Quereinsteiger und Autodidakt

Signa-CIO Franz Hillebrand ist Confare CIO des Jahres im Bereich KMU und maßgeblich für den Erfolg seines Unternehmens verantwortlich. Sein beruflicher Werdegang könnte wohl ungewöhnlicher kaum sein. [...]

Signa CIO Franz Hillebrand: »Ich bin überzeugt, dass Menschen mit ihren Aufgaben wachsen.«

Die Signa Holding ist ein österreichisches Immobilien- und Handelsunternehmen in privater Hand mit Handelsbeteiligungen in Europa. Das Unternehmen wurde 2000 von René Benko gegründet, der sich 2013 aus der operativen Unternehmensführung zurückzog. Aus einem Zwei-Mann-Unternehmen, das zunächst auf klassische Immobilienentwicklung fokussiert war, ist mittlerweile ein gesamteuropäisches Immobilien- und Handelsunternehmen mit diversen Bürostandorten und knapp 40.000 Mitarbeitern geworden. Seit Ende 2018 ist Signa auch im Mediengeschäft tätig
Seit 2013 hat Signa zwei eigenständige Kerngeschäftsbereiche, Signa Real Estate (Immobilien) und Signa Retail (Handel). Im selben Jahr erwarb die Gruppe über die Signa Retail die Mehrheit am deutschen Sportartikelhändler Karstadt Sports und an Karstadt Premium (mittlerweile The KaDeWeGroup) und stieg damit erstmals auch in das operative Handelsgeschäft ein. Im Sommer 2014 übernahm Signa zusätzlich die komplette Karstadt Warenhaus GmbH. Seither folgten weitere Beteiligungen im Handelssegment. 2018 erfolgte, nach mehreren erfolglosen Versuchen, die Übernahme von Galeria Kaufhof.
An zehn Standorten in Österreich, Deutschland, Italien und der Schweiz sind im Unternehmensteil Signa Real Estate rund 350 Mitarbeiter beschäftigt und managen ein Immobilienvermögen von rund 14 Milliarden Euro. Der Immobilienteil untergliedert sich in fünf unabhängige Bereiche: Signa Prime Selection, Signa Development Selection, Signa Funds, Signa Innovations und Signa Luxury Hotels.

360 Grad Business Services


Dass das Ganze IT technisch zusammengehalten wird, ist Franz Hillebrand, dem CIO der Signa Gruppe und seinem Team zu verdanken. Er bewerkstelligt es, mit der unheimlichen Dynamik des Unternehmens erfolgreich umzugehen und die IT dabei als strategisches Asset des Unternehmens zu positionieren. Aber nicht nur das hat die Jury beeindruckt. Es sind vor allem der moderne Führungsstil und der Fokus auf Kommunikation sowie menschliche Faktoren, die ihn zu einer so erfolgreichen Führungskraft machen.
»In unserem Selbstverständnis sind wir nicht mehr die IT, sondern wir transformieren uns Richtung 360 Grad Business Services. Die Rolle der klassischen IT ist in den Hintergrund getreten und die Operation hat zu funktionieren. Die alt gedienten KPIs wie Uptime, Anzahl der Incidents etc. werden verschwinden. Wir sind im Jahr 2019 viel mehr. So hat sich meine IT Organisation in den letzten 2 bis 3 Jahren stark verändert,« erklärt Hillebrand.
Lieferte die IT noch vor Jahren die Infrastruktur, so hat Hillebrand zusätzlich zu den IT-Experten auch Business-Experten im Team, die sich mit den Fachabteilungen um ihre Applikationen und deren Abläufe kümmern. Das Team Application Management besteht dabei aus Fachleuten aus den Bereichen Finance, RealEstate und Erwachsenenbildung, allesamt mit starker IT-Affinität. Sie sprechen die Sprache der Fachabteilung, verstehen die Prozesse, heben Synergien zwischen Fachabteilungen und vermitteln zwischen verschiedenen Interessen und Abläufen in der Gruppe, um Systeme wertschöpfend betreiben zu können.
In der Welt von Signa stellen Übernahmen und Zukäufe nicht die Ausnahme dar, sondern den Regelfall. Das ist auch für Hillebrand und sein Team eine große Herausforderung. »Insofern stellt sich bei so manchen Zukäufen eher die Frage, wie wir unsere Dynamik vermitteln und gleichzeitig diese enorme Geschwindigkeit dosieren. Die Dynamik, die ständig hohe Drehzahl und die Moving Targets erfordern ein hohes Maß an Flexibilität, Souveränität und Gelassenheit,« weiß der CIO zu berichten.
Schnelle, unbürokratische Kommunikation, flache Hierarchien und schnelle Entscheidungen sind Hillebrands Erfolgsfaktoren, um mit dieser Dynamik umzugehen. Das Ganze läuft nicht immer friktionsfrei ab. Hillebrand: »Oftmals hilft nur hinsetzen, durchatmen, reflektieren und die Perspektive wechseln.«

