Der Enterprise-Content-Management-Spezialist SER plant, im Gesundheitswesen stärker Fuß zu fassen. Die COMPUTERWELT sprach mit Bernhard Voita, Key-Account-Manager D/A/CH Public & Healthcare bei der SER Group. [...]
Bernhard Voita, der seit über zehn Jahren der SER Group angehört, übernahm im Jänner 2020 die Position des Key Account Managers für die DACH-Region im Gesundheitswesen und Public-Bereich.
Wie ist die SER Group im Gesundheitswesen derzeit aufgestellt?
In Österreich sind fünf der neun Landesgesellschaften Kunden von SER. Wir können sagen, dass wir hier Marktführer sind. In Deutschland und der Schweiz gilt es, unser Engagement zu verstärken.
Hinsichtlich der allgemeinen Positionierung ist zu sagen, dass wir in der Verwaltung sehr gut aufgestellt sind. Wir planen nun, uns auch im medizinischen Bereich stärker zu positionieren.
Welchen Stellenwert hat ECM im Gesundheitswesen?
Es geht hier darum, dass Informationen – unabhängig davon ob medizinisch oder verwaltungstechnisch – schnell dort gefunden werden können, wo sie gebraucht werden. Und so zu finden, dass jeder damit umgehen kann. Meine Vision ist erstens, dass Ärzte und die Pflege mehr Zeit haben, am Patienten zu arbeiten und nicht am System. Zweitens: Es gibt kein Krankenhausinformationssystem, kurz KIS, das Usability-mäßig so gut funktioniert, dass jeder Arzt gerne damit arbeitet. Das heißt, es muss eine Oberfläche geschaffen werden, auf der die Ärztin oder der Arzt alle Informationen, die für den Behandlungsverlauf wichtig und aktuell sind, auf Knopfdruck erhält. Wir haben zum Beispiel eine Timeline geschaffen, wo der gesamte Behandlungsverlauf dargestellt ist und alle relevanten Informationen zur Verfügung gestellt werden, ohne von einem System zum anderen springen zu müssen.
Was sind aus Ihrer Sicht die größten Herausforderungen in diesem Zusammenhang?
Es gibt zum Beispiel nur sehr wenige Medizininformatiker, die beide Seiten sehr gut verstehen. Um unsere Pläne im Gesundheitswesen zu verwirklichen, gehen wir daher verstärkt Entwicklungspartnerschaften ein. Ein aktuelles Beispiel ist die Steiermärkische Krankenanstaltengesellschaft KAGes, mit der uns eine 25-jährige Partnerschaft verbindet. Von SER stammt etwa das Patientenarchiv mit den Gesundheitsdaten von 1,2 Millionen Steirerinnen und Steirern. Nun geht es darum, das System intelligenter zu machen.
Eine weitere Herausforderung sind die zahlreichen Insellösungen. Es braucht aber eine Gesamtlösung. Unsere Stärke ist es, mit Doxis4 eine einzige, durchgängige Plattform anbieten zu können: ein revisionssicheres Patientenarchiv, Aktensysteme für Patienten, aber auch für die Verwaltung, eine eigene Workflow-Engine, ein Dokumentenmanagement-System und intelligente Auswertungsmöglichkeiten – und das alles aus einer Hand.
Was bedeutet »intelligenter machen« konkret?
Wir wollen gemeinsam mit KAGes ein System schaffen, das aus den Befundungen Behandlungsverläufe extrahieren und Zusammenhänge erkennen kann. Das geht in Richtung künstliche Intelligenz, ein Thema, bei dem schon einige Anbieter gescheitert sind. Oder es gibt Lösungen, die im Gegensatz zu Doxis4 extrem schwierig zu bedienen sind. Unser Ziel ist es, eine Art Patientencockpit zu schaffen, das wie ein Helikopter über alle entstandenen Daten schwebt und damit einen Überblick erzeugt, der für Ärzte und Pflege notwendig ist, um eine optimale Behandlung ihrer Patienten gewährleisten zu können – und das auf einer Oberfläche, die einfach und intuitiv für alle bedienbar ist. Alles natürlich in Verbindung mit dem führenden KIS und der kommenden, neuen elektronischen Fieberkurve.
Ist KAGes die einzige Entwicklungspartnerschaft?
Nein. Wir haben zum Beispiel das wissenschaftliche Bildarchiv des Universitätsklinikums in Graz gemeinsam mit der Schweizer Firma IMAGIC realisiert. Bei einem multimedialen Universalarchiv eines Sozialversicherungsträgers waren Xcoorp GmbH und VISUS Health IT unsere Softwarepartner. Bei den Themen IHE – Integrating the Healthcare Enterprise – und FHIR – Fast Healthcare Interoperability Resources – setzen wir künftig auf Orchestra, eine führende Middleware-Lösung von soffico, die bereits entsprechend zertifiziert ist. Soffico ist ein Tochterunternehmen von xtention, das auf IT-Lösungen im Gesundheits- und Sozialwesen spezialisiert ist. Wir wollen die kombinierte Lösung Doxis4 mit Orchestra beim nächsten internationalen »Connectathon« präsentieren, sofern die Corona-Krise nicht wie in den letzten Monaten einen Strich durch die Rechnung macht.
Was planen Sie für speziell für den deutschen Markt?
Interessant ist, das Österreich bei der Digitalisierung im Gesundheitswesen immer noch weiter ist als Deutschland – siehe ELGA oder die E-Card. Wir haben während des Lockdowns in der Coronakrise bereits eine Analyse unserer bestehenden Healthcare-Lösungen versus »Was erwartet der deutsche Markt?« durchgeführt. Darauf basierend entstand eine Roadmap, die sich gerade in Umsetzung befindet. Mit lokalen Partnern, zum Beispiel für digitale Signaturen, wollen wir dann eine Gesamtlösung anbieten, die sowohl in der Verwaltung, als auch in der Medizin und Pflege alle Anforderungen eines multimedialen Archivs abdecken kann.
Doxis4 ist bereits lange im Einsatz. Ist eine Nachfolge in Planung?
Die Doxis4-Plattform wird permanent weiterentwickelt und mit neuen Lösungen ergänzt, wie zum Beispiel KI-basierten Verfahren oder neuen Solution Templates, die es Kunden ermöglichen, rasch und kostengünstig in ein ECM-Projekt einzusteigen. Ich sehe daher in nächster Zeit keinen Bedarf an einer Ablöse.
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