Der CIO Kongress in Loipersdorf ist einer der jährlichen Fixpunkte in der heimischen IT-Leiter-Community. Die COMPUTERWELT verfolgte diesmal das Thema Innovation als roten Faden des Top-Events zwischen den malerischen Hügeln der Steiermark. [...]
Mehr als 450 Teilnehmer sind wieder zum CIO Kongress nach Loipersdorf gekommen, um ihr Fachwissen und ihre Erfahrungen untereinander auszutauschen – eine Philosophie, die sich seit vielen Jahren bewährt hat und immer mehr CIO, Fachabteilungsleiter etc. anlockt. Bewährt hat sich auch das Open-Space-Prinzip. Dieses beinhaltet, dass jeder Teilnehmer einen persönlichen Beitrag zum gesamten Ablauf leisten kann; z.B. kann jeder Beteiligte Themen für die Arbeitskreise vorschlagen, als Themenmoderator agieren, während des Kongresses die Arbeitskreise frei wählen, diese mehrfach wechseln bzw. sich dort einbringen, wo es für ihn sinnvoll erscheint. „Letztlich geht es um den Austausch von Knowhow“, so der Veranstalter Alexander Loisel, Geschäftsführer von LSZ Consulting.
Über 70 Workshops
Diesmal haben sich die Teilnehmer auf neun Arbeitskreise geeinigt wie zum Beispiel „Der CIO und das Business“, „Digital Transformation“, „Wertbeitrag der IT“, „Geschäftsprozesse optimieren“, „IT und Recht“ inklusive Security sowie „Zukunftswerkstatt: Was ist 2020/2025 relevant?“. Eines der Themen im ersten Arbeitskreis war die Aussicht der CIO, Teil der Geschäftsführung zu werden. Bei einem Punkt herrscht allgemeine Zustimmung: Noch nie war die Chance so groß wie in der Jetztzeit, die von der Digitalen Transformation geprägt ist und Veränderungen in allen Bereichen mit sich bringt – Stichwort „Window of Opportunity“. Die Voraussetzungen für den Schritt nach oben sind gut, denn das Geschäft genau zu kennen, ist ja eine der Kernkompetenzen eines jeden CIO. Ergebnis der Diskussion war, dass der IT-Leiter initiativ werden muss, um in den Lead für die Digitale Transformation des Unternehmens zu kommen. Ein weiterer Workshop in diesem Arbeitskreis war Industrie 4.0. In diesem Bereich wird derzeit eher das Optimierungspotenzial gesehen als die Aussicht auf neue Geschäftsideen. Hier scheint das Thema Predicitive Maintenance die derzeit wichtigste Rolle zu spielen.
Gefragt ist Zukunftsorientierung
In sehr vielen Workshops spielte das Thema Innovation eine zentrale Rolle. Ein Teilnehmer der „Zukunftswerkstatt“ brachte einen interessanten Gedanken ins Spiel: „Innovation aus einer Innovationsabteilung heraus ist oft eine Lachnummer.“ Und: „Von innen heraus sind etablierte Geschäftsmodelle nicht veränderbar.“ Empfohlen wurde unter anderem, sich von erfolgreichen Modellen wie Uber inspirieren zu lassen und diese an die eigenen Gegebenheiten anzupassen. Die Voraussetzungen dafür, dass eine Innovation nachhaltig Fuß fassen kann, wird oft an den Rahmenbedingungen gemessen. Funktionieren kann es, wenn der Vorstand das Thema mitträgt, die Mitarbeiter Verständnis entgegenbringen und wenn eigenes Innovationsbudget vorhanden ist – ein Punkt, der oft vergessen wird. Immer wieder wurde von Teilnehmern darauf hingewiesen, dass Innovation nicht originär eine IT-Angelegenheit ist. IT ist unter diesem Gesichtspunkt der Enabler für die Fachabteilungen. Als Bremser für Innovation werden zum Beispiel Hierarchien gesehen. Das gleiche gilt für Optimierungsmaßnahmen, wodurch oft Freiräume reduziert werden. Auch werden vom Vorstand zu viele Aufgaben definiert, die von der IT-Abteilung umgesetzt werden sollen – und das möglichst rasch, weil Startup-Unternehmen, die zunehmend als Mitbewerb wahrgenommen werden, schnell agieren können.