Ungewöhnlicher Werdegang


Aus heutiger Sicht kann man nicht wirklich sagen, dass sich die Karriere von Franz Hillebrand von Beginn an abgezeichnet hat. Er ist wohl das Sinnbild eines Quereinsteigers. Begnonnen hat er seine berufliche Laufbahn nach dem Abbruch der Handelsakademie als Sportartikelverkäufer bei Sport Eybl. Die Affinität zur IT war jedoch immer schon sehr stark ausgeprägt. »Programmieren habe ich mir im Grund in meiner Freizeit selbst beigebracht.« Viel gelernt hat er im Einzelhandel aber über den Umgang mit Menschen und hat auch das Gespür für die individuellen Bedürfnisse und charakterlichen Ausprägungen bekommen. Seine Lehre bei Eybl hat er mit ausgezeichnetem Erfolg bestanden. Ehrgeiz und Zielstrebigkeit waren Hillebrand also noch nie fremd.
Sein nächster Weg führte ihn nach Salzburg zur SPAR-Gruppe wo er als Operator erstmals auch beruflich direkt mit IT in Berührung gekommen ist. »Ich habe das Papier aus dem Drucker geholt und an die Leute verteilt, die es ausgedruckt haben und ich habe geschaut dass immer genug Papier im Drucker ist«, erinnert sich Hillebrand schmunzelnd. Da der Job nicht unbedingt erfüllend war, hat er in den Pausen seine Programmierkenntnisse am Großrechner auf ein neues Level gehoben. Das blieb auch seinen Vorgesetzten nicht verborgen und es war schnell klar, dass es sicher geeignetere Aufgaben für Hilbrand gab, als den Drucker mit frischem Papier zu füttern. Daher ging es fortan weiter in die Systemabteilung, wo ihn Spar Österreich CIO Andras Kranabitl unter seine Fittiche genommen und gefördert hat. Hillebrand bezeichnet ihn auch heute noch als einen seiner wichtigsten Mentoren und Förderer.
Irgendwann wurde der Schüler Hillebrand flügge und schloss sich der damals noch sehr jungen Signa-Gruppe von Rene Benko an, wo er seit nunmehr 16 Jahren tätig ist.

