SCCH und China kooperieren

Unter dem Titel "Smart Water Systems" arbeitet das Software Competence Center Hagenberg (SCCH) an einer Lösung für eine intelligente Wasserversorgung in China. In den kommenden drei Jahren sollen die Algorithmen für ein Echtzeitsimulationsmodell entwickelt und getestet werden. [...]

Um die chinesischen Megastädte à la Beijing und Shanghai verlässlich mit Wasser versorgen zu können, braucht es smarte Lösungen. Oberösterreich hilft. (c) Ding Iran / Unsplash
Um die chinesischen Megastädte à la Beijing und Shanghai verlässlich mit Wasser versorgen zu können, braucht es smarte Lösungen. Oberösterreich hilft. (c) Ding Iran / Unsplash

Wasser ist eine elementare Lebensgrundlage und gerade für Länder wie China mit rasantem Wirtschafts- und Bevölkerungswachstum ist die Wasserversorgung eine zentrale Herausforderung. Bei der Bewältigung dieser Herausforderung setzt China auf Forschungs-Knowhow aus Oberösterreich: „In einer Kooperation mit dem Software Competence Center Hagenberg aus unserem Upper Austrian Research Innovation Network wird an einem Wasserversorgungssystem auf Basis künstlicher Intelligenz gearbeitet“, erklärt der oberösterreichische Wirtschafts- und Forschungs-Landesrat Markus Achleitner.  „In diesem ersten Kooperationsprojekt des SCCH mit China mit dem Titel ‚Smart Water Systems‘ werden robuste Vorhersagemodelle für ein intelligentes Wasserversorgungssystem von Großstädten entwickelt. Das ist nicht nur eine Bestätigung für die hohe Forschungskompetenz am Standort OÖ, sondern auch ein wichtiger Impuls für die sinnvolle Nutzung von Wasser.“ 

China ist mit 1,44 Milliarden Einwohner und Einwohnerinnen das bevölkerungsreichste Land der Welt. Dem wachsenden Bedarf an sauberem Wasser für Landwirtschaft, Industrie und Bevölkerung stehen limitierte Wasserressourcen gegenüber. Während die meisten Wasserreserven im Süden des Landes liegen, herrscht Wasserknappheit im Norden, wo die meisten Großstädte ihr Trinkwasser aus dem Grundwasser beziehen. Daher ist die Wasserversorgung eines der vordringlichsten Probleme. 

Ausländisches Knowhow

Für den Aufbau eines funktionierenden Wasserversorgungssystems – gerade auch für Megastädte wie Shanghai oder Beijing mit jeweils weit mehr als 20 Millionen Einwohnern und Einwohnerinnen – setzt China zunehmend auf künstliche Intelligenz und auch auf ausländisches Knowhow. So startete das Binhai Industrial Technology Research Institute der Universität Zhejiang nahe Beijing ein Forschungsprojekt zur Wasserverbrauchsvorhersage. Die Leitung hatte der aus Indien stammende Professor für Computational Intelligence in Automation der Universität Rostock, Mohit Kumar, der dafür 2018 mit dem „Thousand Talents Plan for Foreign Experts“ ausgezeichnet wurde. 2019 wechselte Kumar wegen der engen Verbindung von Grundlagenforschung und angewandter Forschung an das SCCH nach Hagenberg: „Durch Bereitstellung von Digitalisierungslösungen, die auf soliden theoretischen Grundlagen und umfangreichen Experimenten beruhen, können wir mithilfe von maschinellem Lernen und künstlicher Intelligenz die herausfordernden Probleme der realen Welt angehen“, so der Experte für maschinelles Lernen, der das SCCH „als wichtige Schnittstelle zwischen hochkarätiger internationaler Forschung und der praktischen Umsetzung in der Industrie“ sieht. 

Erklärbare KI für chinesische Wasserversorgung

Seit Jänner 2021  werden im Auftrag der Universität Zhejiang am SCCH drei Jahre lang die Algorithmen für ein KI-basiertes Informationsmanagementsystem zur Sammlung, Speicherung und Überwachung von Daten aus der Wasserversorgung und zur Datenanalyse entwickelt. Im Projekt „Smart Water Systems“ geht es darum, KI und maschinelles Lernen mit Grundlagen aus der Physik erklärbar für ein intelligentes Wasserversorgungssystem einer Großstadt zu nutzen. „Die Wasserversorgung in China funktioniert anders als in Europa. Großstädte verfügen über ein riesiges Netz mit vielen Quellen und tausenden Wasserleitungen. Damit Wasser bei Bedarf an jeder Stelle mit dem nötigen Druck verfügbar ist, braucht es eine robuste Vorhersage des Gesamtverbrauchs“, erklärt Professor Kumar. Ziel ist die Echtzeit-Simulation des Netzwerks. Dazu müssen verschiedenste Daten wie Flussdirektion, Fließgeschwindigkeit, Druck und hydraulische Neigung integriert werden – ebenso wie Gewohnheiten, Wetter und Temperatur. „Kennt man den Verbrauch zu einem bestimmten Zeitpunkt, kann man anhand der Daten den Wasserverbrauch an den einzelnen Pumpstationen vorhersagen. Da nur einige hundert Sensoren im riesigen Netz Daten liefern, setzen wir maschinelles Lernen ein. So wird aus wenigen vorhandenen Daten künstliches Wissen generiert, um Wahrscheinlichkeiten zu berechnen. Daraus können wir ein physikalisches Modell erstellen, um das Wasserverteilungssystem zu simulieren. Anhand historischer Daten werden Zeitserienmodelle zur Verbrauchsvorhersage entwickelt. Dabei setzen wir auf ‚explainable Machine Learning‘, also erklärbares maschinelles Lernen. Denn KI-Modelle müssen erklärbar sein, damit wir ihnen vertrauen können. Hier liefern die physikalischen Grundlagen die Basis, um zu verstehen, wie die Vorhersagen entstehen“, so Kumar.

Transparenz und Kostenoptimierung 

Ein wesentlicher Aspekt ist auch die frühzeitige Erkennung potenzieller Wasserlecks. Daher wird unerwartet hoher Wasserverlust im Vorhersagemodell detektiert und angezeigt. Weil die Pumpen nicht ständig laufen müssen, können dank KI auch die Energiekosten optimiert werden. Da die Position der Sensoren die Genauigkeit der Analyse wie auch der Machine-Learning-Modelle beeinflusst, wird gleichzeitig die optimale Position der Druck- und Durchflusssensoren ermittelt. 

 In den nächsten drei Jahren werden die Algorithmen für das Echtzeitsimulationsmodell am SCCH entwickelt und getestet. Dazu ist neben Professor Kumar auch ein Junior Researcher eingebunden. Weiters sollen im Projekt zwei chinesische PhD-Studenten der Universität Zhejiang an der Johannes Kepler Universität (JKU) betreut werden und in Folge die praktische Umsetzung der Software und der Web-Anwendung übernehmen. Markus Achleitner: „Dieses Projekt ist eine große Chance – sowohl für das SCCH, als auch für Oberösterreich – die strategische Partnerschaft zwischen Österreich und China substanziell zu festigen. Beide Länder haben vereinbart, etwa in den Bereichen Forschung und Innovation, digitale Wirtschaft, Energie und Umweltschutz, zusammenzuarbeiten und die auf beiden Seiten bestehenden Stärken und Potenziale zu ergänzen. Für Oberösterreich als führendes Wirtschafts- und Industriebundesland bestätigt diese Kooperation auch die Bedeutung als Forschungsstandort.“ Upper-Austrian-Research-Geschäftsführer Wilfried Enzenhofer ergänzt: „Dieses internationale Kooperationsprojekt des SCCH mit China unterstreicht, dass digitale Technologien und künstliche Intelligenz Antworten auf viele globale Herausforderungen geben können. Wir gratulieren dem Member of UAR Innovation Network zu diesem bedeutenden Projekt.“


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