Servicezentrierte IT-Organisation

Bei vielen IT-Organisationen steht der »Service« als zentrales Objekt zur Definition und Strukturierung ihres Angebots noch nicht im Mittelpunkt. Der Aufbau eines Servicekatalogs ist dann ein erster Schritt in diese Richtung. [...]

Die Digitalisierung ist ohne Integration nicht denkbar. (c) Fotolia/sikov

Der Übergang von einer infrastrukturgetriebenen zu einer servicezentrierten IT-Organisation ist aber ein längerer Prozess, der nicht nur Änderungen bei den eingesetzten Tools mit sich bringt, sondern auch Veränderungen in der Aufbau- und Ablauforganisation erfordert. Dieser Fachartikel ist ein Auszug aus einem umfangreichen Whitepaper des Geschäftsbereichs Valuemation der USU GmbH. Er beschreibt die notwendigen organisatorischen Veränderungen und auch Erfolgsfaktoren, die in praktischen Projekten bei der Einführung einer servicezentrierten IT-Organisation gewonnen wurden.

Die traditionelle IT-Organisation

In traditionellen IT-Organisationen steht die eingesetzte Infrastruktur im Mittelpunkt, nicht der Business-Service für die Kunden. Dabei beziehen die Kunden aus den Geschäftsbereichen keine vereinbarten Business-Services von der IT, sondern einzelne Leistungskomponenten. So kauft etwa der Kunde für den Betrieb einer Business-Applikation den Applikations-Server, die Datenbank, den Storage-Bereich und Help-Desk-/Support-Leistungen bei den jeweiligen IT-Abteilungen ein. Notwendige funktionale Änderungen bespricht und plant er mit der Entwicklungsabteilung. Der Betrieb der Infrastrukturkomponenten erfolgt häufig nach dem „Best Effort“-Prinzip, das heißt die IT liefert nach bestem Bemühen, aber ohne garantierte Liefer- oder Verfügbarkeitszeiten.

Diese Vorgehensweise erfordert einen großen IT-Sachverstand auf Seiten der Geschäftsbereiche, um im Dialog mit der IT deren Sprache zu verstehen und die benötigte Infrastruktur gemäß den eigenen Business-Anforderungen auswählen zu können. Die Verrechnung der IT-Kosten an die Geschäftsbereiche erfolgt häufig in vielen technischen Einzelpositionen, die nicht einer Applikation oder einem Service zugeordnet werden. Der Vergleich von Leistung und Preis der intern bezogenen Services mit dem Angebot externer Service-Provider ist für die Geschäftsbereiche somit erschwert.

Die servicezentrierte IT-Organisation

Bei einer servicezentrierten IT-Organisation steht der zu erbringende Service an der direkten Schnittstelle zum Kunden im Mittelpunkt der Betrachtung. Die Dienstleistungen der IT werden in sogenannten „Business-Services“ gebündelt, bei denen die qualitativen und quantitativen Leistungsversprechen (SLAs) in der Sprache der Geschäftskunden beschrieben sind. Der Business-Service beschreibt also eine Leistung, ohne auf die dafür notwendige Infrastruktur einzugehen – er wird somit zum Vermittler zwischen Kunde und Dienstleister.

Für die Geschäftskunden hat diese Organisation den großen Vorteil, dass sie sich auf ihre Business-Anforderungen konzentrieren können und sich nicht mehr mit den für einen Service notwendigen technischen Komponenten beschäftigten müssen. Die Servicekosten variieren mit Abnahmemengen und Qualitätsansprüchen. Die Geschäftsbereiche haben somit die Möglichkeit, Ihre IT-Kosten gemäß betriebswirtschaftlicher Randbedingungen zu steuern. Das führt grundsätzlich zu einer Erhöhung der Kundenzufriedenheit im Verhältnis von Business und IT.

