Rechnungsbearbeitung für den Einzelhandel

Mit der Einführung einer in das ERP-System von SAP integrierten Lösung für Rechnungserkennung und-Bearbeitung konnte Spar Österreich 40 Rechnungsprüfer für wichtigere Aufgaben im Bestandscontrolling freispielen. [...]

Sie ist ein typischer regionaler Lieferant der österreichischen Spar Gruppe: die kleine Sennerei am Berg. Tausende solcher Zulieferer hat Spar Österreich und beschäftigt deshalb eine umfangreiche Kreditoren-Buchhaltung. Dort waren bis vor kurzem allein 110 Angestellte mit der Rechnungsbearbeitung beschäftigt. Zu viele und zu unproduktiv, wie man fand, weshalb der Handelskonzern eine SAP-integrierte Lösung der FIS GmbH für Rechnungserkennung und -bearbeitung einführte. Die Produktivität hat sich damit deutlich erhöht: Ein knappes Drittel der Rechnungsprüfer konnte für wichtige Aufgaben im Bestandscontrolling freigespielt werden.

Die Spar Österreich Gruppe ist ein mitteleuropäischer Handelskonzern, dessen Aktivitäten auf vier Säulen ruhen: dem Lebensmittelhandel in Österreich (Spar, Spar-Gourmet, Eurospar, Interspar, Maximarkt), dem Lebensmittelhandel im benachbarten Ausland (Norditalien, Slowenien, Ungarn, Tschechien, Kroatien), dem Sportfachhandel im In- und Ausland (Hervis) und den Immobilien- und Shopping-Center-Aktivitäten im In- und Ausland (SES Spar European Shopping Centers). Rund die Hälfte des Konzern-Umsatzes erzielt die Spar Österreich Gruppe im Ausland und beschäftigt insgesamt rund 75.000 Mitarbeiter.

Aus dem österreichischen Lebensmittel-Einzelhandel ist die Spar Gruppe nicht mehr wegzudenken. 1.586 Märkte zählte der Konzern im Jahr 2012 im Heimatland, zuzüglich weiteren 1.100 im benachbarten Ausland. Die Geschäftsbeziehungen sind demnach vielfältig und so erhält die Gruppe pro Jahr rund 3,5 Millionen Rechnungen von geschätzt 3.000 Lieferanten. 60 Prozent dieser Rechnungen sind Waren-, also bestellbezogene Rechnungen, davon kommen drei Viertel in Papierform, der Rest sind EDI-Rechnungen. Nur zehn Prozent der Lieferanten von Spar nutzt überhaupt das EDI-Verfahren. Denn im Lebensmittelhandel hat man es mit vielen kleinen Zulieferern zu tun – die eingangs erwähnte Sennerei am Berg, der Gemüsebauer aus dem Nachbarort – für die es nicht einfach ist, die für diesen Übertragungsweg notwendige technische Infrastruktur aufzubauen. Weitere technische Gründe wie die Leergutverwaltung kommen hinzu.

So sind es etwa eine Million Warenrechnungen in Papierform, welche der Konzern jedes Jahr per Post erhält. Mit der Prüfung und Weiterverarbeitung dieser Warenrechnungen waren bis vor kurzer Zeit allein 110 Mitarbeiter in der Finanzbuchhaltung der Spar Österreich Gruppe beschäftigt. Jeweils die Hälfte am Standort Salzburg (Rechnungen für Großhandel, Trockensortiment, 60 Hypermärkte der Interspar und Hervis-Sportfachgeschäfte) sowie in den sechs regionalen Verwaltungen (Rechnungen für rund 800 Spar-Märkte).

Um in der Kreditorenbuchhaltung produktiver zu werden, plante das Unternehmen die Einführung einer Lösung für die elektronische Rechnungsbearbeitung. „Wir haben weniger ein System gesucht, dass exakt auf nur unsere Bedürfnisse zugeschnitten ist“, sagt IT-Fachmann Andreas Kaserer, „sondern eher eines, bei dem die Rechnungsprüfung im SAP-Standard verläuft – weil wir vom Weinbauern bis zur Filiale alles in der ERP-Software verwalten. Gleichzeitig sollte die Lösung genügend Spielraum für Anpassungen besitzen.“

EIGENGUTSCHRIFTEN ERSTELLEN
Das Rennen machte letztlich die FIS GmbH mit ihrem SAP-Add-on FIS/edc. Die SAP-integrierte Lösung bildet wesentliche handelsspezifische Anforderungen der Spar Österreich ab: Zunächst die Erstellung von Eigengutschriften, auch wenn keine Position im Wareneingang vorhanden ist. Solche Gutschriften erstellt Spar, wenn die Verrechnung des Lieferanten nicht mit dem Wareneingang übereinstimmt. „Dies geschieht im Handel ständig“, sagt Andreas Kaserer, „deshalb muss eine Software dies ermöglichen.“ Im reinen SAP-Standard funktioniert dies nur bei Vorhandensein einer Wareneingangsposition. Nun aber gibt es viele Rechnungen, mit denen der Lieferant eine Position verrechnet, die nicht im Wareneingang auftaucht. Mit FIS/edc kann die Spar solche Eigengutschriften auch ohne Wareneingang erstellen.

