Profactor baute Xbox-„Kinect“ zu Roboter-Augen um

Was als privates Herumexperimentieren mit einer Spielekonsole begonnen hat, endete als Hightech-Projekt der oberösterreichischen Ideenschmiede Profactor mit Sitz in Steyr. [...]

Die 3D-Objekterkennung der Kinect-Kamera einer handelsüblichen Xbox 360 wurde weiterentwickelt, um den Einsatz von Robotern künftig einfacher, genauer und sicherer zu machen. Das Unternehmen, das sich zu rund 80 Prozent selbst finanziert, präsentierte in einer Pressekonferenz am 28. März in Linz neue Entwicklungen und Strategien für die kommenden Jahre. Oberste Prämisse seien Ressourceneffizienz und ökologische, ökonomische sowie soziale Nachhaltigkeit, umriss die kaufmännische Geschäftsführerin Andrea Möslinger die Ausrichtung des Unternehmens, das seit seiner Gründung 1995 mehr als 1.240 Forschungs- und Industrieprojekte abgewickelt hat. Besonders aktiv ist Profactor in der Assistenz-Robotik, die dem Menschen einen „kostengünstigen Kollegen“ zur Seite stellt.
Aus Sicherheitsgründen sollte ein Roboter über Echtzeiterkennung verfügen. Daran arbeitet Profactor im Rahmen des Projekts ReconstructMe. Softwareexperten zogen den Algorithmus der Kinect-Kamera, die mit Gesten-Erkennung arbeitet, heran, um die Umgebung der Maschine dreidimensional zu modellieren. Sie erhält dadurch einen Sehsinn, der ihr ermöglicht, Prozesse zu erlernen, aber auch sofort zu reagieren, wenn beispielsweise jemand ihren Arbeitsbereich betritt.
Seit zwei Jahren arbeitet die Ideenschmiede mit zehn Partnern an dem internationalen Projekt Locobot (Low Cost Robot Co-Workers). Dabei soll dem menschlichen Arbeiter ein „kostengünstiger Kollege“ als Assistent zur Seite gestellt werden, der lernfähig und für seine Umwelt ungefährlich ist. Zudem wird daran gefeilt, die Systeme leicht adaptierbar zu machen, denn für kleine Unternehmen sei eine teure Umrüstung ein wesentlicher Hemmschuh in der Automatisierung, so der technische Geschäftsführer Andreas Pichler. „Es wird in Zukunft einen anderen Fabriksarbeiter geben, aber keine Fabrik ohne Menschen“, prophezeit er.
Besonderes Augenmerk widmet Profactor auch der CO2-Verwertung, beispielsweise in Form der Umwandlung in Butanol. Hier befinde man sich derzeit „in ersten Umsetzungsprojekten der industriellen Grundlagenforschung“, so Möslinger. Das vom Land Oberösterreich geförderte Projekt „Reg-Store“, das sich mit der Speicherung von Energie beschäftigt, soll die Abdeckung des Bedarfs durch erneuerbare Produktionsformen – etwa Wind oder Solar – vorantreiben.
Ein weiterer Schwerpunkt ist die Nanotechnologie: Beispielsweise im Rahmen von PlugInspect, einem von Profactor entwickelten 3D-Bildverarbeitungssystem, werden im BMW-Werk in Steyr Steckverbindungen von Motoren kontrolliert und so teure Rückholaktionen verhindert. Ähnlich auch SelTec, bei dem CFK-Bauteile (Karbon-faserverstärkter Kunststoff) einer Qualitätskontrolle unterzogen werden. Damit kann man die Kosten für die Produktion von CFK-Teilen laut Profactor um 50 Prozent senken. Die so forcierte Verwendung des Leichtbau-Materials in der Automobil- und Luftfahrtindustrie soll wiederum Emissionen verringern.
2011 erwirtschaftete das Unternehmen einen Umsatz von 7,7 Mio. Euro, 2010 waren es 8,2 Mio. Euro. Die Eigenfinanzierung wurde hingegen von 72 auf 82 Prozent gesteigert und soll 2012 im 80-Prozent-Bereich bleiben. Der Mitarbeiterstand blieb mit 87 nahezu unverändert. Derzeit arbeitet Profactor an rund 100 Projekten. (apa)


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