Rasante Reise in die neue Arbeitswelt

Franz Edlinger (47) ist seit September 2020 neuer Leiter für den KMU-Bereich bei Microsoft. Zuvor war er Partner Development Lead. Insgesamt besitzt der gebürtige Waldviertler mehr als 20 Jahre Erfahrung in der IT-Branche, fokussiert auf Vertrieb, digitale Strategien und technische Beratung. Die Corona-Krise hat massive Veränderungen ins Rollen gebracht, betont Edlinger. [...]

Franz Edlinger, KMU-Chef bei Microsoft: "Die Krise hat die Unternehmen gezwungen, neue Ideen zu entwickeln." (c) Microsoft
Franz Edlinger, KMU-Chef bei Microsoft: "Die Krise hat die Unternehmen gezwungen, neue Ideen zu entwickeln." (c) Microsoft

Was haben Sie sich für Ihre neue Position vorgenommen, in einer Zeit, die durch Corona geprägt ist?

Wir reden bei KMU ja von 340.000 Unternehmen in Österreich, das sind 99 Prozent der Unternehmen. Das ist ein riesengroßer Wirtschaftsbereich. Mir ist ganz wichtig, dass wir diesen Unternehmen bei der Digitalisierung helfen, aber auch beim Fachkräftemangel, und sie speziell in der Corona-Krise dabei unterstützen, neue Absatzwege zu finden, Kosten zu sparen oder Prozesse zu optimieren. Ich würde es gerne an drei wichtigen Punkten festmachen: Aus- und Weiterbildung, die Digitalisierung und Wettbewerbsfähigkeit gegenüber anderen Ländern und das dritte Thema ist Cloud. Wir sehen, dass Unternehmen, die in die Cloud investieren, einfacher erfolgreicher am Markt sind.

Wo steht bei diesen drei Themen der Mittelstand?

Für mich gibt es eine Zeit vor Corona und eine Zeit während Corona. Vorher sind die Unternehmen in punkto Digitalisierung stark hinterhergehinkt. Durch die Krise ist Österreich in die Zukunft katapultiert worden. Im Schul- und Bildungsbereich haben Home Schooling und Distance Learning für große Veränderungen gesorgt. KMU und Gemeinden mussten von heut auf morgen ihre Mitarbeiter ins Home Office verlagern. Und viele denken jetzt natürlich darüber nach, weiter und nachhaltig Home Office anzubieten. Das wäre gerade im Gemeinde-Bereich vor der Krise undenkbar gewesen. Die Digitalisierung ermöglicht da sehr Vieles, auch flexibleres Arbeiten.

Corona hat Vieles verändert, womit haben die Unternehmen gekämpft? Welche Auswirkungen haben Sie gesehen?

Viele Unternehmen haben auf einmal massive Einbußen erlebt, etwa im stationären Handel, im Tourismus, in Kultureinrichtungen oder der Gastronomie, bei Friseuren oder Fitness-Studios. Viele waren dadurch gezwungen, neue Lösungen und Ideen zu entwickeln. Nur ein kleines Beispiel: Wir haben etwa einem Vorarlberger Fahrradunternehmen mittels Microsoft Planner dabei geholfen, dass die Rad-Service-Termine remote angeboten werden können inklusive einem Bring-und-Hol-Service für die Kunden. Auch viele neue Bestell- und Liefer-Angebote sind entstanden. Aber auch soziale Medien wurden viel häufiger als Kanäle genutzt, um an die Kunden heranzukommen. Hinzu kommt nach wie vor das interne Problem, die Kommunikation zu den Mitarbeitern, die derzeit in Kurzarbeit oder im Home Office sind, aufrecht zu halten. Ich denke, die Arbeitswelt hat sich durch Corona nachhaltig verändert. Gerade auch die junge Generation wird sicher nicht mehr so arbeiten wollen, wie wir es traditionell gewohnt waren.

Was heißt das für Ihre Planung und Strategie für 2021?

