»Über den Tellerrand schauen«

Karin Wegscheider leitet die Abteilung Kundenlösungen im Bereich Product Management im BRZ. Mit über 30 Jahren Berufserfahrung in der IT kennt sie die Branche und weiß, wie man mehr Frauen für die IT und eine entsprechende Ausbildung begeistern kann. [...]

Karin Wegscheider, BRZ.(c) BRZ/Krobath

Welche besonderen Herausforderungen stellen sich einem IT-Manager im BRZ im Vergleich zu anderen Branchen? Ihre Kunden gehören dem Öffentlichen Dienst an: Gibt es hier im Vergleich zur Privatwirtschaft spezielle Besonderheiten, die zu beachten sind?

Das BRZ ist als Kompetenzzentrum für die Digitalisierung in der österreichischen Bundesverwaltung ein wichtiger Player im Bereich der Informations- und Kommunikationstechnologien in Österreich. Das Tätigkeitsfeld des BRZ bietet ein unglaublich breites Spektrum und die öffentliche Verwaltung ist in vielen Bereichen ein absoluter Vorreiter was die Digitalisierung betrifft. Natürlich sind Entscheidungswege auf Grund der Rahmenbedingungen manchmal etwas länger. Aber die Themenstellungen, die Komplexität und die Größe der Projekte, die wir für unsere Kunden umsetzen, sind für Österreich doch etwas Besonderes. Das ist eine große Herausforderung für IT-Managerinnen und Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. 

Gerade das letzte Jahr hat gezeigt, wie schnell wir gemeinsam mit unseren Kunden Lösungen für die Herausforderungen im Rahmen von Corona aus dem Boden gestampft haben. 

Welche Skills benötigt ein Manager? Wie sehr wandelt sich die Rolle des IT-Managers mit fortschreitender Digitalisierung und Automatisierung und in welche Richtung? Auch in Hinsicht von Mitarbeiterführung und Kommunikation.

Managerinnen und Manager werden mehr und mehr zum »Facilitator« und so sehe ich mich auch. Ich allein kann wenig erreichen – mein Team, die Expertinnen und Experten sind diejenigen, die die Anforderungen umsetzen und die Projekte gemeinsam zum Erfolg machen. Meine Aufgabe als Managerin ist es, das Team zu mobilisieren, zu motivieren, den Rahmen zu schaffen, auf das Wesentliche zu fokussieren und zu unterstützen, wo dies notwendig ist. Kommunikation ist dabei ein Schlüsselfaktor. Ich muss mit meinem Team in Kontakt bleiben und die Probleme und Herausforderungen verstehen, damit wir sie gemeinsam lösen können. Gerade jetzt in Zeiten des verstärkten Home Office!  Eine der wesentlichsten Aufgaben aus meiner Sicht ist nach wie vor Entscheidungen zu treffen.Das war gestern so, ist heute so und wird morgen nicht anders sein. 

Wie sehen Sie das Spannungsfeld zwischen Produktivitätssteigerung, Einsparung und Finanzierung? In anderen Worten: Oft geht es um Effizienzsteigerung und Kostenersparnis und weniger um Erschließung von neuen Geschäftsmöglichkeiten. Wie sehen Sie das? 

Im BRZ haben wir das Glück, dass nicht nur das Thema Produktivitätssteigerung wichtig ist. Wir haben jedes Jahr ein dediziertes Budget für Innovationsprojekte, wo wir uns mit neuen Themen beschäftigen können und neue Geschäftsmöglichkeiten ausloten. Das ist ein wichtiger Aspekt für jedes Unternehmen, denn ohne die Möglichkeit über den Tellerrand zu schauen und Neues zu erproben, wird man rasch von anderen Unternehmen technologisch überholt. Seit heuer versuchen wir unsere Kunden aktiv im Rahmen von Innovation Camps mit ins Boot zu holen und gemeinsam an innovativen Ideen zu arbeiten.

