Social-Engineering-Angriffe boomen

Social Engineering gilt als eine der größten Bedrohungen. Im Gegensatz zu traditionellen Hacker-Angriffen können diese Angriffe auch nicht-technischer Natur sein und müssen keine Kompromittierung oder das Ausnutzen von Schwachstellen beinhalten. [...]

Spear-Phishing ist eine gezielte Art von Angriff, die sich auf eine Person oder Organisation konzentriert. (c) Fotolia/Jakub Jirsak
Das neue Gesellschaftsmodell Society 5.0 ist technologiebasiert, auf den Menschen fokussiert und umfasst eine Vielzahl smarter Anwendungsszenarien. (c) Fotolia/Jakub Jirsak

Im Erfolgsfall ermöglichen viele Social-Engineering-Angriffe einen legitimen, autorisierten Zugriff auf vertrauliche Informationen. Die Social Engineering-Strategie von Cyberkriminellen fußt auf starker zwischenmenschlicher Interaktion und besteht meist darin, das Opfer dazu zu verleiten, Standard-Sicherheitspraktiken zu missachten. Und so hängt der Erfolg von Social-Engineering von der Fähigkeit des Angreifers ab, sein Opfer so weit zu manipulieren, dass es bestimmte Aktionen ausführt oder vertrauliche Informationen preisgibt. Da Social-Engineering-Angriffe immer zahlreicher und raffinierter werden, sollten Organisationen jeder Größe eine intensive Schulung ihrer Mitarbeiter als erste Verteidigungslinie für die Unternehmenssicherheit betrachten.

Social-Engineering-Angreifer sind letztlich eine moderne Spielart der klassischen Trickbetrüger. Häufig verlassen sich diese Kriminellen auf die natürliche Hilfsbereitschaft von Menschen: Zum Beispiel rufen sie bei ihrem Opfer an und geben ein dringendes Problem vor, das einen sofortigen Netzwerkzugang erfordert.

Social Engineering-Angreifer nutzen bestimmte menschliche Schwächen wie Unsicherheit, Eitelkeit oder Gier aus und verwenden Informationen, die sie aus Lauschangriffen oder dem Ausspionieren sozialer Medien gewonnen haben. Dadurch versuchen sie, das Vertrauen autorisierter Benutzer zu gewinnen, damit ihre Opfer sensible Daten preisgeben, mit Malware infizierte E-Mail-Anhänge öffnen, oder sie deren Zugangsdaten für Computernetzwerke oder Datenspeicher stehlen können. Auch durch den Aufbau eines Schreckensszenarios wie einem angeblichen Sicherheitsvorfall können sie ihre Zielperson dazu bewegen, beispielsweise als Antiviren-Software getarnte Malware zu installieren und auszuführen.

Technologielösungen wie E-Mail-Filter, Firewalls und Netzwerk- oder Daten-Überwachungs-Tools helfen zwar, Social-Engineering-Attacken abzuschwächen, doch eine gut geschulte Belegschaft, die in der Lage ist, Social Engineering zu erkennen, ist letztlich die beste Verteidigung gegen diese Art Angriffe. Unternehmen sollten ihre Mitarbeiter deshalb über die gängigen Arten von Social-Engineering aufklären. Im Folgenden daher ein Überblick zu verschiedenen Angriffstechniken, deren Übergänge teilweise fließend sind und von Kriminellen auch in Kombination eingesetzt werden.

Pretexting: Geschicktes Vortäuschen

Beim Pretexting schützt ein Angreifer geschickt falsche Tatsachen vor, um ein Opfer dazu zu bringen, ihm Zugang zu sensiblen Daten oder geschützten Systemen zu gewähren. Beispielsweise gibt ein Krimineller vor, Bankdaten zu benötigen, um die Identität des Empfängers zu bestätigen. Oder er tarnt sich als Mitarbeiter der IT-Abteilung, um sein Opfer dazu zu verleiten, Login-Daten preiszugeben oder einen Computerzugang zu gewähren.

Baiting: Der physische Köder

Angreifer führen Köderangriffe durch, indem sie ein mit Malware infiziertes Gerät wie ein USB-Flash-Laufwerk, an einem bestimmten Ort im Unternehmen zurücklassen, an dem es wahrscheinlich gefunden wird. Wenn ein Mitarbeiter den Datenträger mit seinem Computer verbindet, um beispielsweise zu sehen, was sich darauf befindet, wird der Rechner heimlich mit Malware infiziert. Einmal installiert, erlaubt die Malware dem Angreifer, in das System des Opfers einzudringen.

