Unternehmen in Deutschland, Österreich und der Schweiz fehlt es immer noch an Reife bei der Nutzung unterschiedlicher Daten – das hat die BI & Analytics-Studie biMA 2017/18 von Sopra Steria Consulting und BARC ergeben. [...]
Die Ergebnisse der aktuellen biMA-Studie sind alarmierend: Jedes zweite Unternehmen (49 Prozent) bemängelt, dass Daten für Auswertungen widersprüchlich, unvollständig oder veraltet sind. Nur jedes vierte Unternehmen (25 Prozent) gibt an, keine Datenqualitätsprobleme zu haben. Management-Entscheidungen basieren also oft auf mangelhaften Informationen, weil das Spektrum der verfügbaren Daten nicht ausgeschöpft wird. Zudem ist die Qualität der genutzten Daten teils mangelhaft.
Für die BI & Analytics-Studie biMA 2017/18 wurden 314 Unternehmen unterschiedlicher Branchen und Größen befragt. Die aktuelle Studie ist die fünfte Auflage und zeigt die bisherige und zukünftige Entwicklung des Themas BI & Analytics in Unternehmen im deutschsprachigen Raum (DACH).
Die Beobachtung, dass Unternehmen noch nicht konsequent an einer besseren Nutzung ihrer Daten arbeiten, spiegelt sich auch in der Entwicklung der Budgets für BI & Analytics wider, die im Durchschnitt für kleine und mittelgroße Unternehmen im Vergleich zur letzten biMA-Studie stagnieren oder gar rückläufig sind. Große Unternehmen haben das Problem erkannt und gehen es aktiver an. Kleinere Unternehmen sind hier noch zögerlich.
Die mangelnde Reife bei BI und Big Data kann fatale Folgen haben: Unternehmen in Deutschland, Österreich und der Schweiz drohen im internationalen Wettbewerb den Anschluss zu verlieren. Während datengetriebene Innovationen in anderen Industrieländern mit einem enormen Tempo voranschreiten, plagen sich Betriebe hierzulande noch damit, die organisatorischen, fachlichen und technischen Voraussetzungen zu erfüllen.
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Die Studie zeigt auf, dass die Kluft zwischen dem, was Unternehmen erreichen möchten, und dem, was sie tatsächlich umgesetzt haben, in den vergangenen Jahren eher noch größer geworden ist. Stagnierende Investitionen, fehlende Weiterentwicklungen und ausbleibende Erfolge verstärken die bereits identifizierten Herausforderungen. Die Zeit bleibt nicht stehen, und wer sich nicht mit den Märkten und Technologien weiterentwickelt, droht den Anschluss zu verlieren. Zudem gilt heute nicht mehr, was vor fünf Jahren noch als Ausrede durchging: Damals war die Technik noch nicht so weit und die technische Umsetzung ambitionierter Strategien oft ein Problem.
Heute stehen Unternehmen die notwendigen Analysemethoden zur Verfügung. In die Zukunft gerichtete Simulationen beziehungsweise Vorhersagen sind mit Hilfe von BI & Analytics bereits möglich. Dadurch lässt sich nicht nur der operative und strategische Mehrwert von Daten erheblich steigern. BI & Analytics etabliert Informationen endlich auch als entscheidenden Erfolgsfaktor in Unternehmen.
Aber es hakt in der Umsetzung. Neben der nach wie vor mangelnden Qualität der Daten ist es heute vor allem das fehlende fachliche Verständnis, das vielen Unternehmen Schwierigkeiten bereitet. Entscheider sind oft nicht in der Lage, Analyseergebnisse richtig zu interpretieren, weil ihnen wesentliche Zusatzinformationen in Form von Metadaten fehlen. Diese Defizite werden im Rahmen der Digitalisierung durch wachsende Datenmengen und unterschiedlichste Datenquellen noch verschärft. Technische Neuerungen und Innovationen finden sich in heutigen Architekturen und BI-Landschaften durchaus wieder, fachlich werden sie aber in den wenigsten Fällen verstanden oder sinnvoll eingesetzt. Die Integration von Data Lakes, Cloud-basierten Werkzeugen oder Self-Services verändern die vorhandenen Architekturen und vergrößern ihre Komplexität. Wenn das fachliche Verständnis für die Nutzung dieser Werkzeuge nicht mitwächst, wird es noch schwerer, das Potenzial der technischen Fortschritte zu nutzen.