Produktivitäts- und Effizienzsteigerungen sind natürlich auch ein ganz wichtiges Thema für uns im BRZ und wir arbeiten jedes Jahr im Rahmen der Erstellung und Überarbeitung unserer Produkt-Roadmaps an Möglichkeiten, wie wir unsere Produkte noch effizienter und für unsere Kunden noch attraktiver gestalten können.

Können Sie die Innovation Camps etwas näher beschreiben?

Ein Innovation Camp dauert immer einen Tag, an dem Challenges eingebracht werden. Wir hatten erst unlängst ein Camp gemeinsam mit zwei großen Kunden. Da gab es vier Challenges beziehungsweise vier Ideen. Zu diesen Themen wurden jeweils zwei bis drei Ideen ge­neriert und in Form von Steckbriefen oder Mini-Abs­tracts einer Jury vorgestellt. Diese Jury hat dann je Thema einen Steckbrief ausgewählt, der am Nachmittag präsentiert und in Richtung Lösungsfindung ausgear­beitet wurde. Es gibt eine Prämierung für die besten Projektvorschläge und diese werden meist mit einem gewissen Budget dotiert, um eine erste prototypische Umsetzung zu machen. Früher fanden die Innovation Camps nur intern statt. Ab jetzt sollen sie regelmäßig stattfinden – optimalerweise zwei Mal im Jahr unter Mitwirkung von Kunden und Partnern aus der Wissenschaft. Dadurch können wir den Kunden stärker einbin­den mit dem Ziel, schon erste Lösungswege zu skizzie­ren oder einen Mini-Proof-of-Concept umzusetzen.

Die meisten IT-Manager, mit denen die Redaktion der COMPUTERWELT Interviews führt, sind Männer. Was ist Ihrer Meinung nach der Grund dafür, dass so wenige Frauen diese Position ausüben und was könnte man dagegen tun?

Ich habe nach wie vor den Eindruck, dass sich Frauen oft nicht im IT-Management sehen und sich damit auch nicht vorstellen können, in dieser Rolle erfolgreich zu sein. Das ändert sich zum Glück in den letzten Jahren und der Nachwuchsanteil an tollen jungen und hochqualifizierten Kolleginnen wird sowohl im BRZ als auch in der Branche immer größer. Programme wie Mentorship-Initiativen und Nachwuchsführungskräfte-Ausbildungen können hier einen wichtigen Beitrag leisten. In einer »sicheren Umgebung« Dinge auszuprobieren und auszutesten ermöglicht, die nötige Übung und Erfahrung zu sammeln und sich seiner Stärken bewusst zu werden. Die Selbstsicherheit, sich einen IT-Management-Job zuzutrauen ist ein ganz wichtiger Aspekt, vor allem für Frauen. 

Braucht es eine Quote oder gibt es andere, zusätzliche oder alternative Möglichkeiten, um mehr Frauen für die IT zu begeistern? Und falls ja, welche?

Ich bin kein Fan von Quoten und sie sollten nur dort eingesetzt werden, wo ein grober Missstand herrscht und keine anderen Maßnahmen greifen. Ich bin davon überzeugt, dass die Qualifikation und nicht das Geschlecht wichtig ist. Junge Mädchen bereits in der Schule für IT zu begeistern ist ein wichtiger Schritt und dazu braucht es aus meiner Sicht weibliche Vorbilder bei Lehrerinnen und Professorinnen. Begleitende Maßnahmen, wie den Töchter-Tag oder Girl’s Day, der heuer ja virtuell stattgefunden hat, sind gute Möglichkeiten für Mädchen um schon in jungen Jahren auf den »Geschmack der IT« zu kommen. Ist man erst einmal für die IT begeistert, lässt einen das Thema kaum mehr los. Vor allem bietet diese Sparte ständige Veränderung und Weiterentwicklung – da wird einem nicht so schnell langweilig!


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