Telekurier verzichtet auf Oracle-Support

Nach der Übernahme von Sun inklusive MySQL wollte Oracle die Kosten für den Supportvertrag der Open-Source-Datenbank deutlich erhöhen. Telekurier-IT-Chef Jo Rogner war das zu teuer. Mit SkySQL hat er eine kostengünstige Alternative gefunden. [...]

Das Wiener Unternehmen Telekurier Online Medien darf in Anspruch nehmen, etwas Besonderes zu sein. Die hundertprozentige Tochter des Verlagshauses Kurier kümmert sich um den Internet-Auftritt der bekannten heimischen Tageszeitung. Dazu hat Telekurier Online Medien rund 60 Mitarbeiter, von denen gut die Hälfte zur Redaktion gehören und sechs zur IT-Abteilung.
Die IT-Abteilung betreut das, was den ­Telekurier besonders macht. Denn die zentrale Rolle in der IT des Telekurier spielt die Datenbank MySQL, eine Open-Source-Lösung. Und das schon seit mehr als einem Dutzend Jahren. »Wir waren eines der ersten Unternehmen in Mitteleuropa, die MySQL Cluster produktiv in einer professionellen Umgebung eingesetzt haben«, erklärt der Telekurier-IT-Leiter Jo Rogner. Beim Telekurier greifen seit acht Jahren alle Anwendungen, die ihre Daten in einer Datenbank hinterlegen, ausschließlich auf diese Datenbank zu, das Content Management System (CMS), die Anzeigenverwaltung, die Anwenderadministration, selbst die Finanzbuchhaltung, vor allem aber der Online-Auftritt.
Die Basis ist eine klassische LAMP-Umgebung (Linux, Apache, MySQL, PHP) mit der Linux-Variante CentOS, dem Web­server Apache, MySQL und der Script-Sprache PHP. Die Datenbank für den Web-Auftritt läuft in einer Master-Slave-Konfiguration auf vier Servern, auf zehn weiteren Servern steht sie anderen Anwendungen zur Verfügung. Und sie läuft seit all den Jahren völlig stabil, berichtet Rogner. Gleichwohl hat er natürlich einen Support-Vertrag abgeschlossen: »Das ist eine Versicherung, die man in der Hoffnung eingeht, sie nie zu brauchen. Wir haben den Support bisher noch nicht in Anspruch nehmen müssen.«
KEINE MELKKUH Diese Versicherung hatte Telekurier bis vor wenigen Jahren mit dem schwedischen Hersteller der Datenbank MySQL AB. 2008 hat Sun Microsystems dieses Unternehmen übernommen, der Vertrag lief unverändert weiter. Zwei Jahre später kaufte Oracle Sun und damit MySQL. Ab diesem Moment blieb nichts, wie es war, was den Support angeht.
ZU HOHE LIZENZKOSTEN Oracle wollte mit der Open-Source-Datenbank über einen neuen Supportvertrag richtig Geld machen – und stieß bei Rogner auf Widerstand. Denn der Telekurier wollte bei der MySQL-Versicherung mehr als den von Oracle angebotenen 24×7-Support. Das in den letzten Jahren deutliche Wachstum der IT sollte nicht auf der Lizenzseite durch unvorhersehbare finanzielle Forderungen von Oracle limitiert werden. Die Zahl der MySQL-Server sollte lizenzrechtlich »unlimited« sein, um bei künftig notwendigen Änderungen in der IT-Umgebung nicht durch Lizenzkostenfragen eingeschränkt zu sein.
In der Folge gab es harte Verhandlungen mit Oracle und schrittweise gab der Datenbank-Riese auch nach. Aber nicht in der »unlimited«-Frage. Oracle wollte einen Preis pro Server, und der hatte sich gewaschen. »Alle Verlage operieren mit einer dünnen Ertragslage«, erklärt Jo Rogner. »Da kann ich nicht für eine vergleichbare Leistung dreimal mehr bezahlen als vorher.« Er ging daher keinen neuen Supportvertrag mit Oracle ein, sondern ließ den alten auslaufen.
SUPPORT-ALTERNATIVE Es drohte jedoch keine Support-lose Zeit, denn just zum Zeitpunkt dieser Verhandlungen hatte sich SkySQL bei Rogner gemeldet. Das Unternehmen wurde von ehemaligen MySQL- und Sun-Angestellten gegründet, die mit den Verhältnissen bei Oracle unzufrieden waren, und ist darauf spezialisiert, Support für MySQL anzubieten. »Da sind die Namen und Gesichter wieder aufgetaucht, die wir schon aus den Jahren davor kannten«, erinnert sich Rogner. 95 Prozent der Mitarbeiter von SkySQL waren früher bei MySQL tätig.
Trotzdem, ein Qualitätstest musste schon sein. Telekurier ließ sich von Oracle und SkySQL über die Konfiguration der Datenbank für die damals geplante und vor einigen Monaten realisierte Umstellung der Server auf eine Master-Slave-Konfiguration beraten. Das Ergebnis war auf beiden Seiten identisch. SkySQL hatte den Test bestanden. Der Rest gestaltete sich sehr einfach: Per Telefon und E-Mail einigten sich Tele­kurier und der junge Support-Anbieter auf einen neuen Vertrag. Dieser ist nicht nur deutlich günstiger als das Angebot von Oracle – das Unternehmen hatte seine Preisforderungen sogar noch einmal reduziert – sondern umfasst auch Server-unabhängigen Support: SkySQL Enterprise Unlimited.
NUR DREI STATT 18 SEITEN Schon dieser Vertrag wirft ein deutliches Licht auf die Unterschiede zwischen beiden Anbietern. Der Vertrag mit SkySQL hat drei Seiten, während der letzte Entwurf von Oracle 18 Seiten umfasste. »Das illustriert, wie komplex man ein Thema machen will oder nicht«, kommentiert Rogner. »SkySQL jedenfalls macht solche Dinge möglichst einfach.« Selbst Wien als Gerichtsstand festzuschreiben war kein Problem, was bei Oracle niemals möglich wäre. Im Fall eines juristischen Streits hätte der Datenbank-Hersteller ­seinen Heimvorteil in den USA ausnutzen können.
Telekurier hat den Supportvertrag mit SkySQL bisher kein einziges Mal in Anspruch genommen. Aber Rogner sieht sich auf der sicheren Seite, nicht nur weil er weiß, es im Problemfall mit den gleichen Leuten zu tun zu bekommen, die er bereits aus früheren Jahren kennt. Aus Erfahrungen in anderen Fällen schätzt er einen weiteren Vorteil: »Bei großen IT-Anbietern kann es schon mal zwei Wochen dauern, bis man an den kompetenten Spezialisten irgendwo auf der Welt gerät. SkySQL ist eine Firma ohne großen Verwaltungs-Overhead, aber mit flachen Hierarchien. Wir kämen im Notfall schnell zu den richtigen Leuten durch, um ein Problem zu beheben.« Das macht die günstige Versicherung SkySQL noch wertvoller.
* Ludger Schmitz arbeit als freier Journalist in München.


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