Moderne Führungskraft


Hillebrands größte Stärke neben seiner umfassenden Technik-Kenntnisse ist sicher sein ruhiger und besonnener Führungsstil. »Talente können sich nur entwickeln, wenn man ihnen ein gutes Vorbild ist, ihnen Freiräume gibt, sie inspiriert und motiviert. Mitarbeiter müssen mitgestalten und mitentscheiden können,« erklärt er seine Philosophie. »Für mich sind Talente jene Menschen, die in der Lage sind, ihre Freiheiten und Möglichkeiten der Mitgestaltung für sich UND für Signa zu nutzen. Talente sind auch diejenigen die es verstanden haben über den Tellerrand hinauszusehen und die bereit sind die eigene Komfortzone auch einmal zu verlassen.«
Nur aus solchen inspirierten, motivierten Mitarbeitern könnten Hillebrand zufolge Talente emporwachsen. »Ich versuche in vielen persönlichen Gesprächen, meinen Mitarbeitern zu vermitteln, dass sie nicht nur die Freiheit haben, etwas selbst zu gestalten, sondern dass ich es mir sogar ausdrücklich wünsche, dass sie selbständig Verantwortung übernehmen und Entscheidungen treffen. Dazu gehört natürlich auch Mut und Vertrauen – auf beiden Seiten.«
Hillebrand weiter: »Ich persönlich bin davon überzeugt, dass Menschen mit ihren Aufgaben wachsen. »Ich gebe gerne einem Talent die Chance zur Verantwortung und nehme dafür das Risiko von Fehlern in Kauf. Wichtig ist für mich allerdings auch, dass Fehler unmittelbar und offen angesprochen werden. Nur wenn man an seinen Fehlern arbeitet, kann man wachsen.«
In seiner Rolle als Führungskraft zählen für Hillebrand die drei großen Ks.: Klarheit, Konsequenz und Kompetenz. »Ich war schon immer laut, unangepasst, nicht immer diplomatisch – das wird im Alter besser – emotional, rastlos und nie zufrieden. Aber es gelingt mir immer wieder mit Präsenz, Hingabe, Leidenschaft, Leidensfähigkeit, oftmals unkonventionellen Herangehensweisen und Ideen die Menschen zu begeistern und zu inspirieren.«

Den Mitarbeitern den Weg vorgeben


»Bei der Kommunikation bin ich zweigeteilt. Ich hatte immer schon die Erwartungshaltung, dass die IT-Operation einfach, wortlos und leise funktionieren muss – Basis-IT hat zu funktionieren! Man läuft aber dabei Gefahr, die wunderbaren Dinge die man dabei entwickelt, ebenfalls unerwähnt zu lassen. Vor Jahren habe ich immer noch gerne erzählt, dass wir 160 Server betreiben, X Mails versenden, X Netzwerkgeräte verwalten, etc. Ganz ehrlich: Ich bin heute der Meinung, dass das niemanden interessiert und das sollte auch keinen interessieren.«
Hillebrands Auffassung von seiner Rolle ist es inzwischen, »die Geschichte zu erzählen, das große Bild, die Reise und die Stationen zu vermitteln. Dass auf der Reise manchmal der Sprit ausgeht, wir Wanzen im Bett haben, den Flug mal verpasst haben, etc. gehört zum Geschäft einfach dazu, macht aber die Geschichte dafür umso spannender.« Hillebrand weiter: »Und das hören unsere internen Kunden und Geschäftsführer auch viel lieber, als das, dass wir 130 Videokonferenz-Raumsysteme und X Server betreiben. Das zu erzählen mag vielleicht in der IT-Branche interessant sein, aber intern erzählen wir viel lieber, welche Vorteile der User daraus hat, wie einfach es geht, sich virtuell zu treffen und wie man gemeinsam – über Ländergrenzen hinweg kommuniziert und arbeitet.

IT braucht Kommunikation. Das Ganze wohldosiert und gut verpackt bringe Mehrwert, Wahrnehmung und Aufmerksamkeit. »Dabei steht heute eine Vielzahl an Mitteln zur Verfügung. Newsletter, Tipps & Tricks, Infoabende, interne Roadshows, Video-Snippets, etc. – aber auch hier gilt es nicht zu übertreiben.«
Die Digitale Transformation ist für Hillebrand übrigens im Grunde nie abgeschlossen sondern sie ist ein fortlaufender Prozess, in dem man sich immer wieder neu erfinden muss. »Digitalisierung muss etwas bringen, und darf kein Selbstzweck sein.« Entweder Komfort, Zeit, Umsatz oder Zufridenheit. Hillebrand jedenfalls hat sie den Titel CIO des Jahres gebracht.


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