Trend: Interne Netzwerk-Weiterbildung

Mit COVID-19 und einem steigenden Bedarf an SASE-, SD-WAN- und Cloud-Kenntnissen setzen Unternehmen zunehmend auf Inhouse-Schulungen, um praktische Erfahrungen zu vermitteln. Denn eines ist klar: Der flexible Arbeitsort wird auch nach der Krise ein essentielles Thema sein. [...]

Netzwerk-Spezialistinnen und -Spezialisten erleben derzeit Hochsaison. (c) Fabio Lucas – Unsplash
Netzwerk-Spezialistinnen und -Spezialisten erleben derzeit Hochsaison. (c) Fabio Lucas – Unsplash

„Früher musste ich in ein Trainingszentrum gehen, um einen Zertifizierungsprozess zu durchlaufen. Aber in der aktuellen Situation ist das für viele Leute nicht mehr machbar“, sagt Myke Miller vom Deloitte Cloud Institute. Um die Lücke zu schließen und eine praktische Komponente zu bieten, setzen viele Unternehmen auf Training-on-the-Job, Mentoring oder sogar ein internes Trainingsprogramm. Das ist der Ansatz, den Deloitte gewählt hat. Das Unternehmen hat eine eigene Schulungsakademie, das „Deloitte Cloud Institute“, gegründet, um seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nicht nur mit den erforderlichen technischen Fähigkeiten auszustatten, sondern ihnen auch dabei zu helfen, zu verstehen, wie diese Fähigkeiten in einen geschäftlichen Kontext passen.

Das Institut kombiniert traditionelle Netzwerkzertifizierungen wie Ciscos CCNP und CCIE mit neuen Cloud-Zertifizierungen wie den Netzwerkzertifizierungen von Amazon Web Services (AWS) und Google Cloud Platform (GCP) oder den Sicherheitszertifizierungen der großen Hyperscale Cloud-Anbieter.

„Die Schulungsteilnehmer werden in Gruppen eingeteilt, deren Teilnehmer das Training gemeinsam durchlaufen. So entsteht ein Gemeinschaftsgefühl“, sagt Miller. Außerdem werden ihnen Lerncoaches zugeteilt – ähnlich wie Lehrassistenten in US-College-Kursen –, die eng mit den Teilnehmern zusammenarbeiten und alle Fragen beantworten können. Das Institut vermittelt nicht nur das theoretische Wissen, das die Profis brauchen, sondern auch Möglichkeiten, es in die Praxis umzusetzen. „Letztendlich haben wir festgestellt, dass die praktischen Übungen, bei denen die Teilnehmer die Möglichkeit haben, eine Netzwerkinfrastruktur aufzubauen, der Schlüssel zum Erfolg sind“, so Miller. Darüber hinaus beinhaltet das Training Job Shadowing (Begleitung durch einen Kollegen, ohne dass dieser eingreift) mit unmittelbaren Möglichkeiten, das Gelernte in die Praxis umzusetzen. „Wenn ein Netzwerktechniker eine bestimmte Fähigkeit erwirbt und diese dann sechs, neun oder zwölf Monate lang nicht anwendet, dann werden diese Fähigkeiten im Laufe der Zeit erodieren.“

Welche Netzwerkfähigkeiten sollten priorisiert werden?

Das Marktforschungsunternehmen Gartner schätzt, dass 48 Prozent der Mitarbeiter auch nach der Pandemie von zu Hause aus arbeiten werden, verglichen mit 30 Prozent vor Corona. Die Verlagerung zur Telearbeit beeinflusst die Prioritäten der IT-Abteilungen bei der technischen Ausbildung, die dafür sorgen sollen, dass die Mitarbeiter in den Unternehmen produktiv und sicher arbeiten können. „Netzwerk-Spezialisten, die sich der Zukunft stellen, müssen damit beginnen, ihre Cybersecurity-Fähigkeiten zu verbessern“, sagt Alicia Johnson, Consulting Principal für Technologie-Transformation bei Ernst & Young. „Die Verbesserung der Netzwerksicherheitsstandards, die Sicherstellung von Firewalls, das Testen und die Sicherstellung, dass die Governance vorhanden ist – das ist die Nummer eins.“

