„See – Touch – Interact – Discover – Buy“

Großformatige Multitouch-Lösungen gewinnen an Fahrt. Vor allem der Retail, aber auch die öffentliche Hand zeigen Interesse an den interaktiven Systemen. Christian Zauner, Direktor Business Development bei Lieberlieber Software, im COMPUTERWELT-Interview. [...]

Das heimische Softwarehaus Lieberlieber präsentierte Anfang April in den Räumen von Microsoft Österreich aktuelle Multitouch-Lösungen auf großformatigen Geräten seiner Hardware-Partner Samsung, Pyramid, Mymultitouch und Flatfrog. Der Tenor der Leistungsschau war laut Veranstalter Christian Zauner, seines Zeichens Direktor Business Development bei Lieberlieber, sehr positiv: „Das große Interesse der über 80 Besucher unseres ‚Device Day‘ zeigt uns einmal mehr, dass wir mit unseren interaktiven Multitouch-Applikationen ein hochaktuelles Thema bearbeiten.“ Im COMPUTERWELT-Gespräch erläutert Zauner die Gründe für die gesteigerte Nachfrage sowie möglichen Stoßrichtungen in Sachen Multitouch-Lösungen.

Das Interesse für dieses Thema wurde gerade in den letzten Jahren vor allem durch zwei Trends geweckt: Digital Signage und Mobility. Ersteres ist weit mehr als ein reines Broadcast-System, die Lösungen reichen bis zu interaktiven Kiosksystemen. iPad, iPhone und Konkurrenz sind auf der anderen Seite dafür verantwortlich, dass die Zurückhaltung, auf ein Display zu greifen, heute viel geringer ist als noch vor ein paar Jahren. Mit anderen Worten: Man ist geradezu enttäuscht, wenn eine beliebige Glasfläche kein Multitouch bietet.

Aus technischer Sicht sind die am Device Day präsentierten Großformatsysteme weit mehr als aufgeblasene iPads, sie bringen echten Mehrwert für die Geschäftswelt. Ein Beispiel ist die Pixelsense-Technologie von Microsoft: Die einst Surface genannte Lösung – heute wird der Name bekanntlich für die Microsoft-Tablets verwendet – bot in der ersten Generation fünf eingebaute Infrarotkameras, die unter anderem auch Objekte erkennen konnte. Die Weiterentwicklung kam als tischförmige Gemeinschaftproduktion von Microsoft und Samsung unter dem Namen SUR 40 auf den Markt. Statt der klobigen ersten Generation erlaubt die Neuauflage eine schlanke Bauweise. Ermöglicht wird das durch Hunderttausende eingebaute Sensoren, die das Geschehen an der Tisch­oberfläche registrieren und die Kameras ersetzen. „Für mich wäre SUR 40 die kompletteste Lösung“, sagt Christian Zauner.  „Durch das Windows 64-Bit embedded-Betriebssystem und eigener Shell sind sehr professionelle Lösungen möglich – ganz ohne Bluescreen oder der Möglichkeit, dass der User versehentlich auf den Desktop gelangt.“ Es wäre ein tolles Gerät – wenn nicht das Problem der überhöhten Lichtempfindlichkeit bestünde. „Pixel­sense spricht auf Wellenlängen an, die im natürlichen Licht verstärkt vorkommen. Deshalb kann man den Tisch nicht in der Nähe eines Fensters verwenden.“ Zwar stellt Microsoft mit dem Environment Lighting Optimizer ein Tool zur Verfügung, das dem User sagt, unter welchen Bedingungen und wo das System ohne Einschränkungen arbeitet, doch für die kolportierten 7.000 Dollar, die es kosten soll, darf man sicherlich mehr erwarten. Auf die Frage, ob er Chancen sehe, dass Microsoft und Partner besagtes Problem in den kommenden Versionen beheben werden, antwortet Zauner: „Ich bin nicht sicher, ob da noch etwas nachkommt.“

POS-LÖSUNGEN MADE IN GERMANY
Andere Partner von Lieberlieber zeigen im interaktiven Großformatbereich deutlich mehr Engagement. So zum Beispiel Pyramid Computer: Das deutsche Unternehmen hat sich mit seiner Polytouch-Modellreihe auf Point-of-Sales (POS)-Lösungen spezialisiert. Alberto Perandones, Vice President Business Development Digital Media bei Pyramid Computer, präsentierte auf dem Device Day die unterschiedlichsten Einsatzszenarien. So verwendet etwa der größte englische Bekleidungshändler Marks & Spencer die Multitouch-Systeme von Pyramid, um seine Kunden auf neuen Vertriebswegen zu erreichen. Nach einem Pilotprojekt 2011 folgte das erste Rollout 2012 in Frankreich und England. Marks & Spencer weist einen Verkaufsanstieg im letzten Jahr von 18 Prozent aus. Die Lebensmittelhändler Tesco sowie Emmas Enkel wiederum setzten die POS-Systeme direkt in ihren Filialen ein, und selbst Microsoft stellt im Retail Experience Center in Redmond demnächst Polytouch auf, so  Alberto Perandones von Pyramid. Der Mehrwert, den die Polytouch-Lösungen bringen, sind die zahlreichen Möglichkeiten der Interaktion zwischen Kunden und Geschäft. Die Geräte bieten Webcam, NFC- und RFID-Sensoren sowie einen Scanner für Barcodes und QR-Tags.

AUF DEN INHALT KOMMT ES AN
„Die Technologie ist nur das Trägermedium. Die entscheidende Frage ist, ob man den Nutzen klar machen kann“, sagt Zauner, der eine aktuelle Digital-Signage-Studie präsentiert: „Zwei Ergebnisse der Studie sind, dass die Aufmerksamkeitsdauer zwei Sekunden beträgt und dass Gratis-Dinge die größte Aufmerksamkeit genießen.“ Um Menschen während des Zwei-Sekunden-Fensters dazu zu bringen, auf das Display zu greifen und die Interaktion zu starten, rät Zauner möglichst einfachen Content mit schnell zu erreichenden Zielen zu präsentieren. „Das Modell lautet ‚See –Touch – Interact – Discover – Buy‘.“ Typische Anwendungsbereiche, die diesem Motto folgen, sind etwa Lösungen in Verbindung mit Kundenkartensystemen und kurzfristig gestarteten Promotions oder spielerischen Content etwa für den Dutyfree-Bereich.
 
Genau diese Art von maßgeschneiderten Lösungen sind das Spezialgebiet der Wiener Software-Schmide Lieberlieber. Doch sie hat demnächst auch eine Lösung im Portfolio, die in die Breite geht, indem sie sich an alle User von großformatigen Multitouch-Geräten richtet: p:easy. „Der Hintergrund unserer Lösung ist, dass Unternehmen viel Geld für interaktive Messelösungen ausgeben, die Geräte außerhalb der Ausstellungszeit aber ungenutzt bleiben. Die Lösung hilft, die Devices in Meetingräumen zu verwenden, indem sie vorhandene Inhalte in eine Multitouch-Präsentation integriert – ohne sich um ein Content-Management-System kümmern zu müssen“, so Zauner. Aus Sicht des Experten sind großformatige Multitouch-Lösungen noch Nischenprodukte, Vorreiter Großbritannien zeigt jedoch, dass vor allem der Retail gerne auf den Zug aufspringt und für größere Volumina bereit ist. Österreichische Kunden sind durchaus am Sprung. (su)


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