Top-Produkte, langsame Prozesse

Österreichs Unternehmen liefern beste Qualität und genießen dafür weltweit höchstes Ansehen. Um diesen Status aufrecht erhalten zu können, müssen die Prozesse jedoch deutlich schneller werden. Doch derzeit fehlt der Mut zur Automatisierung und Digitalisierung. [...]

(c) Pexels
(c) Pexels

Das Muster dürfte vielen bekannt sein, auch wenn sich die Orte unterscheiden: Ein Unternehmen aus Vorarlberg erhält eine Anfrage, aber die Konkurrenz schnappt sich den lukrativen Auftrag. Und das obwohl die Produkte aus Vorarlberg deutlich besser sind. Für dieses altbekannte und dennoch stets wiederkehrende Dilemma gibt es einen guten Grund. Denn von der Angebotsanfrage über die Auslieferung bis hin zur Rechnungstellung vergeht bei etlichen Unternehmen in Österreich zu viel Zeit. Genauer gesagt: Viel zu viel Zeit. Denn noch immer benötigen Unternehmen selbst für einfachste Anfragen Wochen oder gar Monate, um adäquat zu antworten – und verlieren so mitunter wertvolle Aufträge. Dabei ist der Grund, wieso andere Unternehmen schneller reagieren und letztlich auch günstigere Angebote machen können, leicht gefunden: In Österreich fehlt häufig weiterhin der ganzheitliche Blick sowie der Wille, die Prozesse zu automatisieren und die Digitalisierung jetzt voranzutreiben. Die Fähigkeit, Anfragen schnell und positiv beantworten zu können, ist dabei nur die Spitze des Eisbergs. Um langfristig wettbewerbsfähig zu bleiben, muss die Digitalisierung weitergedacht werden.

„Irrsinnige Prozesse

Bei der Analyse der Prozesse und Arbeitsweisen von Unternehmen, die eigentlich viel Potenzial haben, treten schnell Schwachstellen zutage. Wenn Christian Donges aus seinem Alltag erzählt, wird es schnell abenteuerlich. Er konnte über die Jahre in zahlreichen Branchen einen Blick hinter die Kulissen von großen wie auch kleineren Unternehmen in Österreich, Deutschland und der Schweiz werfen. Und so manches Mal konnte er nur staunen, mit welchen irrsinnigen Prozessen teils weiterhin gearbeitet wird. 

Stellvertretend für viele andere Experten ist Christian Donges als Berater für die :em engineering methods AG tätig und in seiner Arbeit täglich mit neuen Herausforderungen der Automatisierung und Digitalisierung konfrontiert. Seine Aufgabe ist es, über Jahre und Jahrzehnte gewachsene Prozesse und Strukturen zu hinterfragen und sinnvollere sowie effektivere Lösungen zu finden. Anders, als man es von vielen Unternehmensberatern kennt, soll und will er allerdings nicht in erster Linie dem Vorstand gefallen, sondern Lösungen für alle Abteilungen und jeden Mitarbeiter finden. Sein Ansatz ist sowohl von der Technologie als auch von der Alltagstauglichkeit der Prozesse getrieben. Dabei umfasst sein Blick immer alles: von der Entwicklung bis zur Produktion, von den Anforderungen des Kunden bis hin zur Verschrottung und Wiederverwendung.

img-2
Christian Donges ist Vorstand der :em engineering methods AG. (c) :em engineering methods AG

„Wer Excel nutzt, arbeitet nicht digital

Dass es sinnvoll ist, den gesamten Produkt-Lebenszyklus zu betrachten, liegt eigentlich auf der Hand. Christian Donges wundert sich daher, wie schwer sich viele Unternehmen dabei tun, ihre Prozesse und Leistungen ganzheitlich zu betrachten. Vielerorts mangelt es schlichtweg an der notwendigen Expertise. Das beginnt mitunter schon beim Verständnis, was Digitalisierung ist – und was nicht. „Wer Excel nutzt, arbeitet nicht digital“, betont Donges, der sich mehr Mut zur unternehmensweiten Digitalisierung wünscht. Als Product Owner hat er jeden Tag mit Unternehmen zu kämpfen, die sich dem Anschein nach mit aller Kraft gegen eine Modernisierung wehren. Das Phänomen lässt sich selbst in großen Unternehmen beobachten, bei denen zudem noch die Abläufe zwangsläufig komplexer werden, je größer ein Unternehmen ist, sodass an zukunftsorientierten Lösungen eigentlich kein Weg vorbeiführt.