Das nächste dringende Problem für Unternehmen während dieser Pandemie ist die Aktualisierung der Netzwerkarchitektur zur Unterstützung von Mitarbeitern, die von zu Hause aus arbeiten. Dazu gehört auch die Anpassung an die Zunahme von Online-Meetings. „Heute haben wir keine andere Wahl. Wir müssen in der Lage sein, eine Video-Netzwerkinfrastruktur zu entwickeln.“

Langfristig gibt es den Bedarf an Cloud-Kenntnissen. Immer mehr Leute arbeiten sich in die Infrastruktur eines bestimmten Hyperscale-Anbieters ein. Johnson: „Schwieriger ist, Leute zu finden, die mit mehreren Clouds arbeiten können, anstatt eine enge Spezialisierung auf eine bestimmte Plattform zu haben.“ Ernst & Young bietet praktische Schulungen und unabhängige Zertifizierungen an. Es gibt zudem eine Unternehmensrichtlinie, die von den Mitarbeitern verlangt, sich weiterzubilden. „Wenn Mitarbeiter Fähigkeiten erlernen müssen, sind sie in der Lage, dies zu tun“, so Johnson.

Die Grundlagen seien immer noch wichtig, selbst in den neuen Cloud-basierten Infrastrukturen, fügt Carl Fugate hinzu, Managing Enterprise Architect im nordamerikanischen Cloud and Edge Center of Excellence von Capgemini.

„Die meisten softwaredefinierten Lösungen verwenden heute typischerweise Overlays auf IP- und Ethernet-Netzwerken“, sagt er. „Das bedeutet, dass man immer noch verstehen muss, wie man Layer-1- bis 3-Probleme konfiguriert und behebt, da die Endpunkte, die sich mit dem Netzwerk verbinden, sich nicht so weiterentwickelt haben wie das Transportnetzwerk.“

Und selbst bei den älteren Protokollen gebe es neue Möglichkeiten, sie zu verwalten, sagt Fugate. „In der Vergangenheit konnten wir froh sein, wenn wir nur Statistiken über die Datenmenge erhielten, die das Netzwerk durchlief. Jetzt können wir Anwendungsinspektion und Flussüberwachung durchführen, um die Leistung nicht nur der Netzwerkstruktur selbst, sondern auch der Anwendungen, die sie nutzen, zu verstehen.“

SASE und darüber hinaus

Cloud-Technologien sind nicht das Einzige, was das Unternehmensnetzwerk umgestaltet. Edge Computing, SD-WAN und Secure Access Service Edge (SASE) sind auf dem Vormarsch. „Ob es sich um eine Bankfiliale oder ein Krankenhaus mit Abteilungen handelt, die über ein großes geografisches Gebiet verteilt sind – die traditionellen Netzwerkarchitekturen ändern sich und sie müssen verstehen, wie sie sich an neue Architekturen anpassen können“, sagt Miller von Deloitte.

Netzwerkexperten müssen die Rolle von SD-WAN als Kernstück des neuen Ansatzes verstehen. Und es reicht nicht mehr aus, nur die Cisco-Zertifizierungen CCNA, CCNP oder CCIE zu besitzen. „Aber die Konnektivität zwischen Unternehmensnetzwerken und Cloud-Netzwerken – egal ob es sich um eine SaaS-Lösung wie Salesforce oder eine IaaS-Lösung wie AWS oder GCP handelt – hat die Art und Weise, wie das Netzwerk funktioniert, wirklich verändert“, so Miller und fügt hinzu, dass Tech-Anbieter eine Quelle für Schulungen sein können, insbesondere für spezifische Netzwerktechnologien wie SD-WAN. „Wenn Sie sich für einen bestimmten SD-WAN-Hersteller entschieden haben, bietet dieser Schulungen für seine SD-WAN-Implementierung an.“ Die großen Cloud-Anbieter, darunter Microsoft und Amazon und Google, stellen Online-Schulungen für ihre eigenen Cloud-Plattformen zur Verfügung, ebenso wie Drittanbieter.

*Maria Korolov ist Autorin bei IDG.


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