„Software-Entwicklung in Österreich ist passe“

Um den steigenden Kundenanforderungen nach individueller Software auch nachkommen zu können, hat sich der heimische IT-Dienstleister Hexa mit dem Offshore-Spezialisten Nagarro zusammengetan und firmiert sei 1. Jänner als Nagarro Österreich. [...]

Seit Anfang des Jahres gehört Hexa Business Services namentlich der Vergangenheit an. Hexa wird künftig als österreichischer Standort der internationalen Nagarro agieren. Mit erweiterten Services, Offshoring- und Branchen-Assets strebt Nagarro 25 Prozent Umsatzsteigerung in Österreich und einen Jahresumsatz von rund 7,5 Millionen Euro an. Geplant sind in Österreich eine Erweiterung von Büros in einigen Bundesländern sowie der Austausch von Service-Portfolios mit den anderen Niederlassungen. Forcieren will Nagarro heuer vor allem die Leistungsbereiche Cloud- und Prozessberatung sowie Software Development.

Der vormalige Hexa-Geschäftsführer Damianos Soumelidis leitet nun auch die Geschicke von Nagarro in Österreich und hat mit der COMPUTERWELT über das veränderte Leistungs-Portfolio und die Vorteile der Übernahme für heimische Kunden gesprochen.

Was waren die Beweggründe für die Übernahme durch Nagarro?
Damianos Soumelidis:
Wir sind seit der Gründung von Hexa 2010 und nach der Vereinigung mit unserem Schwesterunternehmen Com-Solution auf über 40 Mitarbeiter angewachsen. Organisches Wachstum ist sehr schwierig und langwierig. Wir haben auch schon im Businessplan verankert, dass wir einen Partner haben wollen, der mindestens 25 Prozent bekommen soll, um das weitere Wachstum zu sichern.
Nagarro wurde von vier Stanford-Studenten gegründet und ist eigentlich ein US-amerikanisch-indisches Unternehmen. Das Unternehmen beschäftigt sich stark mit Offshoring, allerdings mit einem sehr starken lokalen Fokus, um die üblichen Offshoring-Probleme, wie unterschiedliche Sprache oder Kultur, abzufedern. Dieses Modell soll nun auch hierzulande umgesetzt werden und wir sind der lokale Ansprechpartner für die Nagarro-Kunden in Österreich.

Hat sich durch die Übernahme im Lösungsangebot etwas verändert?
Zum Portfolio ist neben den klassischen Themen Cloud, Beratung und Implementierung noch das Thema Softwareentwicklung dazugekommen. Nagarro entwickelt schon seit 15 Jahren Software. Unsere Cloud-Missionierungsarbeit der letzten Jahre trägt nun auch in Österreich Früchte, immer mehr Unternehmen wollen Cloud-Projekte umsetzten. Das bedeutet aber auch, dass es zu wenig ist, nur eine Cloud-Plattform zu haben und dort alte, monolithische Applikationen anzubieten. Es braucht also Adaptionen und Neuentwicklungen. Als Nagarro haben wir nun auch die Möglichkeit, solche Neuentwicklungen anzubieten. Bis jetzt konnten wir beraten, konzipieren, migrieren, aber keine Anwendungen entwickeln, oder nur in homöopathischen Dosen. Jetzt haben wir 1.800 Entwickler.

Ist es notwendig geworden, individuelle Anwendungen im Unternehmen zu haben?
Absolut. Das betrifft vor allem die Cloud-Thematik, aber nicht nur. Die ganze Sensorik, das Thema Internet der Dinge, Industrie 4.0, das alles verlangt nach neuer Software. In Österreich ist es sehr schwer gut ausgebildete Entwickler zu finden, abgesehen davon kosten sie ein Vermögen. Nagarro verfügt über topausgebildete Entwickler auf der ganzen Welt, aber vor allem in Indien und Rumänien, da ergeben sich natürlich auch entsprechende Kostenvorteile. Wir wollen aber nicht das reine, klassische Offshoring, das funktioniert nicht so sauber. Wir versuchen schon seit einiger Zeit ein Hybrid-Modell. Zehn Prozent eines Projektteams kommen immer aus Österreich, das ist ganz wichtig.
Wir haben als Hexa ja auch vereinzelt Betriebsleitungen auf traditionellen Plattformen angeboten, wir werden uns aber in Zukunft ausschließlich auf Cloud-Plattformen fokussieren und Softwareentwicklung für diese Plattformen anbieten. Wir sind auch die Cloud-Practice International für Nagarro, das heißt wir steuern diesen Bereich für den Gesamtkonzern. Da geht es auch um Aus- und Weiterbildung.

Benötigen Sie als Nagarro auch neue Mitarbeiter in Österreich?
Wir suchen gerade händeringend Menschen, die schon Senior-Status haben, Remote-Teams führen können, ein solides technisches Verständnis und vor allem  Architektur-Verständnis besitzen. Das müssen nicht unbedingt Softwareentwickler sein. Trotzdem finden wir diese Leute einfach nicht. Es werden aber zum Glück etwas mehr, das habe ich auch bei meinem Lehrauftrag zu Cloud Computing am Technikum Wien festgestellt. Im ersten Semester hatte ich fünf Studenten, im zweiten zehn, dieses Semester schließe ich 36 Studenten ab. Da tut sich also immerhin etwas. Auch das Grundwissen dieser Studenten wird immer höher. Das ist sehr erfreulich.
Was in Zukunft in Österreich aber einfach nicht mehr passieren wird, ist die Softwareentwicklung. Das ist passe. Das können andere inzwischen einfach besser und billiger. Die Kombination aus einer schnellen Lieferung in guter Qualität zu einem ansprechenden Preis ist in Österreich im Vergleich zu anderen Ländern einfach nicht mehr so attraktiv.

Warum der totale Fokus auf die Cloud? Sicherheitsbedenken sind doch noch immer ein Hemmschuh für viele Anwender?
Ich will das Thema Sicherheit und Cloud nicht kleinreden, ganz im Gegenteil, aber viele Unternehmen, denen die Cloud suspekt ist oder die sich nicht damit beschäftigen wollen, verstecken sich hinter dem Sicherheitsaspekt. Ein Unternehmen muss ja nicht alles in die Cloud auslagern, warum auch, aber es gibt keinen vernünftigen Grund, etwa E-Mails nicht über die Cloud laufen zu lassen. Jedes E-Mail geht im Klartext über das Internet, also wo ist der Unterschied?
Auf die Entscheider in Unternehmen wirken zwei Kräfte: einerseits die Mitarbeiter und andererseits die Fachbereiche. Die arbeiten mit der Cloud, interessieren sich für das Technische rundherum relativ wenig, aber haben gesehen, dass es funktioniert, vor allem schnell funktioniert, und überschaubare Kosten produziert. Und die machen jetzt Druck nach oben und die IT-Abteilungen müssen reagieren.  Auch auf den steigenden Kostendruck.

Das Gespräch führte Alex Wolschann.

Damianos Soumelidis:
Damianos Soumelidis ist seit 28 Jahren in der IT, davon 15 Jahre im Managed Services- und Outsourcing-Sektor und elf Jahre im Software Engineering Sektor. Er ist Gründer des Beratungsunternehmens Hexa Business Services. Davor war er Country Manager von S&T, Country Operating Officer von EDS und hatte Management-Positionen bei Compaq Computer, Vienna Insurance Group und Bull Computer inne.


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