Eine weitere handelstypische Ausprägung der Lösung ist die „dynamische Kopfdatenverarbeitung“. Vom anfänglichen Plan, alle Positionsdaten ihrer Rechnungen auszulesen, ist das Spar-Team schnell abgekommen – es sollte reichen, dass die Endsumme der Rechnung mit der Bestellung übereinstimmt. Positionsdaten liest die OCR-Komponente FCI nur aus, wenn es zu Differenzen kommt.

Spar Österreich unterscheidet streng zwischen Validierung und Prüfung von Rechnungen. So liest FCI nach dem Scanvorgang alle rechtlichen und steuerlichen Komponenten der Rechnung aus, also Lieferant, Rechnungsnummer, Belegdatum etc., und prüft sie anhand diverser Plausibilitätskriterien. Findet der Rechnungsleser die Rechnungsnummer nicht oder stimmt der Lieferant nicht mit den Stammdaten überein, schlägt die Rechnung in der Validierung auf und kann dort manuell korrigiert werden.

FEHLER WERDEN WESENTLICH SCHNELLER AUFGEDECKT
Anschließend geht sie in die Rechnungsprüfung und wird dort mit dem Wareneingang verknüpft. Wird ein solcher nicht gefunden, startet der Mitarbeiter in FIS/edc Workflows zur Klärung von fehlenden Wareneingängen, Preis- oder Mengendifferenzen. Bei 40 Prozent der Rechnungen ist dies nicht notwendig und sie können direkt durchgebucht werden. Dass dies weniger als die Hälfte sind, ist typisch für den Handel. Denn es gibt immer wieder technische und organisatorische Gründe, die zu Preisfehlern führen, darunter vor allem die vielen Aktionen, die im Einzelhandel wöchentlich gefahren werden und sich oft ad hoc verlängern oder verkürzen. So ist die Datenqualität in diesem Bereich eher schlecht, was typisch für den Handel ist. Die neue Lösung hilft der Spar Österreich, solche Fehler schneller aufzudecken und mit Hilfe elektronischer Workflows zu beheben.

VERDICHTETE MASSENPREISÄNDERUNGEN
Knifflig wird es, wenn eine solche Rechnung an viele Filialen geht, unter Umständen sogar alle 800 Märkte. Nicht wenige Lieferanten rechnen mit jeder einzelnen Filiale separat ab. Ist nun der Preis falsch, schlagen im Finanzwesen in Salzburg 800 Rückmeldungen auf. Robert Lackner, Leiter der Rechnungsprüfung bei der Spar Österreich, muss wiederum 800 E-Mails an den Einkauf schicken mit der Bitte, dem Fehler nachzugehen. „Wir wollten deshalb einen Weg finden, diese Rückmeldungen zu bündeln, damit der Einkäufer nur einmal entscheiden muss, welcher Preis der richtige ist“, sagt er. Für solche Fälle hat die FIS eine weitere handelsspezifische Ausprägung in ihrer Software eingerichtet: die „verdichtete Massenpreisänderung“. Alle Belege sind dabei in einer Tabelle gesammelt und die Abfrage, welcher Preis richtig ist, geht nur einmal an den Einkäufer.

Wenn Robert Lackner inzwischen seine Abteilung überblickt, findet er nur noch 70 statt der früheren 110 Mitarbeitern, die sich mit Validierung und Rechnungsprüfung beschäftigen. Ganze 40 kann er seit Start der elektronischen Rechnungsbearbeitung für das Bestandscontrolling einsetzen – eine für Handelsunternehmen äußerst wichtige Tätigkeit, bei der die Richtigkeit der Bestände geprüft wird und Inventurdifferenzen ermittelt werden. „Dort können wir nun viel genauer kontrollieren und die Daten für den Vertrieb aufbereiten. Diese Personalressourcen hätten wir ohne die IT-Unterstützung in der Rechnungsbearbeitung nicht freimachen können“, sagt er. Vorteile, die allein durch Automatisierung der Warenrechnungen entstanden sind.

* Frank Zscheile arbeitet als freier Journalist in München.


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