SAP-S/4HANA-Migration plus EDI-Integration

Der Umstieg auf das aktuelle ERP-System SAP S/4HANA während des laufenden Geschäftsbetriebes stellt hohe Anforderungen an alle Beteiligten. Ein zentraler Erfolgsfaktor für ein Migrationsprojekt besteht darin, digitale Geschäftsprozesse mit Partnern, Kunden, Lieferanten und Logistikdienstleistern von Anfang an mit einzubeziehen. Welche Herausforderungen gilt es hierbei zu meistern und welche Learnings ergeben sich aus bisherigen Umsetzungen? [...]

Anastasia Kamarauli, Head of EDI Solutions bei EDITEL (c) Privat
Anastasia Kamarauli, Head of EDI Solutions bei EDITEL (c) Privat

Zahlreiche Unternehmen, die SAP im Einsatz haben, setzen in der digitalen Kommunikation mit ihren Partnern (Kunden, Lieferanten, Logistikdienstleister) auf Lösungen im Bereich elektronischer Datenaustausch (EDI). Um bei der Umstellung auf SAP S/4HANA einen reibungslosen Übergang während des laufenden Betriebes zu gewährleisten, ist eine strategische Planung, die nicht nur das Kernsystem, sondern auch die Schnittstellen zu den Partnern berücksichtigt, unumgänglich.

Erfolgsfaktoren

Eines vorweg: Die Einführung von SAP S/4HANA ist per se kein IT-Projekt, das man im Vorübergehen abwickelt. Vor allem Unternehmen mit gewachsenen, komplexen Strukturen stehen bei der Migration zu SAP S/4HANA vor besonderen Herausforderungen. Klare Zeitpläne mit Meilensteinen und Projektzielen, die in einer umfassenden Planung erarbeitet werden, sind daher ein wesentlicher Erfolgsfaktor für die Umstellung auf ein neues ERP-System. Unserer Erfahrung nach stellen insbesondere die partnerschaftliche Kommunikation und die enge Zusammenarbeit aller Beteiligter die Schlüssel zum fristgerechten Abschluss des Projektes im vereinbarten Zeitrahmen dar.

Voraussetzung für einen guten Plan ist bekanntlich eine gründliche Analyse des Ist-Zustandes. Das heißt einerseits, alle bestehenden EDI-Prozesse im abzulösenden System zu erfassen und im neuen System abzubilden. Und andererseits, ein tiefes und umfassendes Verständnis für die vorhandenen Geschäftsprozesse des jeweiligen Unternehmens zu entwickeln. Um die Qualität der Umsetzung zu garantieren, muss zudem die Richtigkeit und Sauberkeit aller vorhandenen Stammdaten sichergestellt sowie der Go-Live sorgfältig geplant und getestet werden.

Historisch gewachsene Prozesse als Herausforderung

Welche Herausforderungen gilt es bei der Umstellung auf SAP S/4HANA in Verbindung mit EDI-Prozessen zu meistern? Das lässt sich anhand der beiden Nahrungsmittelhersteller Maresi und Karnerta zeigen: In beiden Fällen lag die größte Herausforderung sicherlich in der Komplexität der vorhandenen EDI-Prozesse, die historisch gewachsen waren. Denn Maresi agiert mit 55 Eigen- und Partnermarken in fünf Ländern, wodurch monatlich rund 22.000 Dokumente mit 250 Partnern – darunter viele unterschiedliche Lieferanten, Speditionen und Handelspartner – ausgetauscht werden. Der Kärntner Fleischverarbeiter Karnerta musste sogar über 1.000 Kunden und Lieferanten in die neue IT-Systemlandschaft überführen. Die Notwendigkeit, neben dem System auch alle Stammdaten, Lieferanten und Partner zu migrieren, rührt übrigens daher, dass das alte SAP-System mit IDoc-Text-Schnittstellen gearbeitet hat, während das neue System XML-IDocs erfordert.

Learnings aus der Praxis

Wie gelingt es nun, digitale Geschäftsprozesse mit Partnern, Kunden und Lieferanten von Anfang an mit einzubeziehen? Zu Beginn beider Projekte wurden alle EDI-Prozesse im alten, abzulösenden System erfasst und anschließend im neuen System abgebildet. Ziel bei Karnerta war es, bestehende EDI-Prozesse nahtlos in SAP S/4HANA zu integrieren, um die vollautomatisierte Kommunikation mit den IT-Systemen der Kunden und Lieferanten zu gewährleisten. Dafür mussten kundenindividuelle EDI-Mappings erstellt werden. Diese wandeln Geschäftsdaten aus dem internen Format des Unternehmens in standardisierte EDI-Austauschformate um.

