreundlicher produzieren. „Dafür ist es entscheidend, die besten Köpfe im Land zu haben.“

Gemeinsam mit der Marshall-Plan-Stiftung richtet das BMVIT zunächst zwei Stiftungsprofessuren an heimischen Universitäten ein. In den kommenden fünf Jahren sollen damit bis zu 300 zusätzliche Fachkräfte für die Sachgüterindustrie ausgebildet werden. Die Marshall-Plan-Stiftung widmet sich der wissenschaftlichen Kooperation zwischen Österreich und den USA: Ein Lehrender wird daher aus den USA berufen. Der Vorsitzende der Marshall-Plan-Stiftung, Wolfgang Petritsch, bemüht dazu den Vergleich des Silicon Valleys: „Ein strategisches Zusammenwirken von Universitäten und Industrie ist heute entscheidend. Ohne die Stanford Universität gäbe es kein Silicon Valley oder es wäre nicht dort, wo es ist. Wir wollen, dass österreichische Unternehmen mit den besten Universitäten der Welt kooperieren. Bei Universitätsrankings zu Produktionstechnologien sind unter den ersten zehn Universitäten weltweit immer zumindest sechs US-amerikanische zu finden. Damit werden wir mit den Stiftungsprofessuren auch US-amerikanische Forschungskompetenz nach Österreich holen können. Der Wissenstransfer nach Österreich wird daher einen Schwerpunkt der zukünftigen Aktivitäten der Marshall-Plan-Stiftung darstellen.“ Petritsch wird mit Anfang September seine Joseph A. Schumpeter- ­Professur in Harvard antreten. Damit ist er ein Jahr lang in einer der bedeutendsten Universitätsregionen der USA, in der sich neben Harvard auch das renommierte Massachusetts Institute of Technology (MIT) befindet. Er wird diese Möglichkeit nutzen, um vor Ort für die österreichischen Stiftungsprofessuren Kontakte zu knüpfen.

Gertrude Tumpel-Gugerell, Uni-Rätin Montanuniversität Leoben und Aufsichtsratsvorsitzende der FFG, beklagt die mangelnde Konkurrenzfähigkeit: „Heimische Unis haben es nicht leicht, im weltweiten Wettbewerb um die besten Forscher zu bestehen. Die beiden Universitäten, die zum Zug kommen werden, profitieren mehrfach: Sie erhalten die Möglichkeit, neue Forschungsschwerpunkte zu erschließen und zu vertiefen, strategische Partnerschaften mit Unternehmen auszubauen und attraktive Akzente für Studierende in Lehre & Forschung zu setzen. Vor allem aber wird auch die österreichische Wirtschaft gewinnen: Exzellente Stiftungsprofessoren haben die Strahlkraft, junge Talente für ihr Fachgebiet zu begeistern und für eine spätere Forschungslaufbahn in enger Zusammenarbeit mit den Unternehmen zu motivieren.“

MEHR KOOPERATION UND VERNETZUNG
Die ausgewählten Universitäten legen dabei gemeinsam mit den Unternehmen, die sich an der Initiative beteiligen, das inhaltliche Profil für die Stiftungsprofessuren fest. Beispielsweise unterstützt als international technologisch führendes Produktionsunternehmen mit hohem Forschungsanteil der in Oberösterreich angesiedelte Luftfahrtlieferant FACC AG die Initiative des BMVIT und der Marshall-Plan-Stiftung als wichtigen Beitrag zur langfristigen Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit.

Der Leiterplattenhersteller AT&S wiederum sieht in der Einrichtung von Stiftungsprofessuren einen wichtigen Schritt, um dem Mangel an hochqualifizierten Fachkräften in den technischen Bereichen ­entgegenzuwirken. „Der Kampf um die klugen Köpfe verschärft sich. Dazu kommt, dass die Produkte und Fertigunsprozesse immer komplexer werden. Hochqualifizierte Techniker und Forscher werden immer wichtiger, um international erfolgreich zu sein. Als weltweit führender Hersteller von hochwertigen Leiterplatten setzen wir uns auch selbst für den Fachkräftemangel ein und unterstützen beispielsweise die FH Joanneum mit Leistungsstipendien und pflegen intensive Partnerschaften mit diversen Forschungseinrichtungen und Universitäten“, betont Heinz Moitzi, CTO AT&S.

Die enge Kooperation und Vernetzung zwischen Industrie und den Ausbildungsstätten sei generell und speziell für AT&S eine wichtige Basis, um die Attraktivität des Wirtschaftsstandortes zu erhöhen, die Wettbewerbsfähigkeit nachhaltig zu stärken und für die nachfolgenden Generationen zu erhalten. Dieser Lösungsansatz werde durch die Stiftungsprofessuren noch deutlich attraktiver gemacht.


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