Für die IT hat diese Serviceorientierung den großen Vorteil, dass alle ihre Leistungen unmittelbar einem oder mehreren Business-Services und damit einem Geschäftszweck zugeordnet werden. Dies unterstützt die Motivation der IT-Mitarbeiter, die hier ihren persönlichen Beitrag am Geschäftserfolg erkennen können. Außerdem wird alles, was nicht wirtschaftlich notwendig ist, künftig unterlassen. Mittelfristig ist die Standardisierung von Business-Services häufig der Anstoß, auch die (internen) technischen Services erst zu standardisieren und dann zu automatisieren. Die so entstehenden Einsparpotenziale schaffen den dringend benötigten Freiraum für die IT, um sich proaktiv mit neuen Serviceideen als Innovator bei den Geschäftsbereichen zu positionieren.

Der Übergang von einer infrastrukturgesteuerten hin zu einer servicezentrierten IT-Organisation ist mit organisatorischen Änderungen verbunden. Zentrale Rollen sind dabei der Service-Manager, der Service-Owner und das Service-Team.

Die Rolle des Service-Managers

Die Aufgaben des Service-Managers umfassen die Pflege der Kundenbeziehung (Business Relationship Management) und die Steuerung der Service-Level. Er ist der erste Ansprechpartner für den Kunden in der Serviceorganisation und vertritt dessen Interessen im Zusammenhang mit den vereinbarten Service Level Agreements. Außerdem steuert er das Service-Portfolio.

Neben dem Service Manager ist der Service-Owner eine der wichtigsten Rollen in einer servicezentrierten Organisation. Er ist verantwortlich für einen oder mehrere Services und stimmt sich dabei eng mit dem Service Manager und dem Service-Team ab.

Das Service-Team wird interdisziplinär zusammengestellt und vom Service-Owner gesteuert. In dem Team arbeiten sowohl direkt mit der Service-Erbringung betraute Rollen als auch – ggfs. temporär – Mitarbeiter aus unterschiedlichen Bereichen. Es ergibt sich eine Matrix-Organisation, in der zum Beispiel eine für den Serverbetrieb verantwortliche Personen sowohl einem Service-Team zugeordnet ist (vertikale Zuordnung) also auch der für den Serverbetrieb verantwortlichen IT-Abteilung (horizontale Zuordnung).

Zur Einführung einer servicezentrierten IT-Organisation ist die Bereitstellung eines Servicekatalogs häufig der erste Schritt. Man wird dann aber sehr schnell feststellen, dass zur konsequenten Umsetzung der Serviceorientierung auch die Organisationsform innerhalb der IT verändert werden muss. Verantwortlichkeiten müssen aus den horizontalen Technologie-Silos der IT in die vertikalen Servicestrukturen verlagert werden. Neue Rollen wie zum Beispiel Service-Manager und Service-Owner entstehen und werden mit umfangreichen Kompetenzen ausgestattet. Dieser Prozess dauert mehrere Jahre. Wichtig dabei ist die schrittweise Umsetzung in Leuchtturmprojekten, das Vermarkten von Erfolgen und das Treiben durch eine im Unternehmen anerkannte Leitfigur. Letztlich gewinnen mit dieser Entwicklung beide Seiten – sowohl die Geschäftskunden als auch die IT selbst.

Zehn Erfolgsfaktoren für den erfolgreichen Übergang

Aus verschiedenen Projekten und Interviews mit Experten ergeben sich zehn Erfolgsfaktoren zur Einführung einer servicezentrierten Organisation:

  • Die Kunden und deren Services in den Mittelpunkt alle Aktivitäten stellen
  • Messbare Ziele für das Change-Projekt definieren
  • Die Unterstützung des Managements sicherstellen
  • Standards für Begriffe, Abstimmungen und Prozesse definieren
  • Eine anerkannte Leitfigur als Projektleiter einsetzen
  • Leuchtturmprojekte anstoßen und Erfolge feiern
  • Den Change-Prozess aktiv managen
  • Einen Lessons-learned-Prozess aufsetzen
  • Das Service-Portfolio unter Einbeziehung von IT und Business managen
  • Wissensaustausch horizontal und vertikal organisieren

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