Rücktrittsrecht bei Online-Abo-Verträgen

Die meisten Menschen, die Waren oder Dienstleistungen über das Internet bestellen, haben wahrscheinlich schon einmal von diesem Recht Gebrauch gemacht, wenn die Ware oder Dienstleistung nicht ihren Vorstellungen entsprach: "Ein Verbraucher kann innerhalb von 14 Tagen ohne Angabe von Gründen von einem Fernabsatzvertrag zurücktreten". [...]

Mag. Andreas Schütz und Mag. Alexander Schmiedlechner sind Juristen der Kanzlei Taylor-Wessing. (c) Taylor-Wessing
Mag. Andreas Schütz und Mag. Alexander Schmiedlechner sind Juristen der Kanzlei Taylor-Wessing. (c) Taylor-Wessing

Dieses 14-tägige Rücktrittsrecht gilt für Verträge, die ausschließlich über Fernkommunikationsmittel (meist über das Internet) abgeschlossen werden und besteht EU-weit. Die Rücktrittsfrist beginnt bei gekauften Waren, sobald der Verbraucher die Ware erhalten hat, bei Dienstleistungen bereits mit Vertragsabschluss und verlängert sich um 12 Monate, wenn der Unternehmer nicht ausreichend über das Rücktrittsrecht informiert hat.

Die Frage, wann und wie oft dem Verbraucher dieses Recht bei einem online abgeschlossenen Abonnementvertrag zusteht, war kürzlich Gegenstand eines Verfahrens zwischen dem österreichischen Verein für Konsumenteninformation (VKI) und einer Lernplattform. Die Internet-Lernplattform bot Kundinnen und Kunden eine 30-tägige Testphase an, nach deren Ablauf sich das Abonnement automatisch verlängerte und kostenpflichtig wurde. Der VKI argumentierte, dass den Konsumentinnen und Konsumenten auch dann ein Rücktrittsrecht zustehen müsse, wenn das Testabonnement nach 30 Tagen in ein reguläres Abonnement umgewandelt wird, sowie bei jeder weiteren Verlängerung, und, dass die Lernplattform die Kundinnen und Kunden darüber informieren müsse.

Der damit befasste österreichische Oberste Gerichtshof wandte sich daher an den Europäischen Gerichtshof (EuGH) mit der Frage, ob das Rücktrittsrecht tatsächlich bei Überleitung in ein kostenpflichtiges Abonnement und bei jeder Verlängerung erneut zusteht.

Der EuGH führte aus, dass der Zweck des Widerrufsrechts darin bestehe, dem Verbraucher die Möglichkeit zu geben, Waren und Dienstleistungen zu prüfen und ihm daher eine Bedenkzeit einzuräumen. Diesem Zweck würde es daher nicht entsprechen, wenn dem Verbraucher das Widerrufsrecht nach einer Testphase oder nach einer Verlängerung erneut zustünde. Dies unter der Voraussetzung, dass der Verbraucher über diese Umstände bei Vertragsschluss hinreichend aufgeklärt wurde.

Diese Klarstellung des EuGH ist für die Praxis relevant, da kostenlose Testabonnements von Unternehmen gerne zur Kundengewinnung eingesetzt werden. Unternehmen sollten jedoch darauf achten, dass sie ihre Kunden ausreichend über den Übergang in ein kostenpflichtiges Abonnement informieren, insbesondere über den Gesamtpreis der Leistungen. Die Kunden müssen sich darüber im Klaren sein, dass auch das Probeabonnement mit einer Zahlungspflicht verbunden ist.

*Mag. Andreas Schütz und Mag. Alexander Schmiedlechner sind Juristen der Kanzlei Taylor-Wessing.


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