Tailgating: Den Angreifer im Rücken

Der Begriff Tailgating (Tailgate = Heckklappe) erinnert an Krimiszenen, bei denen der Protagonist bei der Autofahrt einen Verfolger im Rückspiegel entdeckt, der ihm quasi an der Heckklappe klebt. Tailgating ist eine weitere physische Social-Engineering-Technik, um an wertvolle, vertrauliche Informationen zu gelangen: Ein Beispiel wäre ein Unbefugter, der autorisierten Personen an einen ansonsten gesicherten Ort folgt, indem er vorgibt, seine Zugangskarte vergessen zu haben. Auch kann der Angreifer sein Opfer darum bitten, ihm kurz dessen Telefon oder Laptop auszuleihen, um eine einfache Aufgabe zu erledigen, und stattdessen Malware auf dem Gerät installiert oder sensible Daten stiehlt.

Quid-pro-quo-Angriff: Das Locken mit einer Gegenleistung

Bei einem Quid-pro-quo-Angriff locken Cyberkriminelle ihre Opfer mit einer Gegenleistung oder Entschädigung, um sensible Informationen zu ergaunern. Beispielsweise erzählen Angreifer am Telefon, eine offizielle Umfrage durchzuführen, und bieten für die Teilnahme Geschenke an. Hier gilt als Faustregel: Wenn etwas zu gut klingt, um wahr zu sein, ist gesundes Misstrauen geboten.

Phishing: Gefälschte mails und Spendenaufrufe

Bei einem Phishing-Angriff tarnen Cyberkriminelle sich als vertrauenswürdige Quelle und nehmen eine betrügerische Kommunikation mit ihrem Opfer auf, um es dazu zu verleiten, Malware zu installieren oder persönliche, finanzielle oder geschäftliche Informationen herauszugeben. E-Mail ist der beliebteste Vektor für Phishing-Angriffe aber Phishing kann auch Chat-Anwendungen, Social Media, Telefonanrufe oder gefälschte Websites verwenden. Einige besonders perfide Phishing-Angriffe täuschen gezielt wohltätige Zwecke vor dem Hintergrund aktueller Naturkatastrophen oder anderen tragischen Vorfällen vor. So nutzen sie den guten Willen ihrer Opfer aus, um durch einen Spendenaufruf an persönliche Daten oder Zahlungsinformationen gelangen.

Watering-Hole-Attacke

Bei einer Watering-Hole-Attacke wählt der Angreifer sorgfältig eine bestimmte Website aus, von der er weiß, dass seine Opfer diese häufig besuchen, und infiziert die Homepage mit Malware. Zielpersonen sind meist Mitarbeiter von großen Unternehmen oder Regierungsstellen. Ein Beispiel wäre die Webseite eines lokalen Restaurants, in denen Mitarbeiter ihre Pause verbringen, beispielsweise regelmäßig das Tages- oder Wochenangebot abrufen oder den Lieferservice in Anspruch nehmen.

Spear-Phishing: Gezieltes Ausspähen und Angreifen

Spear-Phishing ist eine sehr gezielte Art von Phishing-Angriff, die sich auf eine bestimmte Person oder Organisation konzentriert. Spear Phishing-Angriffe verwenden persönliche Informationen, die spezifisch auf das Opfer zugeschnitten sind, um Vertrauen zu gewinnen und besonders legitim zu erscheinen. Oftmals werden diese Informationen aus den Social-Media-Accounts der Opfer oder anderen Online-Aktivitäten entnommen. Durch die Personalisierung ihrer Phishing-Taktiken haben Spear-Phisher höhere Erfolgsquoten, wenn es darum geht, ihre Opfer dazu zu bringen, Zugang zu Systemen zu gewähren oder sensible Informationen wie Finanzdaten oder Geschäftsgeheimnisse preiszugeben.

Social Engineering ist eine anhaltende Bedrohung für viele Organisationen. Mitarbeiterschulungen sind deshalb die erste und wichtigste Maßnahme, um zu verhindern, dass Unternehmen Opfer von Angreifern werden, die immer ausgefeiltere Methoden einsetzen, um Zugang zu sensiblen Daten zu erhalten. Durch Sensibilisierung der Mitarbeiter in Kombination mit entsprechenden Security- und Datensicherheitstechnologien kann dieses Risiko erheblich minimiert werden.

*Christoph M. Kumpa ist Director Central & Eastern Europe bei Digital Guardian.


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