Forschungsgelder aus Brüssel
Helmut Leopold, Head of Digital Safety & Security Department bei AIT Austrian Institute of Technology, hat in Loipersdorf zum Thema Innovation einen spannenden Vortrag gehalten. Der Titel: „Brüssel und das umfangreiche Forschungsgeld, das den CIO zur Verfügung stehen könnte“. Von den 70 Mrd. Euro, die bis 2020 ausgeschüttet werden sollen, wurden erst 16 Mrd. bewilligt. D.h. der Großteil des Budgets wartet darauf, abgeholt zu werden. Allerdings kommen nur die wenigsten Unternehmen auf die Idee, dass ein derart prall gefüllter Geldtopf für sie infrage kommen könnte. Typische EU-Fördermythen sind laut Helmut Leopold, dass das eigene Unternehmen nichts mit Forschung zu tun hätte oder dass die Förderstrukturen zu kompliziert seien. Dem entgegen steht die Tatsache, dass nur 22 Prozent der bewilligten Förderungen in Österreich an den Forschungsbereich gingen, 34 Prozent an die Industrie und satte 36 Prozent an Unternehmen. Voraussetzung ist, dass die Projekte einen Impact auf den Markt haben, um in den möglichen Genuss einer Förderung zu kommen. Leopold hat vier österreichische Beispiele genannt, deren Technologieentwicklung durch EU-Gelder finanziert wurde: Flughafensicherung, Cyber Security, Cloud Security und Data Science.
Druck durch Fachabteilungen
Die Digitalisierung bringt es mit sich, dass sich Unternehmen, die Mitarbeiter und natürlich auch die IT-Leiter ändern müssen. Auf die Frage, ob die Notwendigkeit erkannt wurde, dass grundlegende Änderungen anstehen, antwortet Alexander Loisel im Gespräch mit der COMPUTERWELT: „Es ist noch viel zu wenig Awareness da. Natürlich hängt das auch vom Background ab. Wenn jemand sein technisches Studium sehr intensiv absolviert hat, hängt er wahrscheinlich der Technik mehr an als jemand, der die betriebswirtschaftliche Seite abgedeckt hat.“ Eine Folge dieser Entwicklung ist, dass immer mehr Vertreter der Fachabteilungen nach Loipersdorf kommen. „Es sind vor allem Teilnehmer aus dem vertrieblichen Bereich und jene, die für Kundenkommunikation über neue Kanäle verantwortlich sind“, so Loisel.
Hidden Champions statt Silicon Valley
Wie man die Digitale Transformation schafft, steht und fällt mit der Innovationsbereitschaft der Unternehmen. Der LSZ-Geschäftsführer unternimmt aus diesem Grund gerne Studienreisen in das Herz weltweiter IT-Innovation: Silicon Valley. Was Loisel diesmal mitgebracht hat? „Wir haben auch kleinere Firmen besucht, die Innovationen sehr gut darstellen können und damit bei IT-Leitern punkten, während sich althergebrachte Unternehmen plagen, aus der Fülle an Produkten jene auszuwählen, die den IT-Leiter hinter dem Ofen hervorholen könnten. Die Kleinen gehen aggressiv an die Sache heran, fokussieren meist auf ein Produkt und weisen zudem exorbitante Wachstumsraten auf.“ Was man von den Silicon-Valley-Playern lernen kann? „Kopieren kann man sie nicht. Es ist dort zum Beispiel üblich, phasenweise sehr intensiv zu arbeiten, weil man innerhalb kurzer Zeit erste Ergebnisse sehen will. Wir haben da unsere Arbeitsgesetze. Neben der Vorgangsweise fehlt uns die Infrastruktur. Was wir aber haben, sind die Hidden Champions, die wir meiner Meinung nach noch viel mehr pflegen müssen, um sie zu einer größeren Kraft zu formen“, so Loisel abschließend.
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