Auch bei Maresi hat eine effiziente Lösung zum Erfolg geführt: Bestehende EDI-Mappings wurden auf eXite (Datenaustauschplattform von EDITEL) nachgebaut, anstatt jede Partnerverbindung einzeln neu zu testen. Durch die Analyse historischer Daten und die Neudefinition von Prozessen ließen sich auch überflüssige EDI-Nachrichten identifizieren und abschalten. Gleichzeitig sollte man immer die Möglichkeit mitdenken, zusätzlichen Mehrwert zu schaffen: Bei Maresi wurde beispielsweise eine neue Order-Splitting-Logik implementiert, die eingehende Bestellungen zuverlässig auf Lager, Geschäftspartner und Verpackungsarten verteilt.

Ein weiterer Meilenstein betraf die Harmonisierung der Artikel- und Partnernummern. Da SAP S/4HANA nicht direkt mit Global Trade Item Numbers (GTIN) und Global Location Numbers (GLN) arbeitet, wurde eine zentrale Cross-Reference-Liste aufgebaut, die eine korrekte Verarbeitung von Bestellungen, Lieferavisen und Rechnungen sicherstellt. Das Ergebnis: Durch die Umstellung der verschiedenen Kommunikationskanäle auf eXite sind heute alle Partner von Maresi über eine einheitliche, sichere Plattform angebunden. Das hat wertvolle Zeit gespart und sichergestellt, dass der elektronische Datenaustausch mit den Geschäftspartnern ohne Unterbrechungen weiterlaufen konnte.

Fazit: Aufwand lohnt sich

Wie sich immer wieder zeigt, ist die Migration zu SAP S/4HANA Herausforderung und Chance zugleich. Bei der Umstellung müssen alle vorhandenen Prozesse detailliert analysiert werden. Das eröffnet die Möglichkeit, die Systeme zu entschlacken, indem historisch gewachsene Geschäftsprozesse neu gedacht werden. Gleichzeitig lässt sich dadurch die gesamte Systemlandschaft effizienter gestalten. Das Zusammenspiel zwischen SAP-System und EDI-Lösung sowie die Unterscheidung der verschiedenen Prozesse mag zwar herausfordernd sein, aber der Aufwand lohnt sich, da das Projekt in der Etablierung eines neuen, stabilen und vor allem moderneren Systems seinen Abschluss findet.

*Anastasia Kamarauli ist Head of EDI Solutions bei EDITEL.


Mehr Artikel

News

Produktionsplanung 2026: Worauf es ankommt

Resilienz gilt als das neue Patentrezept, um aktuelle und kommende Krisen nicht nur zu meistern, sondern sogar gestärkt daraus hervorzugehen. Doch Investitionen in die Krisenprävention können zu Lasten der Effizienz gehen. Ein Dilemma, das sich in den Griff bekommen lässt. […]

Maximilian Schirmer (rechts) übergibt zu Jahresende die Geschäftsführung von tarife.at an Michael Kreil. (c) tarife.at
News

tarife.at ab 2026 mit neuer Geschäftsführung

Beim österreichischen Vergleichsportal tarife.at kommt es mit Jahresbeginn zu einem planmäßigen Führungswechsel. Michael Kreil übernimmt mit 1. Jänner 2026 die Geschäftsführung. Maximilian Schirmer, der das Unternehmen gegründet hat, scheidet per 14. April 2026 aus der Gesellschaft aus. […]

News

Warum Unternehmen ihren Technologie-Stack und ihre Datenarchitektur überdenken sollten

Seit Jahren sehen sich Unternehmen mit einem grundlegenden Datenproblem konfrontiert: Systeme, die alltägliche Anwendungen ausführen (OLTP), und Analysesysteme, die Erkenntnisse liefern (OLAP). Diese Trennung entstand aufgrund traditioneller Beschränkungen der Infrastruktur, prägte aber auch die Arbeitsweise von Unternehmen.  Sie führte zu doppelt gepflegten Daten, isolierten Teams und langsameren Entscheidungsprozessen. […]

News

Windows 11 im Außendienst: Plattform für stabile Prozesse

Das Betriebssystem Windows 11 bildet im technischen Außendienst die zentrale Arbeitsumgebung für Service, Wartung und Inspektionen. Es verbindet robuste Geräte, klare Abläufe und schnelle Entscheidungswege mit einer einheitlichen Basis für Anwendungen. Sicherheitsfunktionen, Updates und Unternehmensrichtlinien greifen konsistent und schaffen eine vertrauenswürdige Plattform, auf der sowohl Management als auch Nutzer im Feld arbeiten können. […]

Be the first to comment

Leave a Reply

Your email address will not be published.


*