Zudem steht und fällt der Erfolg von BI & Analytics mit einer effizienten Aufbau- und Ablauforganisation. Sie führt die Experten aus den Fachbereichen und der IT-Abteilung in einem Kooperationsmodell klar geregelter Rollen mit ihren jeweiligen Rechten und Pflichten zusammen. Wertschöpfung und Innovation erfordern jedoch neben klaren Abläufen auch ein agiles Vorgehen und eine entsprechende Kultur. Im Bereich der Organisation gilt es daher, die wesentlichen Grundlagen für effiziente, datengetriebene Entscheidungsprozesse zu etablieren.
Transparenz durch Metadaten
Auch im Prüfungsfach Strategie gibt es Bedarf für Nachhilfe: Fast die Hälfte der Studienteilnehmer (43 Prozent) und damit noch einmal zehn Prozentpunkte mehr als 2012/13 haben hier keine Fortschritte gemacht. Dabei ergibt sich akuter Anpassungsbedarf etwa aus dem wachsenden Einsatz von Self-Service-Werkzeugen für Visualisierung, grafische Analyse und Datenintegration oder auch aus der wachsenden Nachfrage nach explorativen BI & Analytics, zum Beispiel in Data Labs. In schnell drehenden Zeiten wie diesen ist klar: Mit den in die Jahre gekommenen Strategien ist die Daten-Reifeprüfung nicht zu schaffen.
Darüber hinaus zeigen die Ergebnisse der biMA-Studie 2017/18 deutlich, dass Unternehmen ihre Hausaufgaben auch im Bereich Datenqualität in den letzten Jahren vernachlässigt haben. Die Datenqualität bleibt die größte Herausforderung und gewinnt vor dem Hintergrund der anstehenden Nutzung neuer Datenquellen sogar noch an Bedeutung.
Im Bereich des Stammdaten- und Metadaten-Managements besteht ebenfalls erheblicher Nachholbedarf: Fachliche und technische Metadaten sind meist unvollständig und nur unzureichend miteinander verknüpft, so dass aktuell kaum Transparenz hinsichtlich der Datenverfügbarkeit und -qualität sowie der Nutzbarkeit dieser Daten gegeben ist. Diese Transparenz ist allerdings wesentlicher Erfolgsfaktor für eine erfolgreiche Wertschöpfung aus Daten unterschiedlichster Quellen. Unter diesen ungünstigen Voraussetzungen ist das Potenzial der Daten fraglich: Welchen Nutzen haben wachsende Datenbestände aus neuen Quellen, wenn die Daten aufgrund unzureichender Qualität und fehlenden Metadaten-Managements nicht gefunden, verwendet oder sinnvoll verknüpft werden können?
Traditionelle Analysen ablösen
Wer diesen durchaus beklagenswerten Zustand ändern und Daten nutz- oder gar gewinnbringend einsetzen möchte, muss aus Kultur, Strategie, Prozessen und Anwendungen einen ganzheitlichen Kontext für die Digitalisierung schaffen.
Unternehmen müssen BI- & Analytics-spezifische Prozesse etablieren und veraltete Prozesse ändern oder abschaffen. Für diesen nicht zu unterschätzenden Umbau brauchen sie einen vom ganzen Unternehmen und besonders von den Unternehmensverantwortlichen getragenen Kulturwandel und ein sorgsames Change Management.
Digitalisierung braucht vertrauenswürdige Daten als Treibstoff. Das Datenmanagement für die Bereitstellung konsistenter und valider Daten und Metadaten ist ein erfolgskritisches Aktionsfeld.
Unternehmen brauchen Datenanalysten („Data Scientist“) mit technischem Verständnis, um Erkenntnisse aus den Daten auf die Fachlichkeit zu übertragen. Sie können die richtigen Fragen stellen und die passenden Antworten und Informationen aus den Daten ableiten, Erkenntnisse visualisieren und Entscheidungen datenbasiert treffen. Die IT-Abteilungen dürfen diese Expertise nicht als „Schatten-IT“ in Misskredit bringen, sondern mit ihrem ganzen Wissen und einer agilen Organisation unterstützen.
Unternehmen brauchen diese Kompetenzen schließlich entlang der gesamten Wertschöpfungskette. Das schließt gute Teamleistungen ein, die weit über das hinausgehen, was einzelne Datenspezialisten in der Lage sind zu leisten.
Ziel muss es sein, traditionelle Analysen durch den Einsatz zukunftsorientierter Technologien und valider Daten abzulösen. Nur durch das Zusammenspiel von Daten, Technologie, Strategie und operativer Exzellenz lässt sich ein datengetriebenes Unternehmen schaffen, halten und weiterentwickeln.
*Lars Schlömer ist Leiter der BI Community und Public Analytics, Stefan Seyfert arbeitet als Leiter des Kompetenzzentrums Datenmanagement, beide bei Sopra Steria Consulting.
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