Deutliches Optimierungspotenzial

Der Knackpunkt, wieso es mit der Digitalisierung nicht oder nur schleppend vorangeht, befindet sich nicht selten in der Unternehmensführung. Hier fehlt es mitunter am Mut, dass aus dem Wunsch nach mehr Digitalisierung Tatsachen werden, so Donges. Wenn die Fachabteilungen nach neuen Lösungen suchen, die Unternehmensführung jedoch zögert und nicht den entscheidenden Schritt geht, bleibt am Ende alles beim Alten. Dabei täte vielen Unternehmen ein neuer Ansatz gut. Schon beim Requirements Management gibt es zumeist deutliches Optimierungspotenzial.

Anfragen von Kunden und Änderungswünsche schnell zu bearbeiten, ist ein Schlüsselelement für den Erfolg. Der intelligente Einsatz von Computern ist hier unverzichtbar. Wieso dennoch teils auf zeitgemäße Tools verzichtet wird, ist schwer zu erklären. Schließlich gibt es längst intelligente Software-Lösungen, die jede Anfrage eines Kunden mit vorherigen Anfragen vergleicht, Ähnlichkeiten identifiziert und konkrete Antworten vorschlägt. Anstatt jede Anfrage quasi von Null aus zu beantworten, könnten die richtigen Software-Tools eine dramatische Arbeitserleichterung ermöglichen und die Verfahren und Arbeitsschritte deutlich beschleunigen. »Unternehmen, die sich die richtigen Tools zu eigen machen, können sich einen großen Wettbewerbsvorteil verschaffen«, spricht Donges aus Erfahrung.

Digitalisierung als Schlüssel zum Erfolg

Als Claudia Plakolm im Juni das neue Digitalisierungspaket der Bundesregierung präsentierte, mit dem der Bund den Gemeinden in Österreich insgesamt 120 Millionen Euro zur Verfügung stellen möchte, hob die Staatssekretärin hervor, wie wichtig die Bedeutung der Digitalisierung inzwischen ist. „Dass die Digitalisierung in unserem Alltag so stark Einkehr findet, ist eine großartige und wichtige Entwicklung“, erklärt Plakolm. „Aber es gibt immer noch viele Menschen, die sich mit dieser Entwicklung noch nicht ganz zurechtfinden.“

Auch wenn die Staatssekretärin für Digitalisierung dabei eher eine andere Zielgruppe vor Augen hatte, hätte das Statement nicht besser zu zahlreichen Unternehmen und deren Entscheidungsträgern passen können. An der Digitalisierung führt schlichtweg kein Weg vorbei. Wer dies früher als andere einsieht, hat die besten Chancen, im globalen Wettbewerb zu bestehen. Qualität ist dabei weiterhin ein wichtiges Kriterium. Alleine mit Qualität oder der Marktmacht vergangener Tage wird allerdings niemand mehr langfristig erfolgreich sein. Denn nicht die Großen fressen die Kleinen, sondern die Schnellen fressen die Langsamen.

Wer diese Methoden nicht versteht, wird die Digitalisierung verschlafen

  • Bei der Digitalisierung sind Methoden wie MBE, PLM und ALM so selbstverständlich wie die IT. Von der digitalen Produktentwicklung bis hin zu einem ganzheitlichen Blick und den Zugriff auf alle digitalen Informationen jedes einzelnen Schritts im Unternehmen sollten alle Aspekte bedacht werden. PLM, MBE und ALM bieten den richtigen Mehrwert über den gesamten Produktlebenszyklus
  • PLM Services ermöglichen es, das digitale Unternehmen mit durchgängigen Informationsflüssen und durchgängigen IT-Architekturen zu versorgen, um die Time-to-Market zu verkürzen.
  • Mit den Methoden des Systems Engineering wird die Komplexität der mechatronischen Systementwicklung beherrschbar, um erfolgreich Produkte und Dienstleistungen zu liefern.
  • ALM-Dienstleistungen bieten Automatisierung, Schnittstellen, robuste und skalierbare Software-Entwicklungsumgebungen, Software-Lösungen und IT-Infrastrukturen.

Mehr Artikel

In Österreich gibt es die freie Wahl des Endgeräts. Oder doch nicht? (c) Pexels
News

RTR erklärt Wahlfreiheit zum Nischenthema

Bei der Frage, ob Endkunden oder die Provider darüber entscheiden sollten, welches Endgerät sie an ihrem Breitbandanschluss nutzen können, stellt sich die RTR klar auf eine Seite. Laut RTR existiert bereits Wahlfreiheit. Dennoch will die Regulierungsbehörde aktiv werden, wenn sich noch mehr Kunden über das Fehlen der Wahlfreiheit bei ihr beschweren. Logik geht anders. […]

Be the first to comment

Leave a Reply

Your email address will not be published.


*