Modern Work ist für uns natürlich ein ganz wichtiger Schwerpunkt, diesen Bereich definieren wir gerade komplett neu. Wir sind auch selbst gerade dabei, unser Büro wieder umzubauen, um hier selbst einen Trend zu setzen, wie moderne Büro- und Arbeitswelten künftig aussehen müssen. Der Umbau wird in Kürze fertiggestellt. Bei Microsoft gab es ja immer schon Home Office. Früher konnte man von zu Hause arbeiten, jetzt müssen wir es alle machen. Das hat auch bei uns selbst einen Veränderungsprozess in der Zusammenarbeit, auch in der deutlichen Steigerung der Nutzung von Videokonferenzen via Microsoft Teams, gebracht. Neben der Technologie braucht es aber auch unbedingt Regeln für den Ablauf von Online Meetings. Künftig werden wir mit ganz anderen Augen darauf schauen, welche Balance man zwischen physischer Präsenz im Büro und Online Collaboration findet. Microsoft 365 bietet dazu laufend Innovationen. Es wird vielfach um verbesserte digital gestützte Prozesse gehen.

Datengetriebene Entscheidungen sehe ich als großen Trend. Da kommt künstliche Intelligenz ins Spiel und auch unsere Azure Plattform hilft, hier neue Wege zu gehen. Vertrieb wird in Zukunft viel digitaler ablaufen, der Webshop erhielt durch Corona auch eine neue Dimension. Für die Unternehmen bedeutet das, einerseits eine Verpflichtung in Technologie zu investieren und anderseits die Aus- und Weiterbildung der Mitarbeiter verstärkt voranzutreiben.

Weil Sie gerade den Vertrieb angesprochen haben: Wie stellen Sie sich denn Digital Selling vor?

Hier gibt es mehrere Komponenten. Auf der einen Seite ist die Frage: Wie schaffe ich es, meine Zielgruppe zu erreichen? Und wie kann ich die gesamte Customer Journey jetzt digital abbilden? Wir bieten da mit unserer Dynamics Plattform auch Customer Insights, um hier gezielter und genauer die Vertriebssteuerung machen zu können und zu wissen: Zu welchem Zeitpunkt kann der Kunde mit welchem Thema adäquat adressiert werden. Wir erleben da im Moment einen gewaltigen Wandel, es wird sich komplett verändern, wie wir in Zukunft verkaufen. Allerdings ist es sehr schwierig eine gute Kundenbeziehung nachhaltig aufzubauen, wenn es keinen persönlichen Kontakt gibt. Man bekommt dafür im Moment von den Kunden und deren Mitarbeitern ganz andere Einblicke, weil sie alle im Home Office sitzen. Da sind dann des Öfteren auch Kinder bei Video-Calls mit dabei.

Viele Unternehmen haben sich Corona-bedingt oder gezwungenermaßen auch mit dem Thema Cloud beschäftigt. Wie sieht es denn dabei mit dem Einsatz von Azure aus?

Die großen Kunden sind beim Thema Cloud, auch mit Azure, schon sehr weit fortgeschritten. Wir arbeiten sehr stark mit den sogenannten großen, aber auch kleinen Outsourcern zusammen, das sind an die 200 Unternehmen in ganz Österreich. Da sind wir auch gerade dabei, den Partnerkanal zu transformieren. Ein weiterer Multiplikationseffekt sind die rund 3.000 Microsoft Partner in ganz Österreich, wo wir die breite Masse an KMU adressieren wollen. Meine Vision in Richtung KMU geht so weit, dass ich sage: Wir brauchen keine Hardware mehr vor Ort. Alle notwendigen IT-Ressourcen können als as-a-Service-Komponenten bezogen werden. Das ist für die Unternehmen viel flexibler und sicherer und entspricht auch dem Innovationsgeist. Wichtig ist lebenslanges Lernen. Die Unternehmen müssen das Ausbildungs- und Trainings-Thema neu angehen. Etwa in punkto Azure, künstliche Intelligenz und